Im Sinne von Graham und generell „klassischer“ Value-Ansätze gibt es einige Kernpunkte, die man immer wieder liest: mindestens 4 % Gewinnwachstum, mindestens 4 % Dividendenrendite, ein günstiges Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) und KGV, das die eigene Sicherheitszone nicht überschreitet. In den meisten Fällen liegt der Fokus dann aber auch auf einer konservativen Verschuldungssituation und einer ausreichenden Margin of Safety.
1. Margin of Safety (MoS)
Benjamin Graham selbst hat in seinen Schriften oft betont, dass der Kaufkurs deutlich unter dem geschätzten inneren Wert liegen sollte. Häufig wird eine „Sicherheitsmarge“ von mindestens 30 % genannt, andere Quellen nennen gern 50 %. Einen „absoluten“ Wert gibt es nicht, aber man liest als Faustregel:
• MoS von 30 % als Untergrenze (z. B. Aktie kostet 70 % des berechneten Fair Value).
• Wer extrem konservativ sein will, orientiert sich eher an 40–50 %.
In der Praxis hängt das natürlich von der Qualität des Geschäftsmodells ab: Je stabiler das Geschäftsmodell, desto etwas geringer kann man die Margin of Safety ansetzen. Bei stark zyklischen, unsicheren Geschäften kann (und sollte) sie deutlich höher liegen.
2. Verschuldung und Schuldenquoten
2.1 Grundbegriffe
• Gesamtverschuldung (Total Debt): Summe aller kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten (inklusive Kredite, Anleihen, ggf. Leasingverbindlichkeiten).
• Netto-Verschuldung (Net Debt): Gesamtverschuldung abzüglich liquider Mittel (Cash, kurzlaufende Geldanlagen).
Wichtiger Unterschied: Netto-Verschuldung ist meist aussagekräftiger, weil sie berücksichtigt, dass ein Unternehmen Verbindlichkeiten im Zweifel direkt mit liquiden Mitteln bedienen kann.
2.2 Schuldenquote (Debt Ratio)
Ganz allgemein versteht man unter Debt Ratio häufig:
Manchmal wird statt Gesamtvermögen auch Eigenkapital genommen (dann spräche man eher von Debt-to-Equity). Und je nach Kennzahl (z. B. Net Debt/EBITDA) kann man auch das EBITDA (operative Ergebnis) ins Verhältnis setzen. Wichtig ist, die jeweils genutzte Definition klar zu haben.
2.3 Unterschiedliche Rechnungslegungsstandards
1. HGB (Deutschland)
• Schulden sind im HGB grundsätzlich alle Passivpositionen, die Fremdkapitalcharakter haben. Dazu zählen Verbindlichkeiten, Rückstellungen usw.
• Leasingschulden (Operating Leases) konnten jahrelang überwiegend nicht auf der Bilanz erscheinen, erst durch neue Vorschriften (ähnlich wie IFRS 16) werden Leasingverpflichtungen zum Teil aktiviert.
2. IFRS (z. B. für EU, internationale Standards)
• Unter IFRS (insb. IFRS 16) werden Leasingverbindlichkeiten grundsätzlich auf der Passivseite erfasst und erhöhen somit die Verschuldung.
• Rückstellungen (Provisions) werden nach IFRS anders bewertet, es kann also zu abweichenden Bilanzposten kommen.
• Insgesamt sind IFRS-Bilanzen oft „umfassender“, weil mehr Verpflichtungen als Verbindlichkeiten klassifiziert werden und so die Bilanzsumme (Assets wie auch Liabilities) steigen kann.
3. US-GAAP
• Prinzipiell sehr ähnliche Vorgehensweise wie bei IFRS, gerade was Leasingverbindlichkeiten angeht (ASC 842).
• Unterscheidungen bestehen im Detail, wie z. B. Goodwill-Abschreibungen, Leasing-Klassifizierung etc., was auch Einfluss auf die Kapitalstruktur haben kann (u. a. IFRS 16 vs. ASC 842).
4. Chinese GAAP
• Grundsätzlich an IFRS angelehnt, aber im Detail gibt es Abweichungen, z. B. bei der Behandlung bestimmter langfristiger Investitionen, Rückstellungen oder Leasingverpflichtungen.
