Dossier: Desinformation, Verschwörungserzählungen und Extremismus – Einfluss auf Gesellschaft und Politik

Management Summary:

Social Media – Desinformation, Verschwörungserzählungen und Extremismus – Einfluss auf Gesellschaft und Politik

Die umfassende Analyse untersucht systematisch, wie in den letzten 10–15 Jahren (2010 ff.) soziale Medien von unterschiedlichen Akteuren gezielt genutzt wurden, um demokratische Gesellschaften – besonders in Deutschland, Frankreich und Italien – zu spalten, Misstrauen zu schüren und den politischen Diskurs zu radikalisieren.

Kernpunkte der Analyse:

1. Zentrale Mechanismen:

  • Emotion vor Fakten: Wut, Angst und Hass werden algorithmisch verstärkt.
  • Astroturfing & Fake-Accounts simulieren Massenbewegungen.
  • Mikro-Targeting und systematische Wiederholung emotionaler Schlagworte.
  • Bildung abgeschotteter Parallelöffentlichkeiten (Telegram, Substack, etc.).
  • Diskreditierung seriöser Medien und Institutionen („Lügenpresse“, „Mainstreamlügen“).

2. Hauptakteure und Narrative:

  • Russische Akteure: Schwächung von EU und NATO, delegitimieren Demokratie („Migration = Untergang“, „Westen dekadent“).
  • US-Rechtspopulisten: Kampf gegen „Wokeness“, Elitenverschwörungen („Great Reset“), Delegitimierung liberaler Institutionen.
  • US-Progressive Netzwerke: Radikalisierung von Diversity- und Klima-Diskursen („Patriarchat schuld“, „Verzögerung Klimaschutz = Massenmord“).
  • Chinesische Propaganda: Lob des autoritären Modells („USA aggressiv“, „China überlegene Ordnung“).
  • Türkei/Erdogan-nahe Netzwerke: Islamophobie, türkischer Nationalismus („EU unterdrückt Muslime“).
  • Europäische Rechtspopulisten (AfD, FPÖ, Lega): EU-feindlich, Anti-Klimaschutz
    („EU-Diktatur“, „Migration bedroht Heimat“, „Umvolkung“, „Klima/Ökodiktatur“).

3. Gründe für besonderen Einfluss in DE, FR, IT:

  • Historische Bruchlinien (DDR-Erfahrung, Misstrauen gegen Zentralismus).
  • Ökonomische Abstiegsängste (digitaler Wandel, soziale Unsicherheit).
  • Fragmentierte und geschwächte Medienlandschaft (Dominanz der Influencer).
  • Fehlende digitale und politische Resilienz gegenüber Manipulation.

4. Wirkung und Gefahren der Narrative:

  • Radikalisierung und Entstehung neuer extremistischer Milieus („Querdenker“).
  • Gewaltbereitschaft steigt durch Desinformation (Idar-Oberstein Mordfall 2021, Reichsbürgerumsturzpläne).
  • Delegitimierung von Staat und Demokratie (Behörden, Justiz, GEZ als illegitim dargestellt).
  • Antisemitische Verschwörungserzählungen (Globalisten, Great Reset).
  • Polarisierung und gesellschaftliche Spaltung, Verlust gemeinsamer Faktenbasis.

5. Exemplarische Instrumentalisierungen:

  • Corona-Pandemie: Polarisierende Narrative („Impfzwang-Diktatur“, „Pharma-Verschwörung“).
  • Ukraine-Krieg: Querfrontbildung („NATO hat Krieg provoziert“, „Russland Opfer“).
  • Klimawandel: Zwei Extreme – Leugnung („Klimadiktatur“) vs. dramatisierter Alarmismus („Notstand rechtfertigt Zwangsmaßnahmen“).
  • Energiewende und Elektromobilität: Emotionalisierte Verbotsdebatten vs. moralische Diffamierung von Kritikern („Heizhammer“, „Dieseldieter“).
  • Woke-Debatten: Gegenseitige Moralisierung und Diffamierung („Woke-Diktatur“ vs. „Kritiker sind Hassredner“).

