Synthese Snowden – Zuboff – Weiß Volker – Überwachungskapitalismus – Dienste – Permanent Record – Deutsches Demokratisches Reich

„KGB im Morgengrauen kommt und man schlaftrunken murmelt:
>Wer ist da?<, rufen sie oft: >Telegramm!<
Man macht im Halbschlaf weiter und versucht, nicht ganz aufzuwachen, damit man wieder in einen wohligen Traum zurückkehren kann.
Einen Moment, stößt man hervor, zieht sich die nächstbeste Hose an, kramt etwas Kleingeld hervor, um den Boten zu bezahlen, und öffnet die Tür. Was am meisten wehtut, ist nicht, dass sie es auf einen abgesehen oder dass sie einen so früh aus dem Bett geholt haben, sondern dass man wie ein kleiner Junge auf die Lüge mit dem Telegramm herein gefallen ist. Man presst das Kleingeld in der plötzlich schweißfeuchten Faust und hält die Tränen der Demütigung zurück.«[…]
Mehr Information sollte das gegenseitige Verständnis über Ländergrenzen hinweg fördern, aber es hat auch neue, verfeinerte Formen von Konflikt und Unterwanderung ermöglicht. Wir leben in einer Welt der Amok laufenden Massenbeeinflussung in der sich die Manipulationsmittel weiterentwickelt und vervielfacht haben ,einer Welt der Dark Ads, Psyops, Hacks, Bots, Soft Facts, Deepfakes, Fake News, IS, Putins Trolle, Trumps …“

Quelle: Das ist keine Propaganda, Peter Pomerantsev

Essay bzw. Debattenpapier, das die zentralen Aussagen und Positionen der Bücher von Edward Snowden, Shoshana Zuboff und Volker Weiß in einem kohärenten geopolitisch-ideologischen Kontext zusammenführt. Es wird die Rolle autoritärer Staaten, westlicher Geheimdienste, Technologieplattformen und ideologischer Sprachumdeutungen analysieren – inklusive konkreter Namen wie Elon Musk, Palantir, NSA, Telegram, Russland, China und Dubai.

Ich gebe dir Bescheid, sobald die Analyse vollständig vorliegt.

Digitale Überwachung, Kapitalismus und autoritäre Ideologien – eine Synthese der Gegenwartsanalyse

Einleitung

Die digitale Revolution hat eine neue Ära der Überwachung und Ideologiekämpfe eingeläutet.
Edward Snowden enthüllte in Permanent Record ein globales System staatlicher Massenüberwachung, das unter dem Banner der Sicherheit errichtet wurde.
Shoshana Zuboff prägte den Begriff Überwachungskapitalismus, um zu beschreiben, wie Tech-Konzerne private menschliche Erfahrungen als Rohstoff ausbeuten.
Volker Weiß zeigt in Das Deutsche Demokratische Reich, wie die extreme Rechte Sprache und Geschichte strategisch umdeutet, um Demokratie zu delegitimieren und autoritäre Ziele zu fördern.

Dieses Essay verknüpft die zentralen Themen – digitale Überwachung, Überwachungskapitalismus, autoritäre Ideologien und die Umcodierung von Sprache/Geschichte – zu einer geopolitisch-ideologischen Gegenwartsanalyse.

Sowohl autoritäre Regime (Russland, China, Golfstaaten)
als auch
westliche Akteure (Geheimdienste, Thinktanks, Big Tech) bedienen sich psychopolitischer Propaganda und Sprachlenkung, um Macht zu festigen. Im Folgenden werden die Mechanismen und Verbindungen dieser Entwicklungen herausgearbeitet.

Digitale Totalüberwachung und das Narrativ der Sicherheit

Nach den Terroranschlägen von 2001 etablierten westliche Regierungen beispiellose Überwachungsprogramme im Namen der nationalen Sicherheit. Snowden deckte auf, dass die US-Regierung ohne Wissen der Bevölkerung ein globales System der Massendatenerfassung aufgebaut hatte.
Programme der NSA sammelten Telefon-, E-Mail- und Internetdaten von Millionen Bürgern weltweit
(nur die Metadaten, allerdings gab und gibt es via Xkeyscore und etliche andere Tools dann Zugriffe auf den kompletten Datenbestand eines Users, inkl geheimer Mikrofon/Kameraaktivierung Zugriff auf alles was auf den Plattformen auch als Nicht Öffentlich einsehbar sein sollte)
– ein permanenter digitaler Fußabdruck jedes Individuums entstand. (Verizon PrecisionID)

Dieses Narrativ der Sicherheit diente als Rechtfertigung, grundlegende Freiheitsrechte auszuhöhlen. Wie Snowden schreibt, erfolgte dies
“ohne das Wissen oder die Zustimmung der Bürger”.
Erst die Enthüllungen lösten Reformen wie den USA Freedom Act 2015 aus, der die anlasslose Sammlung von Telefondaten formell einschränkte. Gleichzeitig wuchs das öffentliche Bewusstsein, dass nicht nur Staaten, sondern
auch private Konzerne wie Facebook, Amazon oder Google Unmengen persönlicher Daten sammeln – eine entscheidende Erkenntnis, die zu Zuboffs Überwachungskapitalismus führt.