• Falls man chinesische Aktien untersucht, ist es oft sinnvoll, IFRS-Abschlüsse (falls das Unternehmen ADRs an einer US-Börse oder z. B. in Hongkong gelistet hat) heranzuziehen, um eine bessere Vergleichbarkeit zu haben.
5. Andere lokale Standards
• Weltweit haben viele Länder ihre Rechnungslegungsregeln an IFRS ausgerichtet oder übernehmen IFRS bzw. US-GAAP Regelungen. Dennoch können Kleinigkeiten differieren (z. B. wie stille Reserven oder Leasingverträge bilanziert werden).
2.4 Praktische Berechnung der Schuldenquote
Damit man nichts „übersieht“, empfiehlt sich ein 5-Schritte-Check:
1. Gesamtverschuldung ermitteln, inklusive aller langfristigen und kurzfristigen Verbindlichkeiten, einschließlich Leasingverbindlichkeiten und Pensionsrückstellungen (wenn sie faktisch verzinslich sind).
2. Liquide Mittel ermitteln (Cash, kurzfristige Geldanlagen). Daraus die Netto-Verschuldung errechnen:
\[
\text{Net Debt} = \text{Total Debt} – \text{Cash}\,(\&\text{Equivalents})
\]
3. Gesamtvermögen (Total Assets) identifizieren oder Eigenkapital (Equity) – je nachdem, welche Kennzahl man verwendet.
4. Quoten berechnen, z. B.:
• Debt Ratio = Total Debt / Total Assets
• Debt-to-Equity = Total Debt / Equity
• Net Debt/EBITDA (wichtig, um zu sehen, in wie vielen Jahren das Unternehmen die Verschuldung aus dem operativen Gewinn bedienen könnte).
5. Vergleichen: Zielwerte oder Grenzwerte definieren, z. B.
• Debt-to-Equity < 1,0 (besser noch < 0,5 bei Graham-Ansatz).
• Net Debt/EBITDA < 2–3 für konservative Titel (je nach Branche).
3. Konkrete Richtwerte und Timeframes
• Verschuldung: Benjamin Graham bevorzugte Unternehmen mit möglichst geringer Verschuldung. Oft liest man eine Debt-to-Equity-Untergrenze von maximal 50 % (sprich 0,5). Bei höher zyklischen Branchen oder stärkeren Wachstumsunternehmen kann das moderat darüber liegen, aber man muss dann die Stabilität des Geschäfts bewerten.
• Net Debt/EBITDA: Als Faustregel gilt bei konservativer Betrachtung oft: unter 2 oder 3. Das heißt, das Unternehmen könnte seine Nettoschulden in 2–3 Jahren aus dem operativen Cashflow (EBITDA) tilgen. Bei defensiven Sektoren (Versorger, Healthcare) kann man etwas höhere Werte tolerieren, weil die Cashflows sehr stabil sind.
• Zeitliche Betrachtung:
• Historie: Mindestens 5–10 Jahre zurückschauen, ob die Verschuldung stabil geblieben, gestiegen oder gesunken ist.
• Zukunft: Prognosen aufstellen, ob großes Investitionsvolumen bevorsteht (CAPEX), das die Verschuldung hochtreibt.
4. Fazit
• Margin of Safety: In der Regel mindestens 30 %, gern auch 40–50 % bei unsichereren Geschäften.
• Verschuldung: Achte genau auf Total Debt und Net Debt (inkl. Leasingverbindlichkeiten, Pensionsrückstellungen usw.).
• Kennzahlen:
• Debt-to-Equity für viele Branchen < 0,5–1,0; je konservativer, desto niedriger.
• Net Debt/EBITDA gerne < 2–3, um auf der sicheren Seite zu sein.
• Unterschiedliche Bilanzierungsstandards: Achte darauf, dass insbesondere Leasing und Rückstellungen unter HGB, IFRS, US-GAAP und anderen Standards verschieden erfasst sein können. Für Vergleiche ggf. IFRS- oder US-GAAP-Abschlüsse heranziehen, weil sie international weit verbreitet und besser vergleichbar sind.
Damit hat man – neben KGV, KBV, 4 % Dividendenrendite und 4 % Gewinnwachstum – ein rundes Bild, wie man nach Graham und gängigen Value-Prinzipien vorgeht und auf die Verschuldung achtet.
