Immobilienpreise, Inflation und Systemische Risiken, Staatsschulden

Du hast eine ganze Reihe ökonomischer Zusammenhänge angesprochen, die oft in der öffentlichen Debatte verzerrt oder verkürzt dargestellt werden. Ich werde die einzelnen Punkte analytisch durchgehen, Lücken schließen und mit wirtschaftswissenschaftlicher Literatur belegen.


1. Immobilienpreise, Inflation und systemische Risiken

Warum hohe Immobilienpreise nicht nur schlecht sind

Viele Menschen beklagen hohe Immobilienpreise, ohne zu bedenken, dass fallende Preise nicht zwangsläufig positiv wären. Ein drastischer Rückgang der Immobilienpreise würde nämlich dazu führen, dass:

  • Beleihungswerte sinken: Banken kalkulieren Kredite basierend auf dem Wert der hinterlegten Sicherheiten (z. B. Immobilien). Sinken die Preise, könnte es zur Nachbesicherungspflicht kommen – Kreditnehmer müssten dann plötzlich mehr Eigenkapital nachschießen.
  • Finanzielle Instabilität droht: Wenn viele Immobilienbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen können, weil ihre Sicherheiten weniger wert sind, könnte es zu Zwangsverkäufen kommen. Dies würde eine Abwärtsspirale auslösen, ähnlich wie in der US-Immobilienkrise 2008.
  • Konsum und Wirtschaft leiden: Viele Haushalte fühlen sich durch hohe Immobilienwerte wohlhabender („wealth effect„) und konsumieren entsprechend. Ein Preisverfall könnte genau das Gegenteil bewirken.

Das Argument, dass eine moderate Inflation dabei hilft, die reale Schuldenlast zu reduzieren, ist korrekt. Schulden verlieren mit der Zeit an Wert, sofern die Inflation nicht außer Kontrolle gerät.

Warum Immobilienpreise nicht in der Inflation enthalten sind

Hier lohnt sich ein Blick auf die Inflationsmessung:

  • Die Verbraucherpreisindizes (VPI, HICP) messen die durchschnittliche Preisentwicklung von Waren und Dienstleistungen. Immobilienkäufe sind Investitionen und keine Konsumgüter. Deshalb sind sie in der klassischen Inflationsmessung nicht enthalten.
  • Mieten hingegen fließen ein, da sie als Konsumausgaben gelten.
  • Die EZB führt einen separaten Index, den „Owner-Occupied Housing Index“ (OOH), der Immobilienpreise berücksichtigt, aber nicht direkt in den offiziellen Inflationswert eingeht.

Einige Ökonomen (z. B. Thomas Piketty, Paul Krugman) kritisieren, dass diese Berechnungsmethode realitätsfern ist, da steigende Immobilienpreise langfristig die Lebenshaltungskosten beeinflussen.

Zusammenhang zwischen Immobilienpreisen und Inflation

Die scheinbare Diskrepanz zwischen Inflationsrate und Immobilienpreisen lässt sich durch mehrere Faktoren erklären:

  1. Lockere Geldpolitik: Die Nullzinspolitik der EZB hat die Immobilienpreise stark nach oben getrieben, während die allgemeine Inflation bis 2021 moderat blieb.
  2. Knappheit und Nachfrage: Besonders in gefragten Regionen Bayerns (München, Augsburg, Ingolstadt) sind die Preise aufgrund begrenzter Flächen und hoher Nachfrage gestiegen – unabhängig von der allgemeinen Inflation.
  3. Demografie und Spekulation: Internationale Investoren, niedrige Geburtenraten und alternde Gesellschaften verstärken Preistrends, ohne sich sofort in der Inflationsrate niederzuschlagen.

2. Staatsverschuldung, Infrastruktur und Wohlstand

Warum Staatsverschuldung nicht per se schlecht ist

In Deutschland gibt es eine fast reflexhafte Angst vor Staatsverschuldung, obwohl diese in vielen Fällen produktiv eingesetzt wird:

  • Wachstumsfördernde Investitionen: Staaten investieren in Infrastruktur, Bildung und Technologie, was langfristig Wachstum und Steuereinnahmen steigert. Historische Beispiele:
    • Der New Deal in den USA (1930er) kurbelte die Wirtschaft massiv an.
    • Nach dem Zweiten Weltkrieg halfen öffentliche Investitionen beim Wiederaufbau Europas (Marshallplan).
  • Multiplikatoreffekt: Jeder investierte Euro kann durch höhere Löhne, Gewinne und Konsum mehrfach in der Wirtschaft zirkulieren (Keynesianismus).

