Vergessener Masterplan für die Klimarettung

Bojanowski

Das Hartwell-Paper – Anleitung für das 21. Jahrhundert

Titel & URL des Dokuments:

Titel: The Hartwell Paper – A New Direction for Climate Policy after the Crash of 2009

URL: https://eprints.lse.ac.uk/27939/1/HartwellPaper_English_version.pdf

https://axelbojanowski.substack.com/p/hartwell-paper-vergessener-masterplan-fur-erfolgreiche-klimapolitik?open=false

Einordnung: Dieses Papier von 2010 ist eine politisch-strategische Neupositionierung der Klimapolitik nach dem gescheiterten Kopenhagen-Gipfel. Es stammt von einem Netzwerk etablierter Forscher und Think Tanks, darunter das Breakthrough Institute, die London School of Economics (LSE), Oxford, McGill und andere.

1. Was ist überholt?

Veraltet oder überholt im Hartwell-Paper (Stand 2025):

1. Fehleinschätzung des Kyoto-Protokolls als “strukturell gescheitert”:

Inzwischen zeigen empirische Analysen, dass das Kyoto-System durchaus Emissionen gebremst hat – wenn auch nicht im globalen Maßstab. Der starke Fokus auf angeblich gescheiterte UN-Prozesse wirkt rückblickend ideologisch überhöht.

2. Überschätzung der Rolle von “Black Carbon” und kurzfristigen Forcing-Faktoren:

Diese Narrative dienten einer Entlastung von CO₂-Bepreisung. Black Carbon wurde zwar berücksichtigt, hat aber – entgegen der Hoffnung im Paper – nicht das zentrale Klimaproblem gelöst.

3. Vorschlag einer “obliquen”, technologiegetriebenen Strategie (Capability Brown Argument):

Das als “radikale Neuorientierung” präsentierte Konzept (über Umwege ans Ziel) wurde in den folgenden Jahren teils aufgegriffen (z. B. durch Innovationsoffensiven wie Mission Innovation), jedoch nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu klassischen CO₂-Bepreisungen.

4. Vertrauen auf RDD&D ohne klare Lenkung:

Die Hoffnung, dass breit angelegte, staatlich finanzierte Forschung automatisch zu “marktgängiger grüner Technologie” führt, ist naiv. Die Realität hat gezeigt, dass marktwirtschaftliche Instrumente (z. B. ETS, CO₂-Steuern, Fördermechanismen) nötig bleiben, um Anreize für Adoption zu setzen.

5. Unterschätzung der internationalen Koordinationsmechanismen:

Der UNFCCC-Prozess ist 2025 immer noch die Hauptarchitektur globaler Klimapolitik – inzwischen ergänzt um pragmatischere Allianzen wie BOGA (Beyond Oil & Gas Alliance) oder das Global Methane Pledge.

2. Autoren – Netzwerke und Interessen

Auffällige Autoren mit potentieller strategischer Agenda:

• Roger Pielke Jr.:

Bekannt für sein “Honest Broker”-Modell – versucht die Rolle der Wissenschaft zu relativieren. War mehrfach Teil konservativer Think Tanks, darunter American Enterprise Institute-affine Gruppen. Kritisiert häufig Klimapolitik aus einer technokratischen Perspektive.

• Mike Hulme:

Klimaforscher, der sich stark mit kulturellen Narrativen befasst. Heute differenzierter, aber damals Teil des Strategiewechsels, weg vom “Kyoto-System”.

• Steve Rayner (†):

Eng mit Oxford’s “Science, Innovation and Society” vernetzt – Fokus auf Politikberatung, nicht rein wissenschaftlich.

• Ted Nordhaus & Michael Shellenberger (Breakthrough Institute):

Klar neoliberal-technologiezentrierter Think Tank. Finanzierungen in der Vergangenheit u.a. von dem Nathan Cummings Foundation, aber auch offen für Industrieinteressen (z. B. Nuklear, Geoengineering). Später Nähe zu pro-nuklearen und anti-Klimaprotest-Rhetoriken.

• Nico Stehr:

Kultursoziologe mit Hang zur Dekonstruktion. Oft genutzt, um “Klimawissenschaft als Meinungsfrage” zu framen.

Finanzierung:

• Japan Iron and Steel Federation & Japan Automobile Manufacturers Association:

Deutlicher Hinweis auf Industrieinteressen (Stahl, Auto), die an Dekarbonisierung ein Interesse unter Kostenaspekten haben – also Innovation statt Reduktionsdruck.

• Nathan Cummings Foundation:

Offiziell progressiv, aber auch Verbindungen zu technokratischen Philanthropieprojekten à la Gates-Stiftung.

3. Narrative, Tricks & Auslassungen

Rhetorische Tricks:

• Framing als „Human Dignity“ statt „Guilt & Sin“ (klassische Moralumkehr).