Im Sinne von Graham und generell „klassischer“ Value-Ansätze gibt es einige Kernpunkte, die man immer wieder liest: mindestens 4 % Gewinnwachstum, mindestens 4 % Dividendenrendite, ein günstiges Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) und KGV, das die eigene Sicherheitszone nicht überschreitet. In den meisten Fällen liegt der Fokus dann aber auch auf einer konservativen Verschuldungssituation und einer ausreichenden Margin of Safety.
1. Margin of Safety (MoS)
Benjamin Graham selbst hat in seinen Schriften oft betont, dass der Kaufkurs deutlich unter dem geschätzten inneren Wert liegen sollte. Häufig wird eine „Sicherheitsmarge“ von mindestens 30 % genannt, andere Quellen nennen gern 50 %. Einen „absoluten“ Wert gibt es nicht, aber man liest als Faustregel:
• MoS von 30 % als Untergrenze (z. B. Aktie kostet 70 % des berechneten Fair Value).
• Wer extrem konservativ sein will, orientiert sich eher an 40–50 %.
In der Praxis hängt das natürlich von der Qualität des Geschäftsmodells ab: Je stabiler das Geschäftsmodell, desto etwas geringer kann man die Margin of Safety ansetzen. Bei stark zyklischen, unsicheren Geschäften kann (und sollte) sie deutlich höher liegen.
2. Verschuldung und Schuldenquoten
2.1 Grundbegriffe
• Gesamtverschuldung (Total Debt): Summe aller kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten (inklusive Kredite, Anleihen, ggf. Leasingverbindlichkeiten).
• Netto-Verschuldung (Net Debt): Gesamtverschuldung abzüglich liquider Mittel (Cash, kurzlaufende Geldanlagen).
Wichtiger Unterschied: Netto-Verschuldung ist meist aussagekräftiger, weil sie berücksichtigt, dass ein Unternehmen Verbindlichkeiten im Zweifel direkt mit liquiden Mitteln bedienen kann.
2.2 Schuldenquote (Debt Ratio)
Ganz allgemein versteht man unter Debt Ratio häufig:
Manchmal wird statt Gesamtvermögen auch Eigenkapital genommen (dann spräche man eher von Debt-to-Equity). Und je nach Kennzahl (z. B. Net Debt/EBITDA) kann man auch das EBITDA (operative Ergebnis) ins Verhältnis setzen. Wichtig ist, die jeweils genutzte Definition klar zu haben.
2.3 Unterschiedliche Rechnungslegungsstandards
1. HGB (Deutschland)
• Schulden sind im HGB grundsätzlich alle Passivpositionen, die Fremdkapitalcharakter haben. Dazu zählen Verbindlichkeiten, Rückstellungen usw.
• Leasingschulden (Operating Leases) konnten jahrelang überwiegend nicht auf der Bilanz erscheinen, erst durch neue Vorschriften (ähnlich wie IFRS 16) werden Leasingverpflichtungen zum Teil aktiviert.
2. IFRS (z. B. für EU, internationale Standards)
• Unter IFRS (insb. IFRS 16) werden Leasingverbindlichkeiten grundsätzlich auf der Passivseite erfasst und erhöhen somit die Verschuldung.
• Rückstellungen (Provisions) werden nach IFRS anders bewertet, es kann also zu abweichenden Bilanzposten kommen.
• Insgesamt sind IFRS-Bilanzen oft „umfassender“, weil mehr Verpflichtungen als Verbindlichkeiten klassifiziert werden und so die Bilanzsumme (Assets wie auch Liabilities) steigen kann.
3. US-GAAP
• Prinzipiell sehr ähnliche Vorgehensweise wie bei IFRS, gerade was Leasingverbindlichkeiten angeht (ASC 842).
• Unterscheidungen bestehen im Detail, wie z. B. Goodwill-Abschreibungen, Leasing-Klassifizierung etc., was auch Einfluss auf die Kapitalstruktur haben kann (u. a. IFRS 16 vs. ASC 842).
4. Chinese GAAP
• Grundsätzlich an IFRS angelehnt, aber im Detail gibt es Abweichungen, z. B. bei der Behandlung bestimmter langfristiger Investitionen, Rückstellungen oder Leasingverpflichtungen.