Überwachungskapitalismus bezeichnet ein neues Wirtschaftsmodell, in dem Tech-Unternehmen unser Verhalten als Rohstoff für Profit verwerten.
Laut Zuboff beanspruchen Konzerne einseitig private Erlebnisse und wandeln sie in Verhaltensdaten um, um daraus Vorhersageprodukte zu erstellen.
(Psychogramme in Form von Datenpunkten)
Diese werden auf Verhaltens-Futures-Märkten verkauft – etwa an Werbekunden, die wissen wollen, was wir demnächst kaufen oder tun. Google entdeckte früh, dass Nutzer der massenhaften Datensammlung niemals ausdrücklich zustimmen würden; daher geschieht sie hinter unserem Rücken, im Einwegspiegel-Verhältnis.
Wir blicken in bunte digitale Dienste, während Unternehmen uns durchleuchten und steuern – unsichtbar und unangefochten. Dieses System untergräbt laut Zuboff die Autonomie des Individuums und letztlich auch die Demokratie. Denn die Macht über Informationen und ihre Interpretation verschiebt sich hin zu privaten Monopolen, die unsere Wahrnehmungen modulieren können.
(wir vergessen zu Fragen, wer? wer entscheidet? und wer entscheidet, wer entscheidet?)

Staatliche Überwachung und Überwachungskapitalismus sind dabei oft verflochten. Snowden zeigte, wie Geheimdienste auf die Daten der Tech-Giganten zugreifen
(Stichwort: PRISM/Xkeyscore/heartbeat/epicshelter –> nicht unbedingt danach Googeln 😉 ).
Firmen wie Palantir, vom CIA-Investmentarm In-Q-Tel mitfinanziert, dienen als Bindeglied: Palantirs Software aggregiert gewaltige Datenmengen aus öffentlichen und geheimdienstlichen Quellen, um zukünftiges Verhalten vorherzusagen – ganz im Sinne von “Minority Report”.
So arbeiten Sicherheitsbehörden und Silicon-Valley-Unternehmen Hand in Hand an einem präventiven Überwachungsnetz. Palantir rühmt sich,
“alles, was du tust, zu beobachten und vorauszusagen, was du als Nächstes tun wirst, um es verhindern zu können”.
(Soll in BY eingesetzt werden)

Im Ergebnis entstehen neue Machtallianzen:
Ein militärisch-industrieller-Digital-Komplex, in dem staatliche Stellen und Konzerne jeweils von den Daten und Technologien des anderen profitieren.
Während autoritäre Regime ihre Überwachungsapparate
zentralistisch (China/Ru/Dubai etc)betreiben, vollzieht sich
im Westen eine subtilere Fusion aus kommerzieller Datenausbeutung und staatlicher Sicherheitspolitik.

Autoritäre Ideologien und die Umdeutung von Geschichte

Parallel zur digitalen Durchleuchtung vollzieht sich ein ideologischer Kampf um die Deutungshoheit von Sprache und Geschichte.
Volker Weiß dokumentiert, wie neurechte und rechtsextreme Bewegungen gezielt historische Narrative uminterpretieren, um ihre Agenda zu legitimieren. Nach ihrem Weltbild definiert die Vergangenheit die Identität der Gegenwart; daher müssen unbequeme historische Fakten (z. B. zu Kriegsschulden oder NS-Verbrechen) verdrängt oder verdreht werden.
Zweifel an den “heroischen Taten der Vorfahren” sollen zerstreut oder gänzlich aus dem Diskurs verbannt werden.
Weiß spricht von einer “Überschreibung und Umdeutung des Historischen”, mit der massiv Politik gemacht wird. So reklamieren etwa AfD-Ideologen die Erinnerung an das “Deutsche Reich” und stilisieren es zum vermeintlich demokratischen Urzustand – eine geschichtsrevisionistische Konstruktion, die dem Buchtitel “Deutsches Demokratisches Reich” ihren sarkastischen Unterton verleiht.

Eine zentrale Strategie der Neuen Rechten ist laut Weiß die „subversive Resignifikation“ – also „alte“ Begriffe neu zu besetzen und mit gegenteiliger Bedeutung aufzuladen.
(Umcodierung)
Dieses spielerische Umetikettieren von Konzepten, das ironischerweise an die von Rechts verhasste postmoderne Linke erinnert, hat sich als äußerst wirkungsvolle Waffe erwiesen. Beispiele dafür sind Versuche, den Nationalsozialismus als linke Bewegung umzudeuten, um ihn von der eigenen rechten Ideologie zu trennen.
Oder Begriffe wie “Patriotismus” und “Freiheit” werden von Rechtsaußen in einer Weise gebraucht, die intolerante, antipluralistische Politik als Verteidigung der Freiheit darstellt. Letztlich – so das Fazit von Weiß – gehe es den selbsternannten Bewahrern von Tradition vor allem um eines: Machtgewinn.
Indem sie Geschichte verfälschen und Sprache verzerren, schaffen sie ein ideologisches Fundament, das autoritäre Herrschaft im demokratischen Gewand rechtfertigen soll.

