Der deutsche Sonderweg in der Energiewende besteht darin, vollständig auf Atomkraft zu verzichten und stattdessen auf erneuerbare Energien sowie Gas- und Wasserstoffimporte zu setzen. Diese Strategie hat weltweit unterschiedliche Resonanz gefunden, und es gibt sowohl Unterstützer als auch Kritiker.
Internationale Nachahmer des deutschen Modells
Einige entwickelte Volkswirtschaften verfolgen ähnliche Wege wie Deutschland:
- Vereinigtes Königreich: Das Vereinigte Königreich hat ehrgeizige Ziele zur Reduktion fossiler Brennstoffe und zum Ausbau erneuerbarer Energien, setzt aber weiterhin auf Atomkraft als wichtige Energiequelle.
- Frankreich: Frankreich baut seine erneuerbaren Energien aus, bleibt jedoch stark auf Atomkraft angewiesen.
- Italien: Italien setzt stark auf erneuerbare Energien, hat aber in der Vergangenheit Atomkraftwerke abgeschaltet und plant keine neuen Anlagen.
- Japan und Südkorea: Beide Länder investieren erheblich in erneuerbare Energien und Wasserstofftechnologien, behalten jedoch die Atomkraft als Teil ihrer Energiemixe bei (World Economic Forum) (IEA).
Herausforderungen und Zukunftsfähigkeit
Die Umsetzung des deutschen Modells ohne Atomkraft ist mit erheblichen Herausforderungen verbunden:
- Netzstabilität: Die Integration großer Mengen an erneuerbaren Energien erfordert erhebliche Investitionen in die Netzstabilität und den Ausbau der Übertragungsnetze. Deutschland hat hierbei nur etwa ein Drittel der geplanten Netzausbauziele erreicht, was das Risiko von Versorgungsengpässen erhöht (McKinsey & Company).
- Energieimporte: Deutschland wird zunehmend auf Energieimporte angewiesen sein, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, insbesondere während Zeiten geringer erneuerbarer Energieerzeugung. Dies umfasst Importe von Erdgas und in Zukunft möglicherweise auch Wasserstoff (deutschland.de – Your link to Germany).
- Kosten und Wirtschaftlichkeit: Die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energien und der damit verbundenen Infrastruktur sind hoch. Deutsche Haushalte zahlen bereits höhere Strompreise im Vergleich zum europäischen Durchschnitt (McKinsey & Company).
Europäische Netzabhängigkeit
Deutschland profitiert vom europäischen Verbundnetz, das es ermöglicht, Strom aus anderen Ländern zu importieren, wenn die heimische Erzeugung nicht ausreicht. Dies bedeutet, dass trotz des Atomausstiegs in Deutschland weiterhin Atomstrom über das europäische Netz ins Land gelangen kann.
Fazit
Ob der deutsche Weg ohne Atomkraft langfristig funktioniert, hängt stark von der erfolgreichen Umsetzung von Netzausbauprojekten, der Sicherstellung der Energieversorgung und der Integration von Importen ab. Es bleibt abzuwarten, wie effektiv diese Maßnahmen in den kommenden Jahren greifen werden und ob andere Länder diesen Weg vollständig übernehmen oder modifizieren.
Es gibt eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien, die die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit eines 100% erneuerbaren Energiesystems für Industrieländer wie Deutschland untersuchen. Hier sind einige der wichtigsten Erkenntnisse und Quellen:
- Machbarkeit und Kosten: Eine Studie des DIW Berlin zeigt, dass ein vollständig erneuerbares Energiesystem für Deutschland sowohl möglich als auch realistisch ist. Die notwendigen Investitionen und Maßnahmen umfassen einen koordinierten Ausbau der erneuerbaren Energien sowie umfangreiche Infrastrukturinvestitionen (DIW Berlin).
- Technologische und wirtschaftliche Machbarkeit: Laut einem Bericht der International Renewable Energy Agency (IRENA) ist ein 100% erneuerbares Energiesystem technologisch machbar und bietet die kostengünstigste und umweltfreundlichste Option zur Dekarbonisierung. Der Bericht vergleicht verschiedene Szenarien und identifiziert gemeinsame Herausforderungen und Chancen für eine rasche Umstellung (IRENA).
- Deutschland-spezifische Studien: Eine Untersuchung in der Zeitschrift Energies zeigt, dass Deutschland durch den Umstieg auf 100% erneuerbare Energien in allen Sektoren – Strom, Wärme und Mobilität – bis 2030 seine Klimaziele kosteneffektiv erreichen kann. Dies erfordert eine umfassende Nutzung von Wind- und Solarenergie sowie die Entwicklung von Speichertechnologien (MDPI).
- Globale Perspektive: Eine Meta-Analyse von 181 begutachteten Studien bis 2018 zeigt, dass die große Mehrheit der Veröffentlichungen die technische und wirtschaftliche Machbarkeit von 100% erneuerbaren Energiesystemen bestätigt. Besonders betont wird dabei die sektorübergreifende Integration, die Synergien zwischen den verschiedenen Energiebereichen nutzt (Wikipedia).
Diese Studien und Berichte bieten umfassende Einblicke in die Herausforderungen und Potenziale eines vollständig erneuerbaren Energiesystems für Deutschland und andere Industrieländer. Sie zeigen, dass solche Systeme nicht nur technisch machbar, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sind, insbesondere im Kontext der globalen Klimaziele.