Kreislaufwirtschaft Hannah Ritchie Oxford

https://www.sustainabilitybynumbers.com/p/low-carbon-tech-needs-much-fewer/comments

Nachfolgend eine ausführliche Einordnung der zentralen Behauptungen und Argumentationsmuster, die in dem geposteten Kommentar auftauchen, sowie mögliche Quellen und Hintergründe dieser Desinformation. Am Ende finden Sie eine kompakte Zusammenfassung.

1) Behauptung: „Vor dem Industriezeitalter war der CO₂-Gehalt so niedrig (~150 ppm), dass es regelmäßig zu Missernten kam. Erst mit dem Verbrennen von Kohle, Öl etc. sind die Pflanzen gerettet worden.“

Faktencheck CO₂-Konzentration in der Vergangenheit

• Vor der Industrialisierung (also grob vor 1750) lag der CO₂-Gehalt bei etwa 280 ppm – nicht bei 150 ppm. Die Werte zwischen 150 und 180 ppm sind typisch für Eiszeiten (Glazialperioden), die viel weiter zurückliegen (z.B. vor ca. 20 000 Jahren).

• In der Kleinen Eiszeit (ca. 15.–19. Jahrhundert) war der CO₂-Gehalt ebenfalls nicht bei 150 ppm, sondern allenfalls leicht unter 280 ppm.

• Der Schwellenwert von ca. 150 ppm wird manchmal als ungefähre Untergrenze genannt, ab der manche Pflanzen stark eingeschränkt photosynthetisch aktiv sind. Allerdings ist unsere Erde in den letzten Jahrtausenden niemals in den Bereich von exakt 150 ppm gerutscht, schon gar nicht im Zeitraum, in dem es moderne Landwirtschaft oder „Missernten“ im heutigen Sinne gab.

Kurzum: Die Behauptung, dass vor dem Industriezeitalter praktisch „Pflanzen kaum wachsen konnten“ und es deshalb zu Missernten kam, wird oft stark übertrieben oder komplett verzerrt dargestellt. Zwar gab es sehr wohl Hungersnöte und Missernten in vormodernen Zeiten, aber die Hauptursachen waren:

• Schlechtes Wetter in einzelnen Jahren (z.B. Dauerregen, Kälte, lokale Dürren),

• fehlende Lagerkapazitäten,

• Kriege, Pest, politische Krisen,

• fehlende globale Transport- und Handelsstrukturen,

• fehlende Düngemittel und vor allem fehlendes Wissen über Bodenfruchtbarkeit usw.

Mit dem CO₂-Gehalt von damals (um 280 ppm) hatten diese Hungersnöte wenig bis nichts zu tun.

2) Behauptung: „Heute sind die Ernten nur deshalb so gut, weil der CO₂-Gehalt höher ist.“

Realer Grund für steigende Erträge

• Moderne Landwirtschaft: Höhere Ernten resultieren vor allem aus dem Einsatz von Kunstdünger (Haber-Bosch-Verfahren), besserem Saatgut (u.a. Züchtungen, Hybridsorten, Gentechnik), Pflanzenschutzmitteln, verbesserten Bewässerungsmethoden, Mechanisierung (Traktoren, Mähdrescher) und Agrar-Management (Fruchtfolge, Bodenanalyse, Forschung, Wettervorhersagen).

• Zwar stimmt es, dass ein höherer CO₂-Gehalt in Gewächshäusern das Pflanzenwachstum fördern kann. In der Freiland-Landwirtschaft spielen jedoch limitierende Faktoren wie Nährstoffmangel, Wassermangel, Schädlinge, Bodenqualität, Hitze- oder Kältestress eine sehr viel größere Rolle. Da hilft „reines“ CO₂ in der Atmosphäre nicht automatisch weiter.

• Viele Feldexperimente zeigen, dass, sobald eine bestimmte CO₂-Sättigung erreicht ist, andere Faktoren limitieren. Außerdem kann eine schnellere Photosynthese nicht automatisch in erhöhten Gesamtertrag übersetzt werden, wenn z.B. kein entsprechender Stickstoff verfügbar ist.