John Maynard Keynes betonte bereits in den 1930ern, dass in Krisenzeiten defizitäre Staatsausgaben sinnvoll sind, um Wirtschaftswachstum zu stimulieren. Heute ist dies auch in Deutschland durch das Sondervermögen für Bundeswehr und Energiewende wieder aktuell.

Vergleich mit anderen Ländern

Die deutsche Schuldenquote liegt bei etwa 60% des BIP – verglichen mit den USA (125%) oder Japan (über 260%) ist das sehr moderat. Deutschland hat Spielraum für sinnvolle Investitionen, insbesondere in:

  • Stromnetze und Energieinfrastruktur
  • Verkehr (Schiene, Straßen)
  • Digitalisierung (Glasfaser, IT-Infrastruktur)

Historische Schulden und Infrastruktur (z. B. Autobahnen)

Ein heikler Punkt ist die Infrastrukturfinanzierung des Dritten Reichs. Zwar wurden Autobahnen und Stromnetze damals massiv ausgebaut, allerdings:

  1. Primär durch Staatsverschuldung und Schattenhaushalte (Mefo-Wechsel).
  2. Mit dem Ziel der Kriegsführung – zivile Nutzung war nur ein Nebeneffekt.
  3. Die Kosten wurden letztlich durch den Krieg exportiert – Deutschland entzog sich der Schuldentilgung durch Plünderung besetzter Gebiete.

Die heutige Situation ist völlig anders: Investitionen erfolgen demokratisch legitimiert, mit langfristigem Nutzen für Wohlstand und Klimaneutralität.


3. Ist das Ende des Immobilienbooms absehbar?

Einige Argumente sprechen dafür, dass sich der Boom nicht unbegrenzt fortsetzt:

  1. Erhöhte Zinsen: Die EZB hat die Zinsen angehoben, was Kredite teurer macht. Das bremst Spekulation und dämpft die Preise.
  2. Demografischer Wandel: Deutschland altert, weniger Haushalte werden neu gebildet. Irgendwann übersteigt das Angebot die Nachfrage.
  3. Politische Regulierung: Mögliche Maßnahmen wie eine stärkere Bodenpolitik oder Immobiliensteuern könnten Spekulation bremsen.

Fazit: Ja, irgendwann kann es zu einer Marktberuhigung oder sogar Preiskorrektur kommen – aber ein Crash wie 2008 ist in Deutschland unwahrscheinlich, da die Banken weniger riskante Kredite vergeben haben.


Zusammenfassung der Kernpunkte

  • Sinkende Immobilienpreise sind nicht automatisch gut – sie gefährden Finanzstabilität, weil Kreditsicherheiten entwertet werden.
  • Inflation reduziert real die Schuldenlast, solange sie moderat bleibt (~2%).
  • Immobilienpreise werden nicht direkt in die Inflation eingerechnet, da sie Investitionen und keine Konsumausgaben sind – das ist eine methodische Entscheidung, aber keine Verschwörung.
  • Staatsverschuldung ist kein Selbstzweck, sondern kann Wohlstand fördern, wenn sie in produktive Bereiche wie Infrastruktur und Energiewende fließt.
  • Deutschland hat finanzielle Spielräume, da die Schuldenquote im internationalen Vergleich niedrig ist.
  • Der Immobilienboom hat natürliche Grenzen, insbesondere durch steigende Zinsen, Demografie und mögliche Regulierungen.

Empfohlene Literatur

  1. Thomas Piketty – Das Kapital im 21. Jahrhundert (zur Vermögensverteilung und Immobilienpreise)
  2. John Maynard Keynes – Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes (Staatsausgaben und Konjunktursteuerung)
  3. Paul Krugman – The Return of Depression Economics (moderne Geldpolitik und Inflation)
  4. Daniel Stelter – Das Märchen vom reichen Land (Kritik an deutschen Investitionsdefiziten)

Das beschriebene Beispiel zeigt ein klassisches Problem steuerlicher Gestaltung bei der Übertragung von Immobilien innerhalb eines persönlichen Netzwerks. Ich erkläre hier die steuerlichen Mechanismen, warum das Finanzamt eine Schenkung gesehen hat, wie man das ggf. besser hätte gestalten können und warum der Staat diese Regelungen hat – im Kontext unseres Solidar- und Umverteilungssystems.