• Einsatz von Metaphern wie Capability Brown – bewusste Verschleierung strategischer Machtverhältnisse durch Ästhetik.

• Missbrauch des Begriffs „radikal“ – für eigentlich moderate bis konservative Industrie-freundliche Vorschläge.

• Behauptung „Science doesn’t dictate policy“ – psychologisch wirksam, aber irreführend, da Wissenschaft sehr wohl Handlungsräume aufzeigt.

Omission/Lying by Omission:

• Kein Bezug auf massive Subventionen fossiler Energien.

• Keine kritische Reflexion der Machtstrukturen in Industrie & Lobbyismus.

• Keine Erwähnung von CO₂-Grenzausgleich (Carbon Border Adjustment), der die Wettbewerbsverzerrung ausgleicht.

• Geoengineering-Debatte wird bewusst ausgespart – obwohl das Netzwerk dazu publiziert hat.

4. Vermutetes Einflussnetzwerk / Agenda

• Breakthrough Institute (Shellenberger/Nordhaus):

Klar techno-optimistisch, industriefreundlich, anti-Greta, anti-FF, aber pro Innovation + Kernkraft.

• Oxford/LSE/McGill Cluster:

Think Tanks mit Nähe zu transatlantischen liberal-konservativen Stiftungen (Rockefeller, Ford, Hoover Institute nahestehende Cluster).

• Industrieinteressen (Stahl, Auto Japan):

Einflussnahme durch Finanzierung plausibel. Interesse: Verlangsamung regulatorischer Eingriffe.

• Philanthrokapitalistische Netzwerke (Cummings Foundation etc.):

Nähe zu Gates, Rockefeller, ClimateWorks etc. Denkbar, dass diese über Narrative wie „human dignity“ eine Entideologisierung und Kontrolle des Diskurses anstreben.

5. Politische Einordnung & Lager

• Technokratisch-konservativ.

• Anti-multilaterale Steuerung (UN), pro dezentrale Steuerung.

• Wirtschaftsnah, wachstumsfreundlich, skeptisch gegenüber NGOs.

• Kompatibel mit neoliberalen Think-Tanks (Atlas Network, Cato etc.).

• Teilweise Überschneidung mit „Climate Delay“-Strategien (vgl. Fankhauser & Leiserowitz Matrix).

6. Gegennarrativ-Vorschlag („Blume“) – Stichpunkte

• Zentrale Blüte: “Dekarbonisierung ist kein moralisches Opfer, sondern Wohlstandsschutz”

• Blätter:

• CO₂-Bepreisung = marktwirtschaftliches Erfolgsinstrument.

• Innovation ohne Preissteuerung = zahnlos.

• Energiezugang & Klimaschutz kein Widerspruch.

• Kyoto & Paris als lernende Systeme, nicht gescheitert.

• Industrielobbys (Auto, Stahl) versuchen, Verantwortung zu verschleiern.

• Wissenschaft ≠ Politik, aber Politik ohne Wissenschaft = blind.

7. YouTube-Kommentar (prägnant)

„Wenn Think Tanks plötzlich ‘Human Dignity’ sagen, aber von Autolobbys bezahlt werden, dann weißt du: Das ist kein neuer Kurs, sondern alter Wein in teurer Flasche. Kyoto war unbequem – deshalb musste es weg.“

8. Kapitalmarktausblick

Wer profitiert von diesem Narrativ?

• Atomkraft-Konzerne (z. B. EDF, Westinghouse, Cameco).

• Industrielle Energieverbraucher (Stahl, Chemie), wenn CO₂-Preise ausgebremst werden.

• Tech-Investments in “CleanTech” ohne CO₂-Zwang.

Buffett-Check für Investitionen:

Kriterium

Relevanz bei Begünstigten (z. B. Cameco, EDF)

✅ KGV < 15

Teilweise, Cameco oft hoch bewertet

✅ KBV < 2

EDF tendenziell ja

✅ Dividendenrendite > 3 %

EDF ja, Cameco schwach

✅ Gewinnwachstum > 4 % p.a.

EDF stabiler, Cameco zyklisch

✅ Schuldenquote < 1,5

EDF gefährdet, staatlich gestützt

✅ Dividendenhistorie

EDF unterbrochen wegen Staatsinterventionen

✅ Marktkapitalisierung

Ja, bei beiden gegeben

Fazit Buffett-Style:

Solche Firmen sind taktisch interessant – z. B. als Hedge gegen klimapolitische Rückschläge, aber nicht langfristige Qualitätsaktien nach Munger/Buffett. Für strukturelle Investitionen lieber solide Anbieter von PV, Speicher, Stromnetzen oder Wärmepumpentechnik (z. B. Schneider Electric, Siemens, Daikin, Enphase).

Möchtest du aus dieser Analyse eine PDF machen oder einen visuellen Gegennarrativ-Chart zur Blume?