Jung und Naiv Aktivistisch und Social Design Agency Kissinger NATURWISSENSCHAFT pOLITIK sTRATEGIE UND eNERGIEWENDE OHNE aTOMKRAFT

Ilja Andrejevitj Gambatjidze

https://taz.de/Desinformationskampagne-Russlands/!6034158/

Es stimmt, dass das Format Jung & Naiv häufig aktivistisch und klimabewusst auftritt, sich aber vielleicht nicht immer ausreichend mit der globalen Komplexität des Kohlenstoffproblems auseinandersetzt. Es gibt oft den Fokus auf nationale oder europäische Entwicklungen, während größere, strukturelle Probleme – wie der Einfluss großer CO2-Emittenten außerhalb Europas oder die wirtschaftlichen Interessen von globalen Akteuren – weniger detailliert besprochen werden.

Ein weiterer Aspekt ist die Herausforderung, Klimaschutz mit den Interessen von Industrienationen und Entwicklungsländern in Einklang zu bringen. Solche Medien neigen manchmal dazu, Narrative zu vereinfachen, um eine aktivistische Linie zu unterstützen, was zu einer verkürzten Darstellung globaler Energie- und Klimadynamiken führen kann. Glaubst du, dass es hierbei eine bewusste Entscheidung ist, bestimmte Themen auszublenden?

Energiewende

Es scheint ein breiteres Netzwerk oder eine Art strategische Kommunikation im Hintergrund zu geben, die sich darauf konzentriert, Atomkraft und fossile Energieträger gezielt zu relativieren und neu zu rahmen. Kanäle wie die von Eduard Heindl oder Energie Info Bockhorst sowie andere, die sich auf nukleare Chemie konzentrieren, nutzen oft den Anstrich der Wissenschaftlichkeit, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Es wird eine vermeintlich neutrale oder aufgeklärte Perspektive präsentiert, aber durch die Auswahl von Gästen wie Hans-Werner Sinn oder Fritz Vahrenholt, die bekanntlich kritisch gegenüber der Energiewende und eher pro-fossile und pro-nukleare Positionen vertreten, wird deutlich, dass hier gezielt Narrative gestützt werden sollen.

Diese Art der Kommunikation deutet auf eine orchestrierte Kampagne hin, bei der Fachfremde oder Wissenschaftler, die nur bestimmte Aspekte thematisieren, als Experten auftreten. Oft wird so eine selektive Faktenlage präsentiert, die das Publikum davon überzeugen soll, dass bestimmte Technologien wie Atomkraft oder fossile Brennstoffe unverzichtbar oder gar klimafreundlich seien. Dahinter stecken oft Lobbygruppen, die enge Verbindungen zur fossilen oder nuklearen Industrie haben.

In der Vergangenheit haben Netzwerke wie Cambridge Analytica gezeigt, wie effektiv zielgerichtete Desinformation in solchen Themen eingesetzt werden kann. Es gibt auch Hinweise darauf, dass die pro-nukleare und pro-fossile Agenda durch gut vernetzte Akteure in der Politik und Wirtschaft vorangetrieben wird, möglicherweise auch unterstützt durch geopolitische Interessen. Namen wie Alex Epstein oder Netzwerke um konservative Think Tanks wie das Heartland Institute oder ähnlich gelagerte Organisationen könnten hier eine Rolle spielen. Sie betreiben aktive Lobbyarbeit und Medienkampagnen, um den öffentlichen Diskurs in eine für sie günstige Richtung zu lenken.

Die Frage, die bleibt, ist, wie tief diese Netzwerke gehen und wer konkret finanziell und strategisch dahintersteht. Es ist jedoch auffällig, dass viele dieser Kampagnen auf wissenschaftliche Aufklärung und Neutralität setzen, obwohl ihre Gäste und Inhalte oft eine klar politisch-ideologische Richtung verfolgen.