Strategische Gegenmaßnahmen:

  • Aufklärung und Medienkompetenz stärken: Menschen befähigen, Manipulationen zu erkennen und Quellen kritisch zu hinterfragen.
  • Aktive, transparente Kommunikation: Staat und Medien sollten Lücken nicht Verschwörungsideologen überlassen.
  • Verfolgung von Straftaten: Konsequentes Vorgehen bei Hass und Gewaltaufrufen.
  • Dialog und Deeskalation: Politik und Behörden müssen verloren gegangene Bevölkerungsteile zurückgewinnen.
  • Demokratische Streitkultur fördern: Meinungsvielfalt ermöglichen, ohne Polarisierung zu verstärken.

Fazit:

Eine starke Demokratie benötigt eine informierte, kritische und selbstreflektierte gesellschaftliche Mitte. Alle politischen Akteure, Behörden und Bürger müssen lernen, Narrative systematisch zu durchschauen und Vorurteile kritisch zu hinterfragen, um Manipulationen wirkungsvoll zu begegnen.

„Urteile nicht aus Vorurteilen – sondern durch gründliche Prüfung.“
(frei nach Marc Aurel)


Hier kommt eine präzise, ideologiefrei zusammengefasste Kurz-Analyse, wie in den letzten 10–15 Jahren von allen möglichen Akteuren systematisch Social Media genutzt wurde, um unsere Demokratien zu spalten, emotional zu vergiften und die Bevölkerung in Lager zu treiben.

Aufgelistet nach Region, Strategien, Narrativen und warum es in Europa (besonders DE/FR/IT) so extrem eingeschlagen hat.


🧠 Wie systematische Spaltung und Gehirnwäsche via Social Media ablief

1️⃣ Zentrale Mechanismen

Unabhängig davon, ob russisch, US-rechts, links-progressiv oder staatsnah:

  • Emotion vor Fakten: Alles, was Wut, Angst oder Hass auslöst, wird priorisiert ausgespielt.
  • Algorithmische Verstärkung: Plattformen wie Facebook, Twitter/X, YouTube pushen polarisierende Inhalte.
  • Astroturfing & Fake-Accounts: Professionelle Trollfarmen, Clickworker und Fake-Influencer simulieren Massenbewegungen.
  • Microtargeting: Mit Nutzerdaten werden extrem fein segmentierte Gruppen angesprochen.
  • Memes & Kurzvideos: Narrative in vereinfachter, emotionaler Bildsprache.
  • Systematische Wiederholung: Immer gleiche Triggerbegriffe und Schlagworte.
  • Diskreditierung seriöser Medien: „Systempresse“, „Mainstreamlüge“.
  • Parallelöffentlichkeiten: Telegram-Gruppen, Substack, Rumble als abgeschottete Räume.

2️⃣ Hauptakteure & ihre Narrative

Hier die vielgestaltigen Player, sortiert nach Herkunft/Interesse – alle haben auf ihre Weise mitgemischt:


🇷🇺 Russische Netzwerke (staatlich)

Ziele:

  • EU und NATO diskreditieren
  • Vertrauen in Demokratien schwächen
  • Sanktionen delegitimieren

Narrative:

  • „Der Westen ist dekadent und schwach“
  • „Russland wird ungerecht behandelt“
  • „Ukraine gehört eigentlich zu Russland“
  • „Klimawandel ist ein Vorwand für Elitenkontrolle“
  • „Migration = Untergang“

Strategie:

  • Trollfarmen (z.B. Internet Research Agency)
  • Fake-Profile (z.B. angebliche deutsche Hausfrauen)
  • Gruppen auf VK, Telegram, Facebook

🇺🇸 US-Rechtspopulistische Netzwerke (Trump-/Thiel-nahe)

Ziele:

  • Liberale Institutionen schwächen
  • Woke-Diskurse delegitimieren
  • Populistische Bewegungen in Europa fördern

Narrative:

  • „Deep State will euch versklaven“
  • „Corona = Plandemie“
  • „Klimaschutz = kommunistische Diktatur“
  • „Gender-Wahn zerstört Familien“

Strategie:

  • Influencer auf YouTube, Rumble, Substack
  • Meme-Fabriken (Turning Point, The Daily Wire)
  • Podcasts & Clips (Joe Rogan, Ben Shapiro)

🇺🇸 US-Progressive Netzwerke

Ziele:

  • Diskurse zu Diversität & Klimaschutz radikalisieren
  • Soziale Gerechtigkeit als moralische Pflicht emotionalisieren