Solche Muster der Geschichtsklitterung und Sprachverdrehung finden sich nicht nur am rechten Rand in Deutschland, sondern weltweit. Autoritäre Regime betreiben systematisch Erinnerungspolitik: In Russland wird die Sowjetzeit verklärt und die eigene Rolle im Zweiten Weltkrieg heroisiert, während Verbrechen oder Misserfolge ausgeblendet werden. In China wird die Vergangenheit durch die Kommunistische Partei kuratiert – Narrative vom “Jahrhundert der Demütigung” bis zur triumphalen Erneuerung untermalen den Machtanspruch der Partei.
Geschichte wird zur Waffe, um Gegenwartsansprüche zu legitimieren. Zugleich werden Begriffe der liberalen Ordnung umgedeutet: Autokraten nennen ihr System gerne “gelenkte” oder “souveräne Demokratie”, obwohl echte demokratische Substanz fehlt. Diese bewusste Sprachpolitik verwischt die Grenzen zwischen demokratischer Rhetorik und diktatorischer Realität.

Ein Zitat von FJS, 1970er, von mir erweitert auf 201X

Obwohl wir uns nicht im Kampf um Begriffe, im Kampf um die Sprache von den Sozialisten (heute russische Bots, Trolle, PR-Agenten, Propagandisten) verdrängen lassen dürfen, den Rückschlag der 69/70er Jahre haben wir nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken, dass die anderen sich der Sprache bemächtigt haben, die Sprache als Waffe benutzt haben.
Begriffe herausgestellt, mit anderem Inhalt gefüllt haben und dann auf einmal als Wurfgeschosse gegen uns, nicht ohne Erfolg, verwendet haben.
Darum ist für mich
der Kampf um die Sprache eine der wesentlichen Voraussetzungen für die geistige Selbstbehauptung.

Autoritäre Staaten: Narrative und digitale Kontrolle

Auf globaler Ebene treten autoritäre Mächte selbstbewusst mit eigenen Narrativen und ausgefeilten Überwachungssystemen auf.
Russland unter Wladimir Putin etwa propagiert eine Mischung aus Nationalismus und russisch-orthodoxer Glaubenslehre als ideologischen Kern. Nach dem Zerfall der Sowjetunion ersetzte Putin die überholte Klassenideologie durch einen “großrussischen Patriotismus mit orthodoxem Kern”.
Staat und Kirche gingen eine enge Allianz ein: Die orthodoxe Kirche legitimiert den Führungsanspruch des Kreml, segnet Staatsgebäude, Militär und sogar atomare Waffensysteme feierlich ein. Im Gegenzug übernimmt der Staat Kirchenpositionen – etwa die Ablehnung westlicher “dekadenter Errungenschaften” wie Liberalismus und Meinungsfreiheit. Putin stilisiert Russland als Bollwerk konservativer Werte gegen einen angeblich morallosen Westen. Dieses Narrativ rechtfertigt nach innen Repression (gegen LGBT+, Oppositionelle als “unpatriotisch”) und nach außen eine aggressive Geopolitik. So wurde die Invasion in der Ukraine als heiliger Kampf zur “Entnazifizierung” umgelogen – während in Russland per Gesetz verboten ist, überhaupt von “Krieg” zu sprechen. Wer die Militäroperation beim Namen nennt, riskiert jahrelange Haft. Das Regime kontrolliert Information streng, ob durch staatliche Medien, Internetzensur oder die Inhaftierung kritischer Journalisten. Digitale Technologien wie Gesichtserkennung bei Protesten oder Massenüberwachung der Kommunikation (von Snowden mitaufgedeckt) dienen dazu, Dissens im Keim zu ersticken.

China treibt die Vision des totalen Überwachungsstaats technisch noch weiter. Mit Hunderten Millionen Kameras und KI-Systemen perfektioniert die Kommunistische Partei ein dichtes Netz digitaler Kontrolle. Bereits heute werden online- wie offline-Aktivitäten der Bürger erfasst: Ein Sozialkreditsystem bewertet die “Vertrauenswürdigkeit” jedes Einzelnen anhand von Daten aus sozialen Medien, Einkaufsverhalten und Verhalten im öffentlichen Raum. Wer regierungskritische Posts wagt oder “unerlaubte” Inhalte teilt, dessen Score sinkt – mit spürbaren Folgen wie Reisebeschränkungen oder langsamem Internet. Gleichzeitig registrieren Überwachungskameras und Gesichtserkennung jeden Schritt im Alltag: selbst das Überqueren der Straße bei Rot kann erfasst und als Verstoß notiert werden. Diese allgegenwärtige Datenerhebung, gekoppelt mit KI-Auswertung, ermöglicht der Partei, ein detailliertes Profil aller Bürger zu erstellen. Das Narrativ dazu lautet Stabilität und Sicherheit: Offiziell soll die Überwachung für “Harmonie” sorgen und Kriminalität verhindern. In Wahrheit dient sie der sozialen Disziplinierung und Absicherung der Parteiherrschaft. Abweichende Meinungen werden als Gefahr für die Ordnung gebrandmarkt – so rechtfertigt Peking die Masseninternierung der muslimischen Uiguren in Xinjiang als Anti-Terror-Maßnahme, begleitet von kompletter Überwachung jeder Kommunikation der dortigen Bevölkerung. Chinas Modell eines techno-autokratischen Überwachungsstaates wird offensiv als alternativer Entwicklungsweg angepriesen, der wirtschaftlichen Fortschritt ohne westliche Demokratie verspricht.