1. Warum hat das Finanzamt eine Schenkung gesehen?

Der entscheidende Punkt ist der tatsächliche Wert der Immobilie.

  • Der Marktwert der Immobilie lag laut dem Finanzamt (bzw. Bodenrichtwert, Verkaufspreise vergleichbarer Objekte etc.) bei 800.000 €.
  • Der Verkaufspreis war jedoch nur 500.000 €.
  • Der „Rabatt“ betrug also 300.000 €.

Das Finanzamt hat diesen Unterschied als unentgeltliche Zuwendung gewertet, also als Teilschenkung (300.000 €), da der Kumpel diese Summe geschenkt bekommen hat, indem er viel weniger bezahlt hat, als die Immobilie wert ist.

Steuerliche Folge: Schenkungssteuer

Schenkungen und Erbschaften unterliegen der Erbschaft- und Schenkungssteuer. Entscheidend ist hier die Steuerklasse und der Freibetrag:

  • Bei nicht verwandten Personen (Freunde, Bekannte) greift Steuerklasse III mit einem Freibetrag von nur 20.000 €.
  • Der steuerpflichtige Anteil der Schenkung beträgt also:
    300.000 € – 20.000 € = 280.000 €.
  • In Steuerklasse III beträgt der Satz für diesen Betrag ca. 40%.
  • Daraus ergibt sich eine Steuerlast von 40% von 280.000 € = 112.000 €.

Offensichtlich hat das Finanzamt entweder einen anderen Schenkungswert angesetzt oder es wurden Gestaltungsspielräume genutzt, da nur 40.000 € nachversteuert wurden.


2. Warum gibt es diese Regelung?

Hier zeigt sich das Prinzip der steuerlichen Gerechtigkeit und Umverteilung:

  1. Verhinderung von Steuervermeidung
    Wäre ein „verkappter Rabatt“ erlaubt, könnten beliebig viele Vermögensübertragungen an Freunde oder Verwandte erfolgen, ohne dass eine Schenkungssteuer fällig wird.
    Der Staat will sicherstellen, dass Erbschaften und große Schenkungen fair besteuert werden.
  2. Solidarische Finanzierung des Gemeinwesens
    Die Einnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungssteuer finanzieren Infrastruktur, Bildung und Sozialsysteme. Ohne diese Steuer würden große Vermögensübertragungen steuerfrei bleiben, während Arbeitseinkommen voll besteuert wird.
    Vermögende sollen ihren fairen Anteil leisten.
  3. Gleichbehandlung und Marktverzerrung vermeiden
    Wenn Immobilien unter Wert verkauft würden, könnte dies zu Marktverzerrungen führen. Spekulanten könnten so Steuern umgehen, während normale Käufer den vollen Marktpreis zahlen müssen.

3. Wie hätte man es vermeiden können?

Es gibt legale Gestaltungsmöglichkeiten, um solche Steuerbelastungen zu reduzieren:

  1. Ratenzahlung oder Darlehen statt Rabatt
    • Der Käufer hätte den Marktpreis von 800.000 € ansetzen können, aber eine zinslose Ratenzahlung über viele Jahre vereinbaren können.
    • Oder der Verkäufer hätte selbst ein privates Darlehen an den Käufer vergeben.
      → Keine Schenkung, da der volle Preis gezahlt wird.
  2. Nutzung von Freibeträgen durch „Stückelung“
    • Man kann Schenkungen alle 10 Jahre erneut steuerfrei bis zum Freibetrag vornehmen.
    • Beispiel: Statt 300.000 € auf einmal zu schenken, hätte der Verkäufer über mehrere Jahre hinweg schrittweise Teile des Kaufpreises erlassen.
  3. Kauf mit Nießbrauchsvorbehalt
    • Der Verkäufer hätte sich ein Nießbrauchrecht eintragen lassen können (er bleibt berechtigt, das Haus z. B. zu vermieten oder zu nutzen).
    • Dadurch sinkt der steuerliche Wert des Hauses für das Finanzamt.
  4. Kreative Sachwertübertragungen
    • Der Verkäufer hätte das Haus für 800.000 € verkaufen können, und dann den Käufer durch z. B. Schenkung von Möbeln, Inventar oder Bargeld innerhalb des Freibetrags entlasten können.