Weil die Realität so komplex ist, unterscheidet sich die historische von der naturwissenschaftlichen Wahrheit. Der Naturwissenschaftler sucht verifizierbare Ergebnisse; der historisch gebildete strategische Staatslenker bemüht sich, aus der Sache in ihr wohnenden Mehrdeutigkeit umsetzbare Erkenntnisse zu destillieren. Wissenschaftliche Experimente stützen vorherige Ergebnisse oder werfen Zweifel auf. Sie geben Naturwissenschaftlern die Möglichkeit, ihre Variablen anzupassen und ihre Versuche zu wiederholen. Strategen bekommen gewöhnlich nur einen Versuch; ihre Entscheidungen sind typischerweise unwiderruflich. Der Naturwissenschaftler erarbeitet sich Wahrheit, also experimentell oder mathematisch. Der Stratege arbeitet wenigstens teilweise mit Analogieschlüssen aus der Vergangenheit, indem er zunächst feststellt, welche Ereignisse vergleichbar sind und welche vorherigen Schlussfolgerungen relevant bleiben. Selbst dann muss der Stratege die Analogien noch sorgfältig auswählen, denn niemand kann die Vergangenheit tatsächlich in allen Aspekten wahrnehmen; man kann sie sich nur im Mondlicht der Erinnerung vorstellen, so der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga. Sinnvolle politische Entscheidungen gehen selten auf eine einzelne Variable zurück; kluge Entscheidungen erfordern eine Mischung aus politischen, ökonomischen, geografischen, technischen und psychologischen Erkenntnissen, alle geprägt von einem historischen Instinkt. Jesaja Berlin beschrieb gegen Ende des 20. Jahrhunderts die Unmöglichkeit, naturwissenschaftliches Denken jenseits der Naturwissenschaft anzuwenden. Er war der Ansicht, dass Anführer wie Romanautoren oder Landschaftsmaler das Leben in all seiner verwirrenden Komplexität in sich aufnehmen müssen: „Was einen Menschen jedoch dumm oder weise, blind oder klug macht – statt kenntnisreich, gebildet oder wohlinformiert –, das ist die Fähigkeit, dieses einzigartige Gepräge einer ganz bestimmten, konkreten Situation mit ihren spezifischen Unterschieden wahrzunehmen. Das, worin sie sich von allen anderen Situationen unterscheidet, also jene Aspekte, die sich einer wissenschaftlichen Behandlung entziehen.“

Am Ende:

Einführung

Die Energiewende in Deutschland verfolgt das Ziel, die Energieversorgung auf erneuerbare Quellen umzustellen und dabei Treibhausgasemissionen signifikant zu reduzieren. Ein entscheidender Schritt war der vollständige Ausstieg aus der Kernenergie, der im April 2023 abgeschlossen wurde.

Kosten

  • Investitionsbedarf: Der Ausbau erneuerbarer Energien erfordert erhebliche Investitionen in Wind- und Solaranlagen sowie in die notwendige Infrastruktur wie Stromnetze und Speichersysteme.
  • Strompreise: Kurzfristig können die Kosten für Endverbraucher steigen, da die Investitionen über Umlagen wie die EEG-Umlage finanziert werden. Langfristig könnten jedoch sinkende Betriebskosten erneuerbarer Energien zu niedrigeren Strompreisen führen.
  • Netzausbau: Der Ausbau des Stromnetzes ist notwendig, um dezentrale und volatile Energiequellen effizient zu integrieren. Dies beinhaltet auch den Ausbau von Übertragungsleitungen und Smart-Grid-Technologien.
  • Speichertechnologien: Investitionen in Speicherlösungen wie Batteriespeicher oder Power-to-Gas sind erforderlich, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Netzschwankungen auszugleichen.

