Jerry R.
Bayern ist ein sehr gutes Beispiel für die Echokammer-Berichterstattung. Weil dort die nächste große Wahl stattfindet und mehrere Interessengruppen seit vielen Monaten die Chance eines Machtwechsels sehen bzw. befürchten (je nach Blickwinkel), fokussieren sie sich auf die Versäumnisse der bayrischen Energiepolitik. Ein beiläufiger Nebensatz hier, eine flapsige Bemerkung da – und aufgrund der abnehmend diversen Berichterstattung finden diese Zitate oft ihren Weg in alle großen Nachrichtenportale. Da ich selbst schon solche Pressemitteilungen verfasst habe, kann ich sagen, dass man es in der Regel in alle großen Onlinezeitungen schafft, sobald man es in den dpa-Newsticker schafft. Ich habe mal eine Pressemitteilung geschrieben, die deckungsgleich in den Lokalteilen der Süddeutschen, des Spiegels, der Zeit, T-Online und Bild gelandet ist. Alle identisch. Keiner hat irgendetwas überprüft, obwohl mein damaliger Auftraggeber ein bekannter Interessenvertreter war.
Deshalb mache ich generell einen Faktencheck, wenn ich Nachrichten lese. In der Regel macht den nämlich sonst niemand. Und ein Faktencheck zur bayrischen Energiepolitik zeigt:
- Bayern hat mehr installierte PV-Kapazitäten, als Platz 2 (BaWü) und 3 (NRW) zusammen.
- Bayern hat mehr installierte Wasserkraft, als die restliche Bundesrepublik zusammen.
- Bis zur Reform des EEG in diesem Jahr hatte Windkraft einen erheblichen Standortnachteil in Bayern, Baden-Württemberg und in Teilen von Hessen. Windenergie wird nämlich nicht stur nach eingespeister Leistung vergütet. Ein interregionaler Ausgleichsfaktor soll dafür sorgen, dass windreiche Standorte gegenüber windarmen Standorten keinen Vorteil haben und Windräder nur an den wirtschaftlichsten Standorten gebaut werden. Dieser Ausgleichsfaktor war jedoch zu niedrig, damit sich Windräder in den windärmsten Regionen (Teile Hessens, BaWü, Bayern) rechnen. Entsprechend wurde in diesen Bundesländern nur an den besten Standorten gebaut, während in anderen Bundesländern deutlich mehr Flächen genutzt wurden.
https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/__36h.html
Regional oder Südfaktor Windräder.
Diesem Fehlanreiz wurde jetzt Rechnung getragen, indem ein Südfaktor im neuen EEG eingebaut ist. Weiterhin sind die Bundesländer in den kommenden Jahren verpflichtet, mindestens 2 Prozent ihrer Flächen für die Produktion von Windkraft zur Verfügung zu stellen. Legen die Länder bis zu einem bestimmten Stichtag keinen Plan dafür vor, verlieren sie ihre Zuständigkeit und der Bund übernimmt die Planung.
Lange Rede kurzer Sinn: Die Probleme beim Ausbau Erneuerbarer Energien sind erkannt und gelöst worden. Die bestehenden Vorbehalte gegenüber Bayern sind größtenteils faktenfremd oder überzogen. Die deutsche Presse berichtet darüber vollkommen unreflektiert und unangemessen und fungiert dabei als Echokammer ohne jeden Faktencheck
2 Kommentare zu „Bayerische Echokammer 2022/23 vor der Landtagswahl“