4. Warum ist das System so?

Hier zeigt sich das Prinzip des Solidarstaats und der Umverteilung, das in Deutschland verankert ist:

  • Arbeitseinkommen wird stark besteuert (Lohnsteuer, Sozialabgaben)
    → Damit nicht nur Arbeitnehmer belastet werden, müssen auch Vermögensübertragungen besteuert werden.
  • Steuern auf Erbschaften und Schenkungen gleichen Chancen aus
    → Ohne solche Regeln könnten Wohlhabende einfach Vermögen an Verwandte oder Freunde übertragen, ohne Steuern zu zahlen, während normale Arbeitnehmer von ihrem Einkommen Steuern abführen.
  • Progressives Steuersystem für soziale Gerechtigkeit
    → Wer mehr hat, soll mehr beitragen. Deshalb gibt es hohe Steuersätze auf hohe Erbschaften, aber Freibeträge für enge Familienangehörige.

5. Vergleich: Was wäre ohne die Steuer passiert?

Ohne die Besteuerung hätte der Käufer 300.000 € gespart, aber das bedeutet:

  • Er hätte 60% mehr geschenkt bekommen als jemand, der den normalen Marktpreis zahlt.
  • Das Finanzamt hätte keinen Cent bekommen, obwohl es sich um eine steuerpflichtige Vermögensübertragung handelt.
  • Andere Steuerzahler müssten diesen verlorenen Anteil durch höhere Abgaben ausgleichen.

Das System sorgt also dafür, dass auch bei nicht offen erklärten Schenkungen ein fairer Anteil ans Gemeinwesen geht. Dass der Käufer „nur“ 40.000 € nachzahlen musste statt 300.000 € mehr zu zahlen, zeigt eigentlich, dass das System in dem Fall noch gnädig war.


Fazit

  • Das Finanzamt hat korrekt gehandelt, denn der „Rabatt“ war in Wahrheit eine versteckte Schenkung.
  • Die Steuer ist eine Frage der Gerechtigkeit: Große Vermögensübertragungen sollen nicht steuerfrei sein, während Arbeit voll besteuert wird.
  • Mit guter Steuerplanung hätte man das legal optimieren können, z. B. durch Ratenzahlungen oder Stückelungen.
  • Das System dient der Umverteilung und sichert öffentliche Einnahmen zur Finanzierung von Infrastruktur, Sozialleistungen und Bildung.

Warum sind Grund und Gebäude heute so wertvoll?

Viele Immobilienbesitzer glauben, sie hätten sich den heutigen hohen Wert ihrer Grundstücke und Häuser selbst „erarbeitet“. Doch tatsächlich ist der Wert von Boden und Immobilien nicht primär durch individuelle Leistung entstanden, sondern durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen, die den Markt beeinflusst haben. Es gibt mehrere entscheidende Faktoren:


1. Strukturwandel und Wohlstandssteigerung in Bayern

Bayern war bis in die 1950er Jahre eine eher arme Agrarregion. Der heutige Wohlstand ist das Ergebnis eines massiven Strukturwandels, der durch öffentliche Investitionen und wirtschaftspolitische Maßnahmen ermöglicht wurde:

Von der Agrarwirtschaft zur Hochtechnologie

  • 1950er-1970er: Staatliche Programme förderten Industrialisierung, Autobahnen, Schienenverkehr und Hochschulen.
  • 1980er-2000er: Bayern entwickelte sich zur Hochtechnologie-Region (BMW, Siemens, Audi, Infineon, MAN, Allianz, Linde etc.).
  • Heute: Eine der wirtschaftsstärksten Regionen Europas mit hoher Kaufkraft.

👉 Ohne diese Entwicklung wären Immobilien in Bayern heute kaum etwas wert. Ein Haus in einem strukturschwachen Gebiet bleibt günstig, selbst wenn es gut erhalten ist.