Auch die Golfstaaten haben sich digitale Kontrolle zunutze gemacht, um autoritäre Strukturen zu sichern. Regime wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate investieren massiv in Spähsoftware und Cyber-Spionage. Westliche und israelische Firmen liefern die Tools: So nutzte Saudi-Arabien laut Ermittlungen die israelische Pegasus-Spyware, um Dissidenten selbst im Exil auszuspionieren. Oppositionelle im Ausland – und sogar ihre Familien daheim – wurden gehackt und überwacht. Solche Fälle zeigen, wie Golfmonarchien keine Grenzen scheuen, um Kritik zum Schweigen zu bringen. Nach innen kombinieren sie rigorose Internetzensur mit allgegenwärtiger physischen Überwachung durch Geheimdienste. Zugleich pflegen sie ein Narrativ der autoritären Modernisierung: Man gibt sich weltoffen (Mega-Städte, Großevents, teilweises Social-Media-Marketing durch Influencer), jedoch bleibt politische Partizipation tabu. Jede Forderung nach Reform wird als Bedrohung der nationalen Einheit oder religiösen Ordnung diffamiert. Die Legitimation stützt sich einerseits auf traditionelle Autorität (monarchische oder religiöse), andererseits auf das Versprechen von Sicherheit und Wohlstand für die loyale Bevölkerung. High-Tech-Überwachung wird dabei als Mittel dargestellt, um Terrorismus und Unruhen zu verhindern – faktisch überwacht sie aber auch Frauenrechtlerinnen, Journalisten oder Minderheitenaktivisten. Die Golfstaaten demonstrieren so eindrücklich, dass digitale Dystopien nicht nur in säkularen Großmächten, sondern auch in streng konservativ geprägten Gesellschaften Einzug halten, wenn es der Machterhaltung dient.

Westliche Akteure: Sicherheitsapparat, Tech-Konzerne und Narrative

Doch auch westliche Demokratien sind nicht immun gegen Überwachungsbestrebungen und ideologische Narrative – nur treten diese subtiler und pluralistischer auf. Nach 2001 bauten die USA und ihre Verbündeten einen Sicherheitsapparat aus Geheimdiensten, militärischen Cyber-Einheiten und Spezialgesetzen auf, der viele Freiheiten beschränkte. Die NSA betrieb unter dem Schlagwort “War on Terror” lange eine nahezu unkontrollierte globale Datenerfassung. Westliche Regierungen argumentierten, totale Überwachung sei nötig, um Anschläge zu verhindern – ein Narrativ, das die Bevölkerung oft aus Angst akzeptierte. Begleitet wurde dies von sprachlichen Neubewertungen: Folter hieß plötzlich “erweiterte Verhörmethode”, entführte Terrorverdächtige wurden in “schwarze Sites” gebracht, und ein umfassendes Abhörgesetz nannte man beschönigend Patriot Act. Diese Sprachregelungen dienten dazu, harte Eingriffe als vernünftige Schutzmaßnahmen erscheinen zu lassen. Geheimdienste wie die CIA beeinflussten zudem aus dem Verborgenen Medien und öffentliche Meinungen – man denke an Desinformationskampagnen im Kalten Krieg oder an gezielte Leaks, um bestimmte Narrative zu stützen. Westliche Thinktanks und Lobbygruppen spielen ebenfalls eine Rolle: Sie formulieren strategische Bedrohungsanalysen (etwa über chinesische oder russische Einflussnahme) und schlagen Politikmaßnahmen vor, die nicht selten eine Ausweitung von Überwachungsbefugnissen oder Militärausgaben bedeuten. Dadurch prägen sie Diskurse in Politik und Medien, oft finanziert von Regierungen oder Großspendern mit Eigeninteressen. Hier verschwimmen mitunter aufklärerische Absicht und interessengeleitete Propaganda.

