Deine Frage ist sehr berechtigt und gut beobachtet – und ja, es gibt tatsächlich evidenzbasierte Hinweise, dass Allergien oder Unverträglichkeiten unter bestimmten Bedingungen neu entstehen können, auch im Erwachsenenalter. Ich beantworte dir das in zwei Teilen:
A. Können Medikamente (z. B. Antibiotika) Allergien fördern, wenn man gleichzeitig bestimmten Nahrungsmitteln ausgesetzt ist?
Ja, das ist möglich – hier ist der Stand der evidenzbasierten Wissenschaft:
Antibiotika und das Mikrobiom: Antibiotika können das Darmmikrobiom massiv stören. Diese Störung kann zu einer sogenannten “Dysbiose” führen – also einem Ungleichgewicht der Darmflora. Eine intakte Darmflora spielt eine entscheidende Rolle bei der oralen Toleranz – also dabei, dass der Körper auf Nahrungsmittel nicht allergisch reagiert. “Adjuvanz-Hypothese”: Wenn während einer Infektion oder unter Medikamenteneinfluss (z. B. Antibiotika oder NSAR) gleichzeitig ein bestimmtes Allergen (z. B. Nahrungsmittelprotein) im Körper präsent ist, kann das Immunsystem dieses als “Gefahr” interpretieren und eine allergische Reaktion lernen. Dieser Mechanismus ist in Studien z. B. bei Hausstaubmilben, Nüssen oder Eiern beobachtet worden. Beispiel-Studie: Berin et al., The Journal of Allergy and Clinical Immunology, 2016: „Mucosal adjuvants can break oral tolerance and induce food allergy“. Parallele Hypothesen: Auch durch Virusinfektionen, Schleimhautirritationen (z. B. durch Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol) oder chronischen Stress kann die Immunantwort fehlgeleitet werden.
B. Was kann man tun, wenn man eine neue Unverträglichkeit gegen z. B. Eigelb entwickelt hat?
Zunächst ist wichtig: Es gibt einen Unterschied zwischen:
echter Allergie (IgE-vermittelt, messbar, evtl. lebensbedrohlich), Intoleranz (z. B. Laktose, Histamin, Enzymmangel) und funktioneller Sensitivität (z. B. bei Reizdarm, Dysbiose, entzündlichen Reaktionen).
Bei dir klingt es nach:
nicht-IgE-vermittelter Sensitivität oder Pseudoallergie, da es zu Blähungen/Durchfall kommt, aber keine Hautausschläge oder Atemprobleme.
Therapieansätze (wissenschaftlich gestützt):
Darmsanierung / Mikrobiomaufbau: Einsatz von Probiotika (z. B. Lactobacillus rhamnosus GG, Bifidobacterium longum) über mehrere Wochen. Präbiotische Ballaststoffe (z. B. Inulin, resistente Stärke). Eventuell FODMAP-arme Ernährung temporär. Orale Toleranz neu trainieren (unter Anleitung!): Es gibt Studien zur sog. „oral immunotherapy (OIT)“ – dabei wird das Allergen (z. B. Ei) in Mikro-Dosen regelmäßig gegeben und die Dosis langsam gesteigert. Achtung: Bei echten Allergien nur unter ärztlicher Aufsicht! Enzymatische Unterstützung: Bei manchen Intoleranzen kann man mit Enzympräparaten arbeiten – z. B. Laktase bei Milchzucker. Für Eier gibt es leider noch kein spezifisches Enzympräparat, aber Verdauungsenzyme (z. B. Pancreatin) könnten unterstützend wirken. Testung: Bluttest auf spezifische IgE gegen Hühnereiweiß/Eigelb (z. B. ImmunoCAP). Stuhltests zur Mikrobiomzusammensetzung (z. B. per PCR oder Sequenzierung), um gezielter therapieren zu können.
Zusammenfassung – dein Fall in Kürze:
Ja, es ist biologisch plausibel und wissenschaftlich bestätigt, dass z. B. Antibiotika oder Infekte eine Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel triggern können, besonders bei gleichzeitiger Exposition. Deine Reaktion auf Eigelb klingt nach einer nicht-allergischen Hypersensitivität, vermutlich durch Darmflora-Störung oder gestörte Toleranzentwicklung. Lösungsansatz: Mikrobiomaufbau, langsame Toleranzsteigerung, ggf. Diagnostik und ggf. ärztlich begleitete Provokationstherapie.
Wenn du möchtest, kann ich dir eine konkrete Anleitung oder Checkliste erstellen – z. B. mit Ernährungsplan, Probiotika-Vorschlägen oder Laborparametern, die du testen lassen könntest. Möchtest du das?