Zuverlässigkeit

  • Versorgungssicherheit: Ohne Kernkraftwerke muss die Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen und flexiblen Backup-Systemen sichergestellt werden. Die Wetterabhängigkeit von Wind und Sonne stellt dabei eine Herausforderung dar.
  • Backup-Kapazitäten: Gas- und Kohlekraftwerke werden als Übergangslösung genutzt, um Versorgungslücken zu schließen. Dies kann jedoch den CO₂-Ausstoß erhöhen und steht im Widerspruch zu Klimazielen.
  • Technologische Innovationen: Fortschritte in der Speichertechnologie und Laststeuerung können die Zuverlässigkeit erhöhen. Demand-Side-Management und intelligente Netze spielen hierbei eine wichtige Rolle.
  • Importabhängigkeit: Ohne Kernkraft könnte die Abhängigkeit von Energieimporten, insbesondere von Gas, zunehmen, was geopolitische Risiken birgt.

Herausforderungen und Chancen

  • Klimaziele: Der Verzicht auf Kernenergie erhöht den Druck, erneuerbare Energien schneller auszubauen, um Klimaziele zu erreichen und CO₂-Emissionen zu reduzieren.
  • Wirtschaftliche Auswirkungen: Die Energiewende kann Arbeitsplätze in neuen Technologien schaffen, aber auch in traditionellen Branchen abbauen.
  • Gesellschaftliche Akzeptanz: Projekte zum Ausbau erneuerbarer Energien stoßen teilweise auf Widerstand in der Bevölkerung, was zu Verzögerungen führen kann.
  • Technologieabhängigkeit: Deutschland muss in Forschung und Entwicklung investieren, um technologisch führend zu bleiben und Abhängigkeiten von ausländischen Technologien zu vermeiden.

Fazit

Eine Energiewende ohne Kernkraft in Deutschland ist machbar, bringt jedoch erhebliche Kosten und Herausforderungen in Bezug auf die Zuverlässigkeit der Energieversorgung mit sich. Kurzfristig können die Strompreise steigen, und die Versorgungssicherheit muss durch Backup-Systeme gewährleistet werden. Langfristig bietet der Ausbau erneuerbarer Energien die Chance auf eine nachhaltige, klimafreundliche und möglicherweise kostengünstigere Energieversorgung. Erfolgreich wird die Energiewende nur sein, wenn Investitionen in Infrastruktur und Technologie getätigt werden und gesellschaftliche Akzeptanz geschaffen wird.

Die Debatte um den Klimawandel und die notwendigen Gegenmaßnahmen führt zu einer starken Polarisierung in der Gesellschaft. Klimawandelleugner befürchten oft, dass drastische Maßnahmen zu einem radikalen Umbau der Gesellschaft in Richtung Ökosozialismus oder sogar Ökoterrorismus führen könnten. Diese Ängste verstärken ihre Ablehnung gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Klimawandel.

Gleichzeitig gibt es Personen aus verschiedenen Bereichen, wie Lehrer oder Künstler, die sich plötzlich berufen fühlen, die Klimawissenschaft zu kritisieren. Dies kann auf persönliche Überzeugungen oder Misstrauen gegenüber wissenschaftlichen Institutionen zurückzuführen sein.

Auf der anderen Seite stehen Menschen wie ehemalige Soldaten in finanziellen Schwierigkeiten oder linke Fundamentalisten, die vehement für eine schnelle Energiewende bis 2030 eintreten und dabei die Komplexität der Umsetzung unterschätzen. Sie vermitteln oft den Eindruck, dass die Energiewende problemlos und ohne größere Anpassungen möglich sei.

Hinzu kommen Akademiker wie Tony Seba und James Arbib von der Stanford University, die optimistische Szenarien für einen schnellen technologischen Wandel und eine beschleunigte Energiewende präsentieren. Ihre Prognosen beeinflussen die öffentliche Diskussion und schüren sowohl Hoffnung als auch Skepsis.

Diese vielfältigen Standpunkte verdeutlichen, wie komplex und vielschichtig die Diskussion um den Klimawandel ist. Unterschiedliche soziale, wirtschaftliche und ideologische Hintergründe führen zu divergierenden Meinungen darüber, wie wir als Gesellschaft darauf reagieren sollten.