Narrative:

  • „Weißes Patriarchat ist an allem schuld“
  • „Europa ist rassistisch“
  • „Jede Verzögerung beim Klima ist Massenmord“

Strategie:

  • TikTok-Influencer-Kampagnen (z.B. Purpose Foundation)
  • Virale Hashtags (#FridaysForFuture, #BlackLivesMatter)
  • Cancel Culture als Druckmittel

🇨🇳 Chinesische Propaganda

Ziele:

  • Chinas Modell als überlegene Ordnung darstellen
  • US-Hegemonie kritisieren
  • Taiwanfragen beeinflussen

Narrative:

  • „USA sind der wahre Aggressor“
  • „China hat Corona perfekt gemanagt“
  • „Digitale Überwachung = Fortschritt“

Strategie:

  • TikTok-Algorithmen (Bytedance)
  • WeChat-Netzwerke
  • Bezahlte PR-Beiträge

🇹🇷 Türkei / Erdogan-nahe Akteure

Ziele:

  • Türkische Diaspora mobilisieren
  • EU-Skepsis fördern
  • Islamophobie-Narrative schüren

Narrative:

  • „Europa unterdrückt Muslime“
  • „Erdogan schützt euch“
  • „Türkei = stolze Nation, EU = Verfall“

Strategie:

  • Facebook-Gruppen in türkischer Sprache
  • Moschee-Verbände als Multiplikatoren

🇪🇺 Europäische Rechtspopulisten (AfD, Lega, RN, FPÖ)

Ziele:

  • EU schwächen
  • Nationalstaat stärken
  • Migration als Angstthema

Narrative:

  • „Systemparteien verkaufen uns aus“
  • „Klimaschutz ruiniert euch“
  • „EU-Diktatur“

Strategie:

  • Telegram-Kanäle
  • Facebook-Gruppen (z.B. „Patrioten gegen Merkel“)
  • Microtargeting auf Angstthemen


3️⃣ Warum hat es besonders in DE / Frankreich / Italien gewirkt?

1️⃣ Geschichtliche Bruchlinien

  • Deutschland: DDR-Erfahrung + autoritäre Elitenkritik
  • Frankreich: Gelbwesten, kollektive Skepsis gegen „Paris“
  • Italien: Misstrauen ggü. Parteien seit Berlusconi

2️⃣ Ökonomische Abstiegsängste

  • Abstiegsbedrohung + Digitalisierung = Frust und Wut

3️⃣ Fragmentierte Medienlandschaft

  • Lokalpresse geschrumpft, Influencer dominieren

4️⃣ Fehlende Resilienz gegen digitale Manipulation

  • Politische Bildung hinkt oft hinterher
  • Plattformen agierten jahrelang unreguliert


4️⃣ Beispiele: Wie Narrative orchestriert wurden

Beispiel Russland:

  • Sputnik & RT Deutsch pushen Anti-EU-Memes
  • Fake-Facebook-Seiten simulieren linke und rechte Gruppen gleichzeitig
  • Ziel: Diskurs maximal fragmentieren

Beispiel US-Rechtspopulisten:

  • Breitbart & Daily Wire synchron mit AfD-Themen
  • „Great Reset“-Meme wird über QAnon nach Deutschland importiert

Beispiel radikale Klimaaktivisten:

  • TikTok & Instagram-Kampagnen emotionalisieren Jugendliche
  • „Ihr seid die letzte Generation, die handeln kann“
  • Schuld-Narrative, moralische Panik

Beispiel China:

  • TikTok-Algorithmus pusht Videos gegen „westliche Heuchelei“
  • Videos loben chinesisches Modell


5️⃣ Fazit

Die letzten 15 Jahre haben gezeigt:

  • Social Media ist der größte Verstärker für gesellschaftliche Polarisierung.
  • Alle Seiten – autoritäre Staaten, Libertäre Milliardäre, progressive NGOs, rechtsextreme Netzwerke – nutzen exakt dieselben Mechanismen.
  • Ziel: Emotion + Misstrauen + Fragmentierung = geschwächte Demokratien.