3) Behauptung: „CO₂ ist eigentlich zu niedrig, wir bräuchten mehr – wir sind noch in einer Eiszeit, bald kommt eine neue Kaltphase. Klimaschutz ist Unsinn.“

Wissenschaftlicher Konsens zur Klimaerwärmung

• Die gemessenen Daten zeigen klar: Der aktuelle Anstieg von etwa 280 ppm (um 1850) auf mittlerweile über 420 ppm ist vom Menschen verursacht (Verbrennung fossiler Energieträger, Waldrodungen etc.).

• Dieser schnelle Anstieg binnen ~170 Jahren ist in der Erdgeschichte ohne Beispiel, zumindest was die vergangenen paar Millionen Jahre betrifft. Solche raschen Veränderungen stören ganze Ökosysteme und verursachen u.a. ein beschleunigtes Arktis- und Gletscherschmelzen, Meeresspiegelanstieg, Veränderungen der Wetterextreme und so weiter.

• Dass wir noch in einer „Eiszeit“ leben – genauer: in einer „interglazialen Warmphase“ des Pleistozäns – ist zwar eine geologische Tatsache. Aber die natürlich anstehende nächste Kaltzeit (in Zehntausenden von Jahren) wird durch unser rasches Erhöhen des CO₂-Gehalts nicht verhindert, sondern wir erzeugen derzeit genau das Gegenteil: eine Beschleunigung der Erwärmung in sehr kurzer Zeit.

4) Das Narrativ: „CO₂ ist doch gut, wir haben mehr Pflanzenwachstum, also weiter fossile Brennstoffe verwenden.“

Dies ist ein bekanntes Ablenkungs- und Beschwichtigungs-Narrativ in Teilen der klimaskeptischen Szene. Dahinter stecken oft Interessengruppen (etwa Lobbyorganisationen), die weiter auf fossile Energien setzen möchten und daher Argumente gegen den Klimaschutz suchen.

Man kann nicht jedes YouTube-Kommentar einem großen Lobby-Netzwerk direkt zuordnen, doch Äußerungen dieser Art („CO₂ ist Pflanzendünger, also alles kein Problem!“) sind typische Talking Points, die schon seit Jahrzehnten von bestimmten Thinktanks und NGOs (teils finanziert durch Öl- und Gasunternehmen) verbreitet werden. Beispiele aus den USA sind etwa das Heartland Institute oder das Cato Institute. Auch in Europa gibt es diverse Vortragsveranstaltungen oder Blogs, die genau solche argumentativen Bausteine nutzen.

5) Woher kommt dieser Desinformationsstil?

• Industrie-Lobby: Seit den 1970er Jahren ist belegt, dass große Ölkonzerne (z.B. Exxon) intern sehr wohl über den menschgemachten Klimawandel wussten. Öffentlich haben sie jedoch oft an Studien, Kampagnen und PR-Agenturen mitgewirkt, die Zweifel säen sollten („Doubt is our product“ – bekanntes Zitat aus internen Papieren der Tabak-Industrie, später ähnlich übernommen von Teilen der Fossil-Lobby).

• Ideologische Motive: Manche argumentieren gegen den Klimaschutz aus einer allgemeinen Abneigung gegen staatliche Regulierungen (Steuern, Vorschriften, etc.).

• Fehlinformationen, Verschwörungstheorien: Dank Internet und Social Media können solche Behauptungen sich rasch verbreiten. Einzelne Postings werden wiederholt, leicht abgeändert und in Kommentarspalten weitergetragen.

Ob genau dieser Kommentar (siehe Zitate) von einer „Öl- und Gas-Mafia“ stammt oder nur jemandem, der diese Narrative aufgeschnappt hat, ist unmöglich konkret zu belegen. Das Muster passt allerdings gut zu bekannten Desinformations-Strategien in der Klimawandeldiskussion.

6) Kurze Zusammenfassung

1. CO₂-Gehalte historisch:

• Vor der Industrialisierung lagen die Werte um 280 ppm.

• 150–180 ppm sind typisch für Eiszeiten (z.B. vor 20 000 Jahren) und nicht für das frühe Industriezeitalter.

• Es gab Hungersnöte, Dürren und Missernten aus vielen Gründen (Wetterextreme, Kriege, Krankheiten usw.), nicht wegen „zu wenig CO₂ in der Luft“.

2. Moderne Ertragssteigerungen kommen primär von:

• Kunstdünger (Haber-Bosch),

• Verbesserter Züchtung (Hybriden, Gentechnik),

• Pflanzenschutz, Mechanisierung,

• Besseren Anbaumethoden, Lagerung, Handel, Wettervorhersagen.

• Höheres atmosphärisches CO₂ ist nicht der ausschlaggebende Faktor für die Agrarrevolution im 20. Jahrhundert.

3. Klimawandel:

• Der aktuelle rasche Anstieg auf über 420 ppm führt zum menschengemachten Klimawandel.

• Erhöhte CO₂-Werte mögen einzelne Pflanzen unter bestimmten Bedingungen schneller wachsen lassen, sind aber insgesamt eine Bedrohung für Klima, Ökosysteme und indirekt auch für Landwirtschaft (Hitzeschäden, Extremwetter).

4. Desinformations-Quellen:

• Die verbreiteten Narrative („CO₂ ist Pflanzendünger“, „Es war früher so niedrig, dass Pflanzen fast ausstarben“) sind typische Argumente von klimaskeptischen Thinktanks, oft finanziert durch Teile der fossilen Industrie.

• In Kommentarspalten finden sich diese oft in frei flottierender Form, von Privatpersonen übernommen oder weiterverbreitet.

Fazit: Die Behauptung, niedriger CO₂-Gehalt vor der Industrialisierung habe zu Missernten geführt und wir seien dank fossiler Energieträger vor Hungersnöten gerettet worden, ist fachlich unhaltbar. Die heutigen hohen Ernten beruhen weitgehend auf den Errungenschaften der modernen Agrarwissenschaft. Hinter solchen Falschdarstellungen steckt häufig ein Versuch, Klimaschutzmaßnahmen zu diskreditieren und den Vorteil fossiler Energien künstlich hervorzuheben. Diese Argumente sind Teil eines bekannten Repertoires, das oft von bestimmten Lobbygruppen (umgangssprachlich „Öl-/Gas-Mafia“) gestützt wurde – oder von Einzelpersonen unreflektiert weiterverbreitet wird.

Below is a comprehensive analysis of the main claims and arguments found in the quoted comments, along with their likely sources and background. A concise summary appears at the end.

1) Claim: “Before the industrial era, atmospheric CO₂ was so low (~150 ppm) that crop failures were commonplace. Only the burning of coal, oil, etc., saved plants and prevented harvest failures.”

Fact Check: Preindustrial CO₂ Concentrations

• Before industrialization (roughly before 1750), the atmospheric CO₂ level was about 280 ppm—not 150 ppm. Values between 150 and 180 ppm are typical for Ice Ages (glacial periods), which happened much further in the past (for example, 20,000 years ago).

• During the so-called Little Ice Age (15th–19th century), CO₂ levels were still around 280 ppm, maybe slightly lower, but certainly not as low as 150 ppm.

• About 150 ppm is sometimes cited as a rough lower threshold below which certain plants struggle with photosynthesis. However, Earth’s atmosphere over the past few thousand years never dropped to that exact threshold. Certainly not during periods relevant to “modern” agriculture or documented harvest failures.

In short, while there were indeed famine and crop failures in premodern times, the primary causes included:

• Unfavorable weather events in certain years (e.g., prolonged rain, cold snaps, local droughts),

• Lack of adequate grain storage,

• War, plague, political instability,

• Limited transport and trade networks,

• No synthetic fertilizers or advanced knowledge of soil fertility.

They were not caused by CO₂ levels of ~280 ppm.

2) Claim: “Today’s large yields result only from the higher CO₂ concentration.”

Actual Reasons for Higher Yields

• Modern agriculture: Higher yields today mainly result from:

• Synthetic fertilizers (Haber-Bosch process),

• Improved seed varieties (hybrids, advanced breeding, genetic modification),

• Pesticides and herbicides,

• Mechanization (tractors, harvesters),

• Refined agronomic practices (soil testing, crop rotation, scientific research, weather forecasting).

• It is true that in controlled-environment greenhouses, elevated CO₂ can enhance plant growth. However, in open-field agriculture, other limiting factors like water availability, nutrient supply, pests, soil quality, heat stress, etc., usually matter far more than small increments in ambient CO₂.

• Many field experiments show that if CO₂ is already sufficient, other constraints—like limited nitrogen in the soil—can cap overall productivity, meaning that extra CO₂ by itself does not guarantee higher total yield.

3) Claim: “CO₂ is actually too low; we need more of it—after all, we’re still in an Ice Age, so climate protection is pointless.”

Scientific Consensus on Global Warming

• Observed data clearly show that the concentration has risen from about 280 ppm (around 1850) to over 420 ppm, primarily due to human activities (fossil fuel burning, deforestation, etc.).

• This rapid rise within ~170 years is unprecedented in the context of the past few million years, and ecosystems struggle to adapt so quickly. Consequences include accelerated Arctic and glacier melting, sea level rise, and shifts in extreme weather patterns.

• It is correct that we are technically in a broader “Ice Age” era (the Pleistocene), currently in a warm interglacial. Yet, the naturally expected next glacial cycle is tens of thousands of years off. Meanwhile, we are causing the opposite trend right now: a rapid warming on the scale of mere centuries or decades.

4) Narrative: “CO₂ is good for plants, so more CO₂ from fossil fuels is beneficial—thus no need for climate action.”

This is a well-known deflection and reassurance narrative within parts of the climate-skeptic community. It often originates from interest groups (e.g., certain lobby organizations) that wish to keep fossil fuel consumption high and thus seek arguments to discredit or delay climate mitigation efforts.

You cannot always pinpoint each comment on YouTube to a specific lobby network, but statements like “CO₂ is just plant food—no problem!” are standard talking points that have been systematically circulated for decades by certain think tanks (often with ties to the oil and gas industry). Examples in the U.S. include the Heartland Institute or Cato Institute. In Europe, a range of conferences or blogs promote the same line of argument.

5) Where does this style of disinformation come from?

• Industrial lobbying: As far back as the 1970s, internal research at major oil companies (e.g., Exxon) confirmed the reality of human-caused climate change. Publicly, however, they funded studies, PR campaigns, and agencies that cast doubt on the science (“Doubt is our product”—originally from the tobacco industry playbook, later also employed by some fossil-fuel interests).

• Ideological motives: Some individuals oppose climate policies mainly out of a broader dislike of government regulation (taxes, environmental laws, etc.).

• Misinformation and conspiracy theories: The internet and social media accelerate the spread of such claims. Users frequently repeat and reshuffle them, passing them along in comment sections.

It is impossible to prove whether that particular comment is directly financed by an “oil and gas mafia” or just from someone who has absorbed these talking points. The narrative, however, fits known disinformation strategies used in climate discourse.

6) Brief Summary

1. Historical CO₂ Levels

• Preindustrial levels were ~280 ppm.

• 150–180 ppm belongs to Ice Age conditions (e.g., ~20,000 years ago), not to the early industrial period.

• Past famines and crop failures happened for many reasons (e.g., adverse weather, wars, diseases), not because of “insufficient CO₂.”

2. Modern Yields

• Primarily boosted by:

• Synthetic fertilizer (Haber-Bosch),

• Improved breeding (hybrids, GMO),

• Pesticides, mechanization,

• Better farming methods, storage, trade, weather forecasting.

• Higher atmospheric CO₂ is not the main cause of the 20th-century agricultural boom.

3. Climate Change

• The current surge to over 420 ppm is driving anthropogenic global warming.

• While slightly elevated CO₂ can stimulate plant photosynthesis under certain greenhouse conditions, overall, the rapid warming—and resulting climatic disruptions—pose far greater risks to agriculture and ecosystems worldwide.

4. Sources of Disinformation

• The story “CO₂ is plant food, so no worries” is a common theme from climate-skeptical think tanks, some funded by fossil-fuel industries.

• Online comment sections often contain these talking points, repeated or paraphrased by individuals.

Conclusion: The claim that preindustrial CO₂ levels caused crop failures and that fossil fuels “saved” agriculture is factually incorrect. Today’s high yields are overwhelmingly the result of modern agricultural science and technology. Misrepresenting CO₂ as the savior of crops is part of a broader campaign to downplay the seriousness of human-caused climate change. These arguments align with well-known talking points often promoted (and sometimes funded) by elements of the fossil-fuel lobby (colloquially, “oil and gas mafia”)—or simply propagated by individuals who have encountered and believed these narratives.