• Falls man chinesische Aktien untersucht, ist es oft sinnvoll, IFRS-Abschlüsse (falls das Unternehmen ADRs an einer US-Börse oder z. B. in Hongkong gelistet hat) heranzuziehen, um eine bessere Vergleichbarkeit zu haben.
5. Andere lokale Standards
• Weltweit haben viele Länder ihre Rechnungslegungsregeln an IFRS ausgerichtet oder übernehmen IFRS bzw. US-GAAP Regelungen. Dennoch können Kleinigkeiten differieren (z. B. wie stille Reserven oder Leasingverträge bilanziert werden).
2.4 Praktische Berechnung der Schuldenquote
Damit man nichts „übersieht“, empfiehlt sich ein 5-Schritte-Check:
1. Gesamtverschuldung ermitteln, inklusive aller langfristigen und kurzfristigen Verbindlichkeiten, einschließlich Leasingverbindlichkeiten und Pensionsrückstellungen (wenn sie faktisch verzinslich sind).
2. Liquide Mittel ermitteln (Cash, kurzfristige Geldanlagen). Daraus die Netto-Verschuldung errechnen:
\[
\text{Net Debt} = \text{Total Debt} – \text{Cash}\,(\&\text{Equivalents})
\]
3. Gesamtvermögen (Total Assets) identifizieren oder Eigenkapital (Equity) – je nachdem, welche Kennzahl man verwendet.
4. Quoten berechnen, z. B.:
• Debt Ratio = Total Debt / Total Assets
• Debt-to-Equity = Total Debt / Equity
• Net Debt/EBITDA (wichtig, um zu sehen, in wie vielen Jahren das Unternehmen die Verschuldung aus dem operativen Gewinn bedienen könnte).
5. Vergleichen: Zielwerte oder Grenzwerte definieren, z. B.
• Debt-to-Equity < 1,0 (besser noch < 0,5 bei Graham-Ansatz).
• Net Debt/EBITDA < 2–3 für konservative Titel (je nach Branche).
3. Konkrete Richtwerte und Timeframes
• Verschuldung: Benjamin Graham bevorzugte Unternehmen mit möglichst geringer Verschuldung. Oft liest man eine Debt-to-Equity-Untergrenze von maximal 50 % (sprich 0,5). Bei höher zyklischen Branchen oder stärkeren Wachstumsunternehmen kann das moderat darüber liegen, aber man muss dann die Stabilität des Geschäfts bewerten.
• Net Debt/EBITDA: Als Faustregel gilt bei konservativer Betrachtung oft: unter 2 oder 3. Das heißt, das Unternehmen könnte seine Nettoschulden in 2–3 Jahren aus dem operativen Cashflow (EBITDA) tilgen. Bei defensiven Sektoren (Versorger, Healthcare) kann man etwas höhere Werte tolerieren, weil die Cashflows sehr stabil sind.
• Zeitliche Betrachtung:
• Historie: Mindestens 5–10 Jahre zurückschauen, ob die Verschuldung stabil geblieben, gestiegen oder gesunken ist.
• Zukunft: Prognosen aufstellen, ob großes Investitionsvolumen bevorsteht (CAPEX), das die Verschuldung hochtreibt.
4. Fazit
• Margin of Safety: In der Regel mindestens 30 %, gern auch 40–50 % bei unsichereren Geschäften.
• Verschuldung: Achte genau auf Total Debt und Net Debt (inkl. Leasingverbindlichkeiten, Pensionsrückstellungen usw.).
• Kennzahlen:
• Debt-to-Equity für viele Branchen < 0,5–1,0; je konservativer, desto niedriger.
• Net Debt/EBITDA gerne < 2–3, um auf der sicheren Seite zu sein.
• Unterschiedliche Bilanzierungsstandards: Achte darauf, dass insbesondere Leasing und Rückstellungen unter HGB, IFRS, US-GAAP und anderen Standards verschieden erfasst sein können. Für Vergleiche ggf. IFRS- oder US-GAAP-Abschlüsse heranziehen, weil sie international weit verbreitet und besser vergleichbar sind.
Damit hat man – neben KGV, KBV, 4 % Dividendenrendite und 4 % Gewinnwachstum – ein rundes Bild, wie man nach Graham und gängigen Value-Prinzipien vorgeht und auf die Verschuldung achtet.