Ausführliches Dossier:
Social media Desinformation, Verschwörungserzählungen und Extremismus – Einfluss auf Gesellschaft und Politik

Management Summary

Die vorliegende Analyse beleuchtet die breite Thematik der Desinformationsnarrative und ihren Missbrauch durch extreme Akteure.
Es wird gezeigt, wie gezielte Falschinformationen und Verschwörungserzählungen eingesetzt werden, um gesellschaftliche Spannungen zu schüren, Vorurteile zu bedienen und demokratische Institutionen zu delegitimieren. Bereits in dieser Zusammenfassung wird deutlich, wie vielschichtig und umfassend das Phänomen ist –
von ausländischen Einflusskampagnen über alternative Medien und soziale Netzwerke bis hin zu Protestbewegungen im Inland.

Kernpunkte der Analyse:

  • Instrumentalisierung von Narrativen: Extreme politische Strömungen (sowohl am rechten als auch linken Rand) greifen auf vereinfachende Narrative zurück, um komplexe Probleme in ein einfaches Gut-Böse-Schema zu pressen. Insbesondere Verschwörungstheorien dienen als sinnstiftende Erzählungen, die vorhandene Stimmungen aufgreifen und verstärken. Diese Narratives werden gezielt und massenhaft verbreitet, um Misstrauen zu säen und die öffentliche Meinung in eine gewünschte Richtung zu lenken. Dabei werden aktuelle Krisen bewusst instrumentalisiert, indem man sie mit längst vorhandenen Feindbildern auflädt
    (z.B. Migration, Corona-Pandemie, Energiekrise, Krieg) – das Ziel ist stets die Verunsicherung und Spaltung der Bevölkerung und die Förderung eines Klimas der Ablehnung und Wut und Überemotionalisierung.
  • Akteure und Multiplikatoren: Verantwortlich für die Verbreitung solcher Desinformation sind unterschiedliche Akteure. Auf internationaler Ebene nutzen ausländische Staaten – allen voran Russland – Desinformation als Hebel, um ihre Interessen zu fördern, Konfliktlinien in westlichen Gesellschaften zu vertiefen und Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben.
    (s.a. Timothy Snyder, Über Tyrannei)
    Gleichzeitig existiert ein Ökosystem nicht-staatlicher Akteure:
    Influencer, alternative Medien und Aktivisten haben Desinformation und Politik Agitation zu einem wesentlichen Teil ihres „Contents“ gemacht. Über soziale Medien und Messenger werden Botschaften in Sekundenschnelle millionenfach verbreitet, oft ohne jede Moderation oder Faktenprüfung. Bekannte Beispiele in Deutschland sind reichweitenstarke Akteure wie der ehemalige Journalist Ken Jebsen (KenFM), der Blogger Boris Reitschuster oder der esoterische Autor Heiko Schrang, die zu Beginn der Corona-Pandemie durch die Verbreitung von Verschwörungsmythen enorme Zuwächse an Publikum verzeichnen konnten.
    Auch vormals etablierte alternative Nachrichtenportale mit linkem Anstrich wie die NachDenkSeiten propagieren mittlerweile einseitige Agenden – etwa eine pro-russische, anti-westliche Linie – und tragen so zur Verbreitung von Desinformationen bei. Oftmals beziehen sich diese Akteure gegenseitig aufeinander und verstärken so den Anschein von Legitimität und Reichweite ihrer Botschaften.
  • Zentrale Narrative und ihre Attraktivität für Extreme: Die Untersuchung identifiziert mehrere wiederkehrende Narrativ-Themen, die von extremen Rechten und Linken gleichermaßen aufgegriffen und für ihre Zwecke missbraucht werden:
    • Delegitimierung des demokratischen Staates:
      Behauptungen, Deutschland sei keine echte Demokratie, sondern eine „Diktatur“ (oft gleichgesetzt mit NS- oder DDR-Regime) verbreiten sich insbesondere im Umfeld von Protestbewegungen wie den „Querdenkern“. Diese Narrative unterstellen den Regierenden pauschal, Freiheitsrechte aushebeln zu wollen – etwa der Vorwurf, die Corona-Maßnahmen wären nur Vorwand zur Errichtung eines autoritären Regimes. Solche Erzählungen zielen darauf, Misstrauen gegen staatliche Institutionen zu säen und sogar Widerstand gegen die demokratische Grundordnung zu rechtfertigen. Rechtsextreme nutzen diese Diktatur-Rhetorik, um das bestehende System zu verächtlichen und ihre antidemokratischen Bestrebungen zu legitimieren. Linksextreme bzw. linksradikale Staatskritiker springen darauf an, weil es ihre Sicht untermauert, der „bürgerliche Staat“ sei repressiv und von Eliten gesteuert. Beide Extreme finden hier einen gemeinsamen Nenner im Feindbild „die da oben“.
    • Verschwörungserzählung einer globalen Elite:
      Ein häufiges Narrativ ist die Vorstellung eines geheimen Komplotts einer kleinen Elite („Globalisten“), die angeblich zum Schaden der Bevölkerung im Verborgenen agiere. Ein prominentes Beispiel ist die „Great Reset“-Verschwörungstheorie: Was ursprünglich ein Reformprogramm des Weltwirtschaftsforums zur Bewältigung der Pandemie war, wird in verschwörungsideologischer Lesart als groß angelegter Plan einer globalen Polit- und Wirtschaftselite dargestellt, um traditionelle gesellschaftliche Strukturen zu zerstören und eine „Weltregierung“ zu errichten. Dieses Narrativ erfüllt den Zweck, komplizierte Entwicklungen auf eine einfache Ursache zurückzuführen – die Schuld wird personalisiert bei einer ominösen Elite (häufig mit antisemitischen Untertönen versehen). Rechtsextreme Kreise greifen dies auf, da es ihr antisemitisches Weltbild bestätigt (Stichwort „jüdische Finanzelite“ als Strippenzieher) und ihre Anti-Globalisierungs-Ideologie stützt. Linke Anti-Establishment-Gruppen wiederum fühlen sich angesprochen, weil es ihren anti-kapitalistischen und anti-imperialistischen Grundüberzeugungen entspricht – die Vorstellung, eine gierige Klasse Superreicher kontrolliere Politik und Medien zum Nachteil „des einfachen Volkes“. In beiden Lagern schürt diese Erzählung Misstrauen gegenüber internationalen Institutionen, liberaler Demokratie und der Marktwirtschaft.
    • Anti-westliche und antiamerikanische Narrative:
      Sowohl extrem rechte als auch extrem linke Gruppen eint oft ein ausgeprägter Anti-Westernismus. Sie verbreiten Narrative, wonach z.B. die NATO und die USA die eigentlichen Aggressoren in geopolitischen Konflikten seien, oder westliche Demokratien dekadent und verfallen wären. Diese Erzählungen wurden besonders im Kontext des Russland-Ukraine-Krieges sichtbar: Kreml-nahe Medien wie RT Deutsch und Sputnik bedienen ein Publikum am rechten und linken Rand mit anti-NATO, anti-establishment und anti-westlichen Inhalten. Rechtsaußen-Akteure schüren damit Sympathien für autoritäre Regime (etwa Putins Russland), da sie das liberale Westen-Bild als dekadent oder schwach verachten. Linksaußen-Gruppen verbreiten ähnliche Thesen aus einem antiimperialistischen Reflex heraus, der die Hauptschuld immer bei den westlichen Mächten sucht. So ergab sich eine ungewöhnliche Allianz etwa in der Friedensbewegung 2022: Teile der radikalen Linken und der Rechten forderten unisono, keine Unterstützung für die Ukraine zu leisten und die NATO-Politik verantwortlich zu machen. Dieses Narrativ erfüllt den Zweck, westliche Bündnisse und demokratische Werte zu untergraben – sei es, um pro-russische Politik salonfähig zu machen oder um generell die Glaubwürdigkeit westlicher Regierungen in Frage zu stellen.
    • „Lügenpresse“ und Medienfeindlichkeit:
      Ein zentrales verbindendes Element ist die pauschale Ablehnung der etablierten Medien. Unter dem Schlagwort „Lügenpresse“ (ein ursprünglich rechtsextremer Kampfbegriff) behaupten Verschwörungsideologen, dass Mainstream-Medien systematisch lügen oder gesteuert sind. Dieses Narrativ dient dem Zweck, alternative Informationsquellen der Szene als einzige Wahrheitsinstanz hochzustilisieren und Anhänger in abgeschotteten Echokammern zu halten. Rechte Propagandisten nutzen es, um kritische Berichterstattung über ihre Aktivitäten zu diskreditieren und Anhänger auf linientreue Kanäle (eigene Blogs, YouTube, Telegram) zu lenken. Linke Systemkritiker greifen es ebenfalls auf, indem sie z.B. behaupten, die „bürgerlichen“ Medien würden im Interesse von Konzernen oder NATO-Strategen wesentliche Wahrheiten unterdrücken. Die NachDenkSeiten etwa, einst als linke Plattform gestartet, verbreiten heute konsequent eine monothematische Linie „gegen den Westen und die USA“ und blenden abweichende Fakten weitgehend aus. In der „Querdenker“-Bewegung konnten so heterogene Gruppen einen gemeinsamen Feind definieren: die vermeintlich gleichgeschaltete Presse. Die Konsequenz ist eine negative Öffentlichkeit, in der Demokratieskeptiker nur noch ihren eigenen Kanälen trauen und rationalen Gegenargumenten nicht mehr zugänglich sind. Dies verschärft die gesellschaftliche Spaltung und fördert Radikalisierung.
  • Missbrauch und Gefahren: Die Attraktivität dieser Narrative für extreme Rechte und Linke liegt darin, dass sie an bestehende Vorurteile, Ängste und Feindbilder anknüpfen. In beiden Spektren findet man ein tiefes Misstrauen gegenüber „Eliten“ und der etablierten Politik. Verschwörungsnarrative bieten scheinbar schlüssige Erklärungen und Schuldige für komplexe Krisen – sie fungieren als ideologischer Kitt einer Querfront: Unterschiedliche Lager vereint im Kampf „gegen die da oben“.