Öffentliche Infrastruktur steigert Immobilienwerte

Der Wert von Immobilien steigt stark mit der Infrastrukturentwicklung:

  • Autobahnen, Bahnhöfe, Flughäfen: Immobilien in gut angebundenen Gebieten sind mehr wert.
  • Schulen, Universitäten: Wohngegenden mit guter Bildungseinrichtung ziehen zahlungskräftige Familien an.
  • Krankenhäuser, Arbeitsplätze: Menschen wollen dort wohnen, wo es gute Gesundheitsversorgung und Jobs gibt.

👉 Dieser Mehrwert wurde nicht von Einzelpersonen geschaffen, sondern durch öffentliche Investitionen finanziert – mit Steuergeld.


2. Hohe Nachfrage vs. Geringes Angebot = Preissteigerung

Ein entscheidender Faktor für steigende Immobilienpreise ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage.

Nachfrage nach Wohnraum steigt

  • Bevölkerungswachstum: Durch Zuwanderung und steigende Einkommen steigt die Nachfrage nach Wohnraum.
  • Urbanisierung: Immer mehr Menschen ziehen in Städte, wo die Flächen begrenzt sind.
  • Attraktivität Bayerns: Hohe Löhne und Lebensqualität ziehen Fachkräfte und Unternehmen an.

Geringes Angebot treibt die Preise hoch

  • Bebauungsrestriktionen: Strenge Vorschriften (Bebauungspläne, Denkmalschutz, Umweltauflagen) begrenzen das Wohnraumangebot.
  • Flächenmangel: In vielen Regionen gibt es schlicht keinen zusätzlichen Baugrund.
  • Spekulation & Zurückhaltung: Investoren halten Grundstücke absichtlich zurück, um auf steigende Preise zu setzen.

👉 Je größer die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage, desto stärker steigen die Preise – unabhängig vom Zustand der Gebäude.


3. Warum steigt der Bodenwert, obwohl Gebäude altern?

Viele glauben, dass der Wert einer Immobilie durch das Gebäude bestimmt wird. Tatsächlich ist es fast immer der Bodenpreis, der den größten Teil der Wertsteigerung ausmacht.

Ein Gebäude verliert mit der Zeit an Wert

  • Häuser altern, müssen instand gehalten werden und verlieren technisch an Attraktivität.
  • Ohne Renovierungen würde ein 50 Jahre altes Gebäude an Wert verlieren.

Warum steigt dann trotzdem der Preis?

  • Der Bodenpreis steigt, weil immer mehr Menschen darauf leben oder arbeiten wollen.
  • Das ist ein Spekulationsmechanismus, da Boden nicht vermehrbar ist.
  • Lage, Infrastruktur und Wirtschaftskraft treiben die Preise hoch.

👉 Grundbesitzer profitieren von dieser Wertsteigerung, ohne selbst aktiv etwas dafür zu tun.


4. Die Rolle des Solidarstaats: Wer hat diesen Wohlstand ermöglicht?

Ohne den Staat wären viele dieser Wertsteigerungen nicht möglich gewesen. Der Sozial- und Infrastrukturstaat hat durch gezielte Maßnahmen dazu beigetragen:

A) Öffentliche Investitionen in Infrastruktur

  • Straßen, Schienen, Flughäfen → steigern Standortattraktivität.
  • Bildung, Unis, Forschung → Fachkräfte und Innovation stärken Wirtschaftskraft.
  • Gesundheitssysteme, Sicherheitsdienste → Städte werden lebenswert.

👉 Diese Entwicklungen erhöhen indirekt den Bodenwert – finanziert durch Steuern.

B) Soziales Sicherungssystem & Umverteilung

  • Hohe Einkommen ermöglichen hohen Konsum → stärkt Immobilienmarkt.
  • Unternehmen profitieren von stabiler Gesellschaft → mehr Arbeitsplätze, höhere Löhne.
  • Sozialhilfe, Renten, Gesundheitsversorgung → sichert Grundbedürfnisse, wodurch Immobilien langfristig gefragt bleiben.

👉 Der Immobilienboom wäre ohne eine funktionierende Gesellschaft und stabile Wirtschaft nicht denkbar.