Vor allem aber haben im Westen private Tech-Konzerne eine beispiellose ideologische und gesellschaftliche Macht erlangt. Plattformen wie Twitter (X), Facebook oder YouTube wurden zu zentralen Arenen der öffentlichen Meinungsbildung – doch sie werden von profitorientierten Unternehmen kontrolliert. Lange inszenierte sich das Silicon Valley als progressive Kraft, die Vernetzung und Meinungsfreiheit fördere. In Realität folgen die Algorithmen oft ökonomischen Logiken, die Polarisierung und Empörung begünstigen, weil extreme Inhalte mehr Interaktionen bringen. Der Fall Twitter unter Elon Musk illustriert, wie ein mächtiger Tech-Milliardär eine Plattform nach seinen Vorstellungen umformen kann: Musk begründete die Übernahme von Twitter 2022 damit, er wolle die “Redefreiheit” retten und eine „digital Townhall“ für die Demokratie schaffen. Doch zwei Jahre später wurde deutlich, dass Redefreiheit à la Musk vor allem ungefilterte Verbreitung von Desinformation und rechten Inhalten bedeutete. Musk selbst verstärkte über seinen Account irreführende Beiträge zu Migration, Wahlen oder Covid, oft garniert mit Memes und polemischen Untertönen. Gesperrte rechtsextreme Profile kehrten zurück, während kritische Journalisten zeitweise verbannt wurden – all dies unter dem Banner der „freien Meinungsäußerung“. Das Beispiel zeigt, wie ein ursprünglich progressiv aufgeladenes Ideal (freie Rede) zum Schutzschild für fragwürdige Inhalte und Machtinteressen umgedeutet werden kann.

Zugleich kooperieren große Tech-Firmen oft eng mit dem Staat. Amazon stellt Cloud-Dienste für Geheimdienste bereit; Google arbeitete an KI-Projekten für das Pentagon; Microsoft und Palantir liefern Datenanalysetools an Polizei und Militär. Diese technokratischen Allianzen werden von Beteiligten als notwendig für nationale Sicherheit oder Fortschritt dargestellt. Kritiker warnen jedoch, dass hier eine unkontrollierte Parallelmacht entsteht. Die Konzerne verfügen über intime Daten von Milliarden Menschen und über die Infrastruktur der Kommunikation – und nutzen dies, um politische Entscheidungen zu beeinflussen.
Der Skandal um Cambridge Analytica (Robert mercer und Medallion Fonds suchen) zeigte, wie Facebook-Daten ohne Wissen der Nutzer für gezielte Wahlbeeinflussung eingesetzt wurden. Mit psychologischen Profilen wurde versucht, Wähler in den USA und Großbritannien zu manipulieren – ein Lehrstück in Informationskrieg made in Silicon Valley. Gleichzeitig engagieren sich
Tech-Giganten in Lobbyarbeit gegen Datenschutzgesetze und für schwache Regulierungen, oft verpackt in positiver PR-Sprache.
Google etwa versprach einst “Don’t be evil” als Motto, während es ins Visier geriet, weil es über ein geheimes Projekt (Dragonfly) an einer zensierten Suchmaschine für China arbeitete – was im Widerspruch zu den propagierten Werten stand. Solche Widersprüche zwischen Schein und Sein illustrieren einen pseudoprogressiven Habitus: man gibt sich weltverbesserisch, nutzt aber intransparent Macht zu eigenem Vorteil.
(Anmerkung: Das Motto von Google ist auch längst entfernt)

Psychopolitik und Propaganda: Sprachlenkung und Inszenierung

Sowohl autoritäre Regime als auch demokratische Gesellschaften unterliegen heute ausgefeilten psychopolitischen Einflussstrategien. Informationen sind zur Waffe geworden, die Herzen und Hirne der Menschen gezielt anspricht. Einige zentrale Muster sind erkennbar:

  • Sprachumcodierung und Euphemismen: Durch manipulative Sprache werden Sachverhalte ideologisch aufgeladen oder verschleiert. Autokraten beherrschen diese Kunst: So durfte in Russland der Krieg gegen die Ukraine offiziell nur als “spezielle Militäroperation” bezeichnet werden. Das Wort Krieg – und damit die Realität des Geschehens – wurde verbannt. In westlichen Demokratien gibt es ähnlich gelagerte Sprachspiele, wenngleich subtiler: Militärschläge heißen “humanitäre Intervention”, staatliche Überwachung verkauft man als “Sicherheitsvorsorge”. Neurechte Akteure framen antifaschistischen Protest als “Terror”, während sie selbst sich als “Patrioten” oder “Bürgerbewegung” labeln, egal wie extrem ihre Positionen sind. Indem Begriffe umdefiniert werden, verändern sich die Denkmuster. Wer Kontrolle über die Sprache hat, formt die Realität in den Köpfen.
  • Informationskriegsführung und Desinformation: Globale Akteure führen einen ständigen Kampf um die Wahrheitshoheit. Russland etwa betreibt seit Jahren gezielte Desinformationskampagnen, um westliche Gesellschaften zu destabilisieren. Bei der US-Wahl 2016 lancierte der Kreml eine breit angelegte Einflussoperation, die von Hackerangriffen (DNC-Leaks) bis zu millionenfachen Social-Media-Posts reichte. Russische Trolle gaben sich in Online-Netzwerken als Amerikaner aus, schürten gleichzeitig extrem rechte und linke Narrative, um Gräben zu vertiefen. Sogar gegensätzliche Proteste (für und gegen z.B. Black Lives Matter) wurden unwissentlich von russischen Akteuren orchestriert. Das Ziel: maximale Spaltung und Schwächung der Demokratie. China seinerseits flutet internationale Plattformen mit staatsfreundlichen Botschaften, sei es durch staatliche Medien oder Armeen von Bots und bezahlten Kommentatoren (die “50-Cent-Armee”). Westliche Staaten versuchen inzwischen zurückzuschlagen, indem sie Desinformations-Abwehrzentren einrichten und eigene Narrative in autoritäre Staaten senden (Radio Free Europe etc.). Doch die Unterscheidung zwischen legitimer Öffentlichkeitsarbeit und Propaganda verschwimmt. In der Ära sozialer Medien kann jeder Akteur – vom Geheimdienst bis zum Einzelgänger – Falschinformationen verbreiten, die sich rasend schnell viral verbreiten. Diese Informationskriegführung untergräbt die Möglichkeit eines gemeinsamen Realitätssinns: Bürger leben in getrennten Wahrnehmungsblasen, was demokratischen Diskurs enorm erschwert.
  • Populistische Inszenierung und emotionale Mobilisierung: Populisten verstehen es, die Mechanismen der Mediengesellschaft zu nutzen, um Anhänger zu binden und Themen zu setzen. Sie erzeugen vereinfachende Gut-gegen-Böse-Narrative, personifizieren komplexe Probleme in Form von Sündenböcken (Migranten, “die Eliten”, ausländische Mächte) und stilisieren sich selbst als Erlöserfigur. Solche Inszenierungen funktionieren über starke Bilder und wiederholte Slogans: Ein Donald Trump etwa schuf mit “Make America Great Again” ein Meme, das Nostalgie und Ressentiment bündelte; gleichzeitig bezeichnete er kritische Medien pauschal als “Fake News”, um sich der Kontrolle zu entziehen. In Europa nutzt eine Figur wie Marine Le Pen professionell soziale Medien und TV-Auftritte, um Volksnähe zu demonstrieren, während hinter den Kulissen alte Elitenverbindungen bestehen. Auch scheinbar partizipative Formate – Twitter-Umfragen, Facebook-Livestreams – werden von Populisten gerne eingesetzt, um den Eindruck direkter Demokratie zu erwecken, die sie in Wahrheit geschickt steuern. Diese Performanz der Volkstümlichkeit überdeckt oft einen autoritären Kern: Indem man sich auf “das Volk” beruft, werden Oppositionsgruppen oder Minderheiten als nicht zum wahren Volk gehörig abgestempelt und damit ihrer Legitimität beraubt. Visuelle Symbole (Nationalflaggen in Massenaufmärschen, präsidiale Posen) und das Schüren von Angst oder Stolz übernehmen die Führung, rationale Debatten treten in den Hintergrund. So entsteht eine politisierte Gefühlsgemeinschaft, die anfällig ist für autokratische Lösungen.

In all diesen Fällen – Sprachregelung, Desinformation, Inszenierung – geht es im Kern darum, Wahrnehmung zu kontrollieren. Technik und Plattformen spielen dabei die Rolle von Verstärkern. Algorithmen können Empörung gezielt hochkochen lassen; Filterblasen isolieren Menschen in Echokammern; Big-Data-Analysen ermöglichen maßgeschneiderte Botschaften an unterschiedlichste Zielgruppen (Microtargeting). Die psychologische Dimension ist zentral: Es geht darum, Ängste, Vorurteile und Sehnsüchte anzusprechen, um Zustimmung oder zumindest Resignation zu erzeugen. So wird Macht nicht allein mit Gewalt gesichert, sondern durch das Gewinnen der Köpfe. Wie Byung-Chul Han es in Psychopolitik formulierte, ersetzt die subtile Führung der Seele zunehmend die offene Repression – die Menschen fühlen sich frei, während sie doch lenkbarer geworden sind.

Unerwartete Allianzen: Neue Rechte, Konservative, Technokraten und Pseudoprogressive

Angesichts dieser Dynamiken entstehen mitunter ungewöhnliche Verbindungen über ideologische Lager hinweg.
Akteure, die oberflächlich gegensätzlich scheinen, finden sich in gemeinsamen Zielen oder Feindbildern vereint.
(Anmerkung: sogenannte Querfront)

Im aktuellen Diskurs lassen sich Überschneidungen beobachten zwischen:

  • Neuer Rechte und autoritären Regimen: Rechtsnationale Bewegungen in Europa und den USA bewundern oft “starke Führer” im Ausland. Putin etwa gilt vielen europäischen Rechtsaußen als Verteidiger traditioneller Werte gegen den Liberalismus. Finanzielle und ideelle Verbindungen sind nachgewiesen – von russischen Krediten für französische und italienische Rechtsparteien bis zu Social-Media-Kampagnen, die westliche Rechtspopulisten fördern. Beide Seiten teilen anti-liberale, anti-pluralistische Haltungen: Sie wettern gegen Feminismus, LGBTQ-Rechte, Migration und „Globalisten“. Ein Teil der deutschen extremen Rechten hoffte sogar offen auf ein Bündnis mit Putins Russland gegen den „dekadenten Westen“. Diese Allianz speist sich auch aus Verschwörungserzählungen (etwa der Vorstellung einer verschwörischen liberalen Elite), die sowohl von Moskaus Propaganda als auch von westlichen Rechtsintellektuellen verbreitet werden.
  • Konservativen Establishments und rechtspopulistischen Strömungen: In einigen Fällen hat das traditionelle konservative Lager Anleihen bei der neuen Rechten genommen. Aus Angst, Wähler an extreme Parteien zu verlieren, übernehmen gemäßigte Parteien rhetorische Versatzstücke – man denke an Migrationsthemen, wo sich der Diskurs deutlich nach rechts verschoben hat. In den USA wurde die Republikanische Partei durch Trump faktisch zur rechtspopulistischen Bewegung, wobei ehemals konservative Werte (freie Marktwirtschaft, internationale Allianzen) teilweise aufgegeben wurden zugunsten nationalistischer, isolationistischer Töne. Diese Entgrenzung nach rechts hat eine Normalisierung autoritärer Rhetorik zur Folge. Umgekehrt bedienen sich aber auch linke Regierungen manchmal konservativer Sicherheitsrhetorik, wenn es opportun erscheint (z. B. starker Polizeieinsatz gegen Protestbewegungen). Die Grenze zwischen der Verteidigung legitimer Ordnung und illiberalen Maßnahmen wird fließend.
  • Technokraten und autoritäre Modernisierer: Eine weniger augenfällige Verbindung besteht zwischen technokratischen Eliten – oft Wirtschaftsführer, Bürokraten oder Wissenschaftler – und autoritären Tendenzen. Technokraten betonen Effizienz, Ordnung und Expertenherrschaft. Sie neigen dazu, öffentliche Beteiligung als hinderlich zu betrachten.
    Dieses Denken kann sich mit autoritären Systemen decken, die ebenfalls auf “Kompetenz statt Chaos” pochen. Chinas Modell beispielsweise wird von manchen westlichen Managern oder Politikern insgeheim bewundert: die Fähigkeit, große Projekte ohne demokratische Hürden durchzuziehen (Smart Cities, Mega-Infrastruktur) oder eine Bevölkerung “rational” per Datenauswertung zu steuern. Auch im Silicon Valley existiert eine Strömung („Solutionism“), die glaubt, dass gesellschaftliche Probleme am besten durch Algorithmen und Expertengremien gelöst werden – demokratische Debatten erscheinen da als veraltetes Gefasel. Solche technokratischen Visionen laufen Gefahr, demokratische Prozesse auszuhöhlen. Wenn komplexe politische Fragen rein als technische Verwaltungsakte definiert werden, können autoritäre Maßnahmen leicht als “alternativlos” verkauft werden.
  • Pseudoprogressiven Kräften und Kontrollregimen: Nicht zuletzt gibt es Akteure, die sich progressiv geben, aber autoritäre Praktiken unterstützen, solange es ihrer Agenda dient. Beispiele sind etwa einige Teile der radikalen Linken im Westen, die autokratische Regime wie Venezuela, Syrien oder Russland verteidigen, weil diese anti-westliche Rhetorik bedienen – hier wird Antifaschismus oder Antiimperialismus vorgeschoben, um brutale Machthaber reinzuwaschen. Auch manche Bewegungen, die mit dem Label „fortschrittlich“ auftreten, können intolerante Züge tragen: etwa wenn im Namen der politischen Korrektheit Debattenräume so eng gezogen werden, dass eine neue Form von Meinungskontrolle entsteht. Große Konzerne geben sich ebenfalls oft betont progressiv (Regenbogen-Logos, Diversity-Initiativen), während sie parallel Arbeiterrechte beschneiden oder mit Diktaturen Geschäfte machen. Dieses Phänomen eines Scheinfortschritts kaschiert autoritäre Tendenzen mit dem Anstrich des Guten. So werden etwa Überwachungsmaßnahmen als “Förderung der öffentlichen Gesundheit” (Covid-Tracking) oder “Schutz vor Hass” (Uploadfilter) verkauft – Ziele, denen viele progressive Menschen zustimmen würden. Doch gleichzeitig wächst dadurch der Apparat der Kontrolle. Pseudoprogressiv ist demnach, wer die Sprache der Freiheit und des Fortschritts nutzt, um zustimmungsfähig zu machen, was faktisch Freiheitsrechte einschränkt.

Diese Konvergenzen zeigen: Die klassische Links-rechts-Einteilung gerät ins Wanken, wenn es um Grundfragen von Macht und Kontrolle geht. Extreme Ränder berühren sich (Horseshoe-Theorie), und Eliten aller Couleur – ob neurechts, neoliberal oder schein-links – sichern letztlich lieber ihren Einfluss, als echte demokratische Teilhabe zu riskieren. Was sie vereint, ist ein Misstrauen in die Selbstbestimmung der Massen und die Versuchung, die Massen zu lenken. Mal geschieht das offen mit harter Hand, mal paternalistisch versteckt hinter wohlklingenden Absichten. Für die Bevölkerung wird es immer schwieriger zu durchschauen, wann sie es mit legitimer Schutzpolitik oder echter Fortschrittlichkeit zu tun hat – und wann nur Narrative instrumentalisiert werden, um Macht zu zementieren.

Fazit

Die Analyse der Gegenwart anhand von Snowden, Zuboff und Weiß offenbart ein beunruhigendes Gesamtbild: Wir leben in einer Zeit, in der Totaleüberwachung und ideologische Manipulation Hand in Hand gehen. Autoritäre Regime in Ost und West unterscheiden sich zwar in Rhetorik und Selbstdarstellung, aber beide Seiten haben gelernt, digitale Technologien und Narrative für ihre Machtsicherung zu nutzen. Auf der einen Seite stehen offene Diktaturen, die mithilfe von High-Tech-Überwachung und zynischer Geschichtspropaganda ihre Bevölkerung kontrollieren. Auf der anderen Seite agieren formale Demokratien, in denen teils im Verborgenen ein Geflecht aus Geheimdiensten, Big Tech und politischen Interessengruppen entsteht, das ebenfalls an der stillen Akkumulation von Macht arbeitet – oft unter dem Deckmantel von Sicherheit, Komfort oder Fortschritt.

Was bedeutet das für die liberale Demokratie? Die Befunde der drei Autoren liefern Warnungen und Ansatzpunkte zugleich. Snowden mahnt, dass eine Gesellschaft, die Freiheit für vermeintliche Sicherheit opfert, am Ende beides verliert – Transparenz und demokratische Kontrolle über die Überwacher sind unerlässlich. Zuboff fordert ein Erwachen der Zivilgesellschaft gegenüber den Mächten des Überwachungskapitalismus: Ohne Regeln, die unsere digitalen Rechte schützen, drohen wir zu Datenvieh in einer „Instrumentarismus“-Diktatur des Marktes zu werden. Weiß schließlich macht deutlich, dass Demokratie nicht nur eine Frage von Institutionen ist, sondern von Narrativen und Erinnerung: Wenn wir zulassen, dass Rechte und Autoritäre die Geschichte umschreiben und Begriffe kapern, dann verlieren wir den geistigen Boden, auf dem demokratisches Bewusstsein steht.

Die Gegenwart ist geprägt von einem Wettlauf um die Deutungshoheit – über Daten, über Wörter, über Wahrheit. Beide geopolitischen Lager werfen sich gegenseitig Manipulation und Kontrolle vor, während sie selbst ähnliche Methoden anwenden. Für Bürgerinnen und Bürger weltweit ergibt sich die Herausforderung, diese Mechanismen zu durchschauen und zurückzudrängen. Es gilt, digitale Freiheitsrechte zu verteidigen, ohne naiv gegenüber realen Bedrohungen zu sein; Meinungsvielfalt zu bewahren, ohne Desinformation hilflos ausgesetzt zu bleiben; Sicherheit zu gewährleisten, ohne in Überwachung und Ausnahmezustand zu verfallen. Kurzum: Die offene Gesellschaft muss in Zeiten allgegenwärtiger Überwachung und ideologischer Zersetzung neu erstritten werden.

Die Synthese der Werke von Snowden, Zuboff und Weiß zeigt uns dabei, dass die Probleme zwar hochkomplex und global verknüpft sind, aber auch Ansatzpunkte für Widerstand bieten. Aufklärung über die Machenschaften – sei es die NSA-Programme, die Geschäftsmodelle der Datengiganten oder die historischen Lügen der Neuen Rechten – ist der erste Schritt. Sprache bewusst verwenden, Begriffe nicht kampflos überlassen, Fakten prüfen und laut aussprechen, wenn Kaiser neue Kleider tragen – all das sind Mittel, um der Umdeutung der Realität entgegenzutreten. Ebenso wichtig ist der politische Wille, Transparenz und Verantwortlichkeit in den Machtzentren (Staat wie Konzerne) einzufordern. Anstatt uns in “West vs. Ost”-Blöcken aufzureiben, sollten demokratische Kräfte weltweit zusammenarbeiten, um einen dritten Weg zu stärken: einen Weg, der Technologie und Sicherheit im Dienst der Freiheit einsetzt, nicht zu deren Aushöhlung.

Letztlich erinnert uns diese Analyse an einen alten Grundsatz: Wissen ist Macht – aber Macht über Wissen (und seine Verbreitung) ist die Supermacht unserer Zeit. Die Lektion aus Snowden, Zuboff und Weiß könnte lauten: Behaltet die Kontrolle über euer Wissen, eure Daten und eure Geschichte, denn sonst wird jemand anders die Kontrolle darüber übernehmen – und damit die Kontrolle über euch. Nur durch Wachsamkeit, kritisches Denken und den Mut, für offene Information und offene Gesellschaften einzustehen, lässt sich die systematische Umdeutung unserer Welt verhindern. Die Verteidigung der Freiheit ist im digitalen Zeitalter zu einer Frage von Bytes und Narrativen geworden – und sie geht uns alle an.

Quellen: Snowden (2019); Zuboff (2018); Weiß (2025) u. a.