    Dieser Schulterschluss ist höchst problematisch. Zum einen führt er dazu, dass extremistische Propaganda salonfähig wird und weit in die gesellschaftliche Mitte hineinstrahlt. Zum anderen können solche aufgeheizten Narrative direkt in Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit münden. Beispiele reichen von der Unterwanderung legitimer Proteste (etwa Rechtsextreme, die unter Anti-Maßnahmen-Demonstranten agitieren) bis hin zu Gewalttaten:
    So erschoss 2021 ein Anhänger der Delegitimierer-Szene in Idar-Oberstein einen Tankstellen-Mitarbeiter nach einem Streit um die Maskenpflicht. Die stetige Verächtlichmachung staatlicher Repräsentanten und das Heraufbeschwören eines Widerstandsrechts gegen eine vermeintliche Diktatur schaffen ein Klima, in dem einzelne sich zu solchen Taten berechtigt fühlen. Auch demokratiefeindliche Begriffe wie „Volksverräter“ oder „Systemling“ haben wieder Konjunktur und nähren Hass gegen politisch Andersdenkende.
  • Schlussfolgerungen: Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, muss zum einen die Resilienz der Gesellschaft gegenüber Desinformation gestärkt werden.
    Behörden wie das Bundesamt für Verfassungsschutz haben begonnen, dieses Phänomenfeld (Delegitimierung/Staatszersetzung) systematisch zu beobachten.
    Zum anderen ist eine breite Aufklärung nötig:
    Bürger sollten wissen, wie Desinformation funktioniert, welche Narrative kursieren und dass manche Akteure bewusst versuchen, unsere Vorurteile zu bestätigen, um uns zu manipulieren.

    Wichtig ist dabei, eigene Vorurteile immer wieder kritisch zu prüfen – nur so bleibt das Urteilsvermögen frei und offen für eine gründliche, faktenbasierte Analyse der Realität.
    Eine starke demokratische Gesellschaft benötigt eine reflektierte Mitte, die sich nicht von vereinfachenden Feindbildern leiten lässt, sondern pluralistisch denkt und faktenbasiert diskutiert.
    Dieses Dossier soll einen Beitrag dazu leisten, Entscheidungs- und Verantwortungsträger für die Funktionsweise und Gefahr von Desinformationskampagnen zu sensibilisieren.

