Propaganda: The Formation of Men’s Attitudes, Ellul Jacques 1962


„Propaganda: The Formation of Men’s Attitudes“ ist ein einflussreiches Buch des französischen Soziologen, Philosophen und Theologen Jacques Ellul, das 1962 veröffentlicht wurde. In diesem Werk untersucht Ellul das Phänomen der Propaganda und seine Rolle bei der Manipulation und Steuerung der öffentlichen Meinung.

Die Hauptargumente des Buches lassen sich in folgende Punkte zusammenfassen:

  1. Definition von Propaganda: Ellul definiert Propaganda als einen systematischen, aufeinander aufbauenden Prozess, der darauf abzielt, die Meinungen und Verhaltensweisen von Menschen zu formen und zu beeinflussen. Er unterscheidet zwischen politischer und soziologischer Propaganda, wobei erstere auf spezifische politische Ziele abzielt, während letztere die allgemeine Einstellung und Meinung einer Gesellschaft beeinflussen soll.
  2. Die Notwendigkeit von Propaganda: Ellul argumentiert, dass Propaganda in der modernen, komplexen Gesellschaft unvermeidlich ist. Er glaubt, dass der Mensch ein Bedürfnis nach Orientierung und Sicherheit hat, das durch Propaganda befriedigt wird. Propaganda stellt somit ein grundlegendes Element der modernen politischen und sozialen Kommunikation dar.
  3. Die Techniken der Propaganda: Ellul analysiert eine Vielzahl von Techniken, die in der Propaganda eingesetzt werden, darunter Stereotypisierung, Vereinfachung, Emotionalisierung, Verwendung von Mythen und Manipulation von Fakten. Er betont auch die Bedeutung von Massenmedien und Kommunikationstechnologien bei der Verbreitung von Propaganda.
  4. Die Rolle des Einzelnen: Ellul argumentiert, dass jeder Mensch sowohl ein Objekt als auch ein Subjekt der Propaganda ist. Die Menschen sind einerseits anfällig für Propaganda, weil sie ihre Ängste und Unsicherheiten anspricht.
    Andererseits können sie auch als Agenten der Propaganda agieren, indem sie aktiv oder passiv die verbreiteten Botschaften unterstützen und weitergeben.
  5. Autonomie und Propaganda: Ellul betont die Bedeutung der individuellen Autonomie und kritischen Reflexion im Kampf gegen Propaganda.
    Er fordert die Menschen auf, sich ihrer eigenen Anfälligkeit für Propaganda bewusst zu sein und sich bemühen, ihr eigenes Denken und Handeln kritisch zu hinterfragen.

Insgesamt bietet „Propaganda: The Formation of Men’s Attitudes“ einen tiefgreifenden Einblick in das Phänomen der Propaganda und seine Auswirkungen auf die individuelle und kollektive Psyche. Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Untersuchung der Mechanismen und Techniken, die zur Manipulation und Kontrolle der öffentlichen Meinung eingesetzt werden, und ein Appell an die Wahrung der individuellen Autonomie in einer zunehmend von Propaganda geprägten Welt.

Zeitliche Abfolge und Einfluss der wichtigsten Werke zur Propaganda

1. Gustave Le Bon – Psychologie der Massen (1895)

• Kernbotschaft: Le Bon untersucht, wie Massenpsychologie funktioniert und wie Individuen in einer Gruppe anders handeln als allein. Er beschreibt, wie Führer durch Emotionen, Vereinfachung und Suggestion Massen beeinflussen können.

• Einfluss:

• Grundlage für viele spätere Theorien über Massenpsychologie und Propaganda.

• Von Politikern wie Hitler und Mussolini als Inspiration genutzt.

• Auch Edward Bernays und Jacques Ellul griffen auf diese Ideen zurück.

2. Walter Lippmann – Public Opinion (1922)

• Kernbotschaft: Lippmann beschreibt, wie öffentliche Meinungen durch Medien und Eliten geformt werden können, indem sie „Pseudoumgebungen“ schaffen. Er betont die Macht der Medien, Bilder im Kopf der Menschen zu erzeugen.

• Einfluss:

• Entwickelte die Grundlage für die moderne Propagandatheorie.

• Inspirierte Edward Bernays, insbesondere seine Überlegungen zur Steuerung öffentlicher Meinungen.

3. Edward Bernays – Propaganda (1928)

• Kernbotschaft: Bernays, oft als „Vater der PR“ bezeichnet, beschreibt Propaganda als legitimes Werkzeug, um die öffentliche Meinung zu steuern. Er argumentiert, dass die “unsichtbare Regierung” von Experten eine Gesellschaft besser lenken könne.

• Einfluss:

• Direkt auf Le Bons und Lippmanns Arbeiten aufgebaut.

• Wegbereiter der modernen Public-Relations-Industrie.

• Stark von Unternehmen und Regierungen genutzt, z. B. in der Werbung oder politischen Kommunikation.

4. Jacques Ellul – Propaganda: The Formation of Men’s Attitudes (1962)

• Kernbotschaft: Ellul analysiert Propaganda systematisch als umfassendes gesellschaftliches Phänomen, das durch Technik und moderne Medien verstärkt wird. Er betont, dass Propaganda nicht nur politische, sondern auch kulturelle und soziale Prozesse beeinflusst.

• Einfluss:

• Eigenständige Erweiterung früherer Werke.

• Fokus auf die Technisierung und die kulturellen Aspekte von Propaganda.

• Zählt zu den philosophischeren und reflektierten Analysen.

5. Andreas Hofer – Propaganda 4.0: Wie Sie Menschen für Ihre Ideen gewinnen (2020er)

• Kernbotschaft: Modernes Handbuch für Propaganda und psychologische Beeinflussung im digitalen Zeitalter, speziell auf soziale Medien und Algorithmen zugeschnitten.

• Einfluss:

• Unabhängig von klassischen Werken, jedoch stark auf die Mechanismen der digitalen Welt fokussiert.

• Praktisch orientiert und für die heutige Zeit besonders relevant.

Zeitliche Einordnung der Werke

1. Le Bon (1895): Grundlage der Massenpsychologie.

2. Lippmann (1922): Verknüpft Massenpsychologie mit der Macht der Medien.

3. Bernays (1928): Wendet diese Konzepte konkret in PR und Propaganda an.

4. Ellul (1962): Analysiert Propaganda als umfassendes gesellschaftliches Phänomen.

5. Hofer (2020er): Konzentriert sich auf die digitale und algorithmische Propaganda.

Unabhängige und aktuelle Werke

• Unabhängig voneinander lesbar:

• Ellul: Philosophisch und tiefgründig.

• Hofer: Praktische Anwendung für die digitale Welt.

• Aktueller: Werke wie Propaganda 4.0 von Hofer, die den Einfluss von Algorithmen, sozialen Medien und digitalen Tools betonen.

Vergleich mit anderen Ländern

Russland

• Vladimir Volkoff – La désinformation (1986):

• Beleuchtet Desinformation als systematisches Werkzeug der sowjetischen Propaganda. Sehr auf die KGB-Taktiken ausgerichtet.

• Russische Think-Tanks veröffentlichen oft Analysen zur „Informationskriegsführung“.

China

• Unrestricted Warfare (1999):

• Chinesisches Militärhandbuch, das nicht-konventionelle Kriegsführung einschließlich Informationskriegsführung beschreibt.

• Chinesische Staatsmedien und Plattformen wie WeChat fördern staatlich gelenkte Narrative.

Indien

• Weniger klassische Literatur, aber Think-Tanks und politische Parteien nutzen soziale Medien und Propaganda intensiv, oft inspiriert von westlichen Modellen.

USA

• Viele Werke aus der PR- und Werbebranche, z. B.:

• Noam Chomsky – Manufacturing Consent (1988): Kritische Analyse der Medien und deren Rolle in der Propaganda.

• Shoshana Zuboff – The Age of Surveillance Capitalism (2019): Verknüpft Propaganda mit Überwachungskapitalismus.

Fazit

Die wichtigsten westlichen Werke zur Propaganda (Le Bon, Lippmann, Bernays, Ellul) bauen aufeinander auf, während moderne Werke wie die von Hofer eigenständig die digitale Dimension ergänzen. Parallel dazu existieren in Russland, China, Indien und den USA vergleichbare Schriften, die Propaganda und Informationskriegsführung auf ihre jeweiligen kulturellen und geopolitischen Kontexte zuschneiden.