5. Was bedeutet das für die Besteuerung?

Da der Wert von Immobilien stark durch staatliche Investitionen und Marktentwicklungen steigt, ist es gerechtfertigt, dass der Staat über Steuern einen Teil dieses „gesellschaftlich geschaffenen“ Werts abschöpft.

Warum sind Grunderwerbsteuer, Grundsteuer & Schenkungssteuer sinnvoll?

  1. Gerechtigkeit: Wer von steigenden Werten profitiert, sollte auch zur Finanzierung öffentlicher Leistungen beitragen.
  2. Verhinderung von Spekulation: Hohe Bodenpreise machen Wohnen teuer. Steuern können Spekulationsgewinne begrenzen.
  3. Umverteilung für soziale Gerechtigkeit: Die Einnahmen fließen in Schulen, Straßen und Sozialprogramme – wovon auch Nicht-Eigentümer profitieren.

Wäre eine Bodenwertsteuer gerechter?

Einige Ökonomen (z. B. Henry George, Thomas Piketty) schlagen vor, den Bodenwert stärker zu besteuern und dafür andere Steuern (z. B. Lohnsteuern) zu senken.
Das würde Spekulation bremsen und den Immobilienmarkt fairer machen.


6. Fazit: Niemand hat sich hohe Immobilienwerte „erarbeitet“

  • Immobilienwerte entstehen nicht durch individuelle Leistung, sondern durch gesamtgesellschaftliche Entwicklungen.
  • Staatliche Investitionen, Wirtschaftswachstum, Infrastruktur und Demografie haben Bodenpreise in Bayern in die Höhe getrieben.
  • Bodenpreise steigen unabhängig von Gebäuden, weil Boden knapp ist und Spekulation den Markt antreibt.
  • Steuern auf Immobilien (z. B. Schenkungssteuer, Grundsteuer) sind daher gerechtfertigt, weil sie einen Teil des gesellschaftlich geschaffenen Werts abschöpfen.
  • Eine Bodenwertsteuer könnte gerechter sein als bestehende Steuern, indem sie spekulative Gewinne stärker erfasst.

👉 Niemand hat sich diese Immobilienpreise wirklich erarbeitet – sie sind ein Nebenprodukt von Wohlstand und Standortattraktivität.

Kann sich ein normaler Arbeiter heute noch eine Eigentumswohnung erarbeiten?

Die gängige Behauptung „Ein normaler Arbeiter kann sich heute keine Eigentumswohnung mehr leisten“ wird oft unhinterfragt übernommen. Doch stimmt das wirklich?

Ich werde das Argument in zwei Teilen beleuchten:

  1. Die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – wie hat sich das Verhältnis von Einkommen zu Immobilienpreisen entwickelt?
  2. Die Rolle der Lebensführung und Konsumansprüche – was wäre nötig, um eine Immobilie zu finanzieren, und warum tun es viele nicht?

1. Hat sich Wohneigentum objektiv verteuert?

Um die Frage zu beantworten, müssen wir vergleichen, wie sich Einkommen und Immobilienpreise über die letzten Jahrzehnte entwickelt haben.

A) Einkommensentwicklung vs. Immobilienpreise

  1. Löhne sind gestiegen, aber nicht im gleichen Tempo wie Immobilienpreise.
    • In den letzten 30 Jahren sind die Löhne in Deutschland durchschnittlich um ca. 60-80% gestiegen.
    • Immobilienpreise in attraktiven Regionen (z. B. Bayern, BW, Hamburg) haben sich jedoch mehr als verdreifacht.
    • Das Verhältnis zwischen Einkommen und Kaufpreis hat sich also verschlechtert.
  2. Zinsen haben das Bild stark verändert.
    • In den 1980er/90er Jahren waren Kreditzinsen oft bei 8-10%.
    • Heute liegen sie eher bei 3-4% (je nach Marktlage).
    • Folge: Ein höherer Immobilienpreis ist durch niedrigere Zinsen teilweise kompensiert worden.

B) Beispielrechnung: 1990 vs. 2024

🏡 Eigentumswohnung (80m²) in München

  • 1990: 250.000 DM (ca. 125.000 €)
  • 2024: 700.000 €
  • Einkommen eines Facharbeiters 1990: ca. 3.500 DM (1.800 € netto)
  • Einkommen eines Facharbeiters 2024: ca. 3.000 € netto

💰 Monatsrate für Kredit (30 Jahre, 10% Eigenkapital, Annuitätendarlehen)

  • 1990: 1.050 DM (~525 € bei 8% Zinsen) → 30% vom Einkommen
  • 2024: 2.800 € (~40% vom Einkommen bei 3,5% Zinsen)

👉 Fazit: Ja, Immobilien sind teurer geworden, aber sie sind nicht unfinanzierbar.


2. Die Rolle der Lebensführung: Wie viel Verzicht ist nötig?

Was heute oft vergessen wird: Frühere Generationen haben unter komplett anderen Bedingungen gespart und konsumiert.

A) Die Nachkriegsgeneration lebte extrem sparsam

  • Fast keine Urlaubsreisen (höchstens einmal im Jahr in die Berge oder an die Nordsee).
  • Ein Auto war Luxus – häufig teilte sich eine Familie eines oder fuhr mit dem Fahrrad.
  • Konsumverzicht war normal – Elektrogeräte wurden repariert, Möbel über Generationen genutzt.
  • Frauen blieben oft zu Hause – das bedeutete weniger Kosten für Kinderbetreuung, aber auch weniger Einkommen.

👉 Diese Generation konnte sich Immobilien leisten, weil sie schlicht sehr wenig ausgab.

B) Die heutige Generation hat andere Prioritäten

Moderne Haushalte geben viel mehr für Konsum aus, was Sparen für Eigentum erschwert:

  • Urlaub & Freizeit: Fernreisen, Wochenendtrips, Festivalbesuche – das war früher selten.
  • Mobilität: Größere Autos, Leasing statt Kauf, mehrere Fahrzeuge pro Haushalt.
  • Technologie: Ständig neue Smartphones, Streaming-Abos, Gaming-PCs – früher unvorstellbar.
  • Gastronomie & Lifestyle: Täglicher Kaffee für 5 €, regelmäßiges Essen gehen.

👉 Niemand zwingt Menschen zu diesem Lebensstil – sie entscheiden sich bewusst dafür.


3. Könnte man als Normalverdiener eine Wohnung kaufen?

Ja – aber nur mit bewussten Prioritäten und Verzicht auf manchen heutigen Lebensstandard.

Strategien, um eine Wohnung zu finanzieren:

  1. Einnahmen steigern
    • Weiterbildung, Berufserfahrung, Nebenverdienst (z. B. Selbstständigkeit oder Vermietung von Wohnraum).
  2. Ausgaben senken
    • Statt 2-3 Fernreisen pro Jahr: 1x alle 3 Jahre → spart Tausende Euro.
    • Statt großem Leasingauto: Kompaktwagen oder Carsharing → spart Hunderte Euro monatlich.
    • Weniger Restaurants, mehr Selbstkochen → reduziert Fixkosten deutlich.
    • Wohnen in günstigeren Lagen → Pendeln ist eine Möglichkeit, die frühere Generationen oft genutzt haben.

Beispiel: Sparpotenzial in 10 Jahren

Einsparung pro MonatJährliche EinsparungSumme nach 10 Jahren
1 Fernreise weniger1.500 €15.000 €
Auto statt Leasing3.000 €30.000 €
Weniger Restaurantbesuche2.000 €20.000 €
Keine unnötigen Abos500 €5.000 €
Gesamtersparnis7.000 €70.000 €

👉 Mit 70.000 € Eigenkapital ist der Wohnungskauf realistisch!


4. Fazit: Es liegt an den individuellen Entscheidungen

  • Ja, Immobilienpreise sind stark gestiegen, aber niedrige Zinsen gleichen das teilweise aus.
  • Nein, der normale Arbeiter ist nicht chancenlos – aber er muss Prioritäten setzen.
  • Frühere Generationen haben Eigentum erreicht, indem sie extrem sparsam lebten.
  • Moderne Generationen erwarten hohen Konsum, Luxusgüter und häufigen Urlaub – das ist der wahre Grund, warum viele sich keine Immobilie leisten können.

👉 Wer bereit ist, Verzicht zu üben, kann immer noch Wohneigentum erwerben – nur eben nicht mit vollem Lifestyle.