Einleitung

Die Verbreitung gezielter Desinformation und die Nutzung von Narrativen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung haben in den letzten Jahren weltweit erheblich zugenommen. Geheimdienste und Sicherheitsbehörden beobachten einen zunehmenden Kampf um die Meinungshoheit in unserer digital vernetzten Gesellschaft. Neben legitimen diplomatischen und politischen Mitteln bedienen sich manche Akteure – darunter ausländische Nachrichtendienste – verdeckter Einflusskampagnen, um strategische Ziele zu erreichen. Ziel solcher Kampagnen ist es häufig, Vertrauen in demokratische Institutionen zu erschüttern, gesellschaftliche Spaltung zu vertiefen und den offenen Willensbildungsprozess zu manipulieren. Spätestens seit dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 ist das Thema Desinformation in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit gerückt. Russland flankiert seine militärischen Aggressionen mit einer Flut an Propaganda und Falschbehauptungen, die darauf abzielen, die eigenen Taten zu rechtfertigen und zugleich Misstrauen in staatliches Handeln bei uns zu schüren.

Doch Desinformation ist nicht nur ein Werkzeug fremder Staaten. Auch innerhalb der Bundesrepublik haben sich Milieus gebildet, die – oft losgelöst von klassischen rechts- oder linksextremistischen Ideologien – systematisch an der Delegitimierung des demokratischen Staates arbeiten.

Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen ab 2020 waren hier ein Katalysator: Unter dem Label „Querdenker“ entstand ein heterogenes Protestmilieu, in dem sich Impfgegner, Verschwörungsgläubige, Esoteriker, Reichsbürger sowie vereinzelte Linksextreme mischten. Verbunden waren sie durch ein gemeinsames Narrativ: Die Regierung missbrauche die Pandemie, um ein autoritäres Regime zu errichten. Diese Bewegung zeigte exemplarisch, wie leicht extreme Rechte und Linke mit Teilen der verunsicherten Mitte anschlussfähige Feindbilder finden konnten. Die Abgrenzung zwischen legitimer Kritik und verfassungsfeindlicher Agitation verschwamm stellenweise.
Deshalb wurde im April 2021 vom Verfassungsschutz der neue Phänomenbereich „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingerichtet, um Akteure zu beobachten, die gezielt das Vertrauen in Staat und Demokratie untergraben.

Dieses Dossier soll einen umfassenden Überblick über die Mechanismen, Akteure und Narrative solcher Einflusskampagnen geben. Insbesondere wird analysiert, welche Erzählungen von extremistischen Gruppen verbreitet werden, welchen Zweck sie jeweils erfüllen und warum sowohl extrem rechte als auch extrem linke Akteure darauf anspringen und diese Narrative für sich instrumentalisieren. Anhand von Beispielen aus jüngster Zeit – von der Pandemie über geopolitische Konflikte bis hin zu wirtschaftlichen Krisen – wird aufgezeigt, wie Vorurteile und Verschwörungsmythen als Waffe eingesetzt werden. Abschließend werden die Folgen für Gesellschaft und Demokratie betrachtet und Ansätze diskutiert, wie Politik und Sicherheitsbehörden dem Missbrauch von Desinformation entgegentreten können.

Instrumente der Einflussnahme: Desinformation und Narrative

Desinformation bezeichnet gezielt verbreitete Falschinformationen, die täuschen und manipulieren sollen. Im Unterschied zu einfacher Fehlinformation (Irrtümern) liegt bei Desinformation eine Absicht vor – meist politischer oder propagandistischer Natur. Moderne Desinformationskampagnen setzen seltener auf völlig neue Lügen, sondern vielmehr darauf, bereits vorhandene Stimmungen, Ängste und Halb-Informationen aufzugreifen und zu verstärken. Dabei werden die Falschmeldungen oft in bereits bestehende Narrative eingebettet. Ein Narrativ ist in diesem Kontext eine sinnstiftende Erzählung, ein interpretativer Rahmen, der einzelnen Nachrichten eine bestimmte Bedeutung gibt. Beispiel:
Anstatt isoliert eine Falschmeldung „Politiker X hat Y getan“ in den Raum zu stellen, bettet man sie in das Narrativ „Politiker X ist korrupt, das System ist korrupt“ ein – und erzielt so eine viel größere Wirkung im Publikum.

Wie Untersuchungen zeigen, ist die isolierte Wirkung einzelner Fake News meist gering. Erst das koordinierte Zusammenwirken vieler Desinformationsbeiträge, die wiederholt ein bestimmtes Narrativ bedienen, kann ein Klima der Ablehnung, Skepsis oder des Misstrauens erzeugen. Gelingt es einem Akteur, ein Thema frühzeitig mit seinem Frame zu „besetzen“, so kann er damit die öffentliche Meinung merklich beeinflussen. Das hat unmittelbare Rückwirkungen auf politische Entscheidungen und Handlungsspielräume: Regierungshandeln wird erschwert, wenn das Vertrauen der Bevölkerung erodiert ist. Kurzum, Narrative fungieren als Hebel, um Meinungen in eine gewünschte Richtung zu lenken.

Digitale Verstärker: Die fortschreitende Digitalisierung hat Desinformation enorm begünstigt. Im sozialen Netz verbreiten sich Falschinformationen heute rasend schnell, global und unkontrolliert. Soziale Medien (Facebook, Twitter/X, Instagram, TikTok) und Messenger wie Telegram spielen als Kanäle und Multiplikatoren eine besondere Rolle. Hier kann praktisch jede Person ohne großen Aufwand Inhalte erstellen und mit einem Klick an ein Massenpublikum verbreiten. Algorithmen verstärken zugkräftige, emotionalisierte Botschaften, und mangelhafte Moderation ermöglicht die virale Verbreitung von Lügen. In Messengerdiensten gibt es häufig gar keine inhaltsbezogene Moderation – was diese Plattformen (Telegram usw.) attraktiv für Verschwörungsideologen macht.

Wechselseitige Verstärkung: Die Akteure hinter Desinformation sind vielfältig. Neben offiziellen staatlichen Stellen (Regierungsmedien, Diplomaten, politische Parteien) treten auch staatlich gesteuerte Akteure (zum Beispiel scheinbar unabhängige Medienportale mit verdeckter Regierungsanbindung) und “aus sich heraus” motivierte Akteure auf. Letztere handeln eigenmotiviert im Sinne einer bestimmten Agenda, oft im Einklang mit einem fremden Staat, ohne direkt von diesem beauftragt zu sein. All diese Akteursgruppen beziehen sich oft wechselseitig aufeinander, zitieren und teilen gegenseitig ihre Inhalte, um so die Reichweite zu steigern und den Anschein von Seriosität zu erwecken.

So kann etwa eine Desinformation zuerst in einem obskuren Blog auftauchen, von dort von einem größeren Nachrichtenportal (staatlich gelenkt) aufgegriffen werden, schließlich von offiziellen Kanälen indirekt referenziert werden – ein Prozess, den Experten als „Informationswäsche“ bezeichnen. Durch das Einbinden scheinbar unabhängiger Multiplikatoren wird die wahre Urheberschaft verschleiert. Ein Beispiel dafür war die Nutzung des Labels deutscher Medien für die Verbreitung von Falschmeldungen: Russische Akteure veröffentlichten manipulierte Beiträge unter dem Logo bekannter deutscher Nachrichten, um diese dann wiederum als Quelle für eigene Berichte zu zitieren. Solche Methoden erschweren es dem Publikum, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden.

Influencer und alternative Medien: In den letzten Jahren haben einzelne Personen mit hoher Reichweite – Influencer, Blogger, Youtuber – eine zunehmend gewichtige Rolle in der Desinformation eingenommen. Für manche von ihnen ist das Verbreiten kontroverser, oft fragwürdiger Thesen ein Geschäftsmodell, das Aufmerksamkeit und damit Werbeeinnahmen generiert. Andere agieren aus ideologischer Überzeugung. In Deutschland ließ sich während der Corona-Pandemie beobachten, wie bis dahin randständige Stimmen plötzlich ein Massenpublikum fanden: Z.B. steigerte der YouTube-Kanal eines Bodo Schiffmann (ehemals HNO-Arzt, dann prominenter Corona-Leugner) in kurzer Zeit seine Abonnentenzahl drastisch, indem er tägliche Videos mit Falschbehauptungen zu Corona veröffentlichte. Ähnlich gewannen Akteure wie Ken Jebsen (KenFM) – ein ehemaliger Rundfunkmoderator, der sich dem verschwörungsideologischen Spektrum zuwandte – oder der ehemalige „Spiegel“-Journalist Boris Reitschuster – der einen regierungskritischen Blog betreibt – enorm an Reichweite. Sie alle einte eine oppositionelle Grundhaltung gegenüber den Mainstream-Medien und der Regierung, die sie rhetorisch als korrupt oder unterdrückerisch zeichneten. Dabei verschwimmt oft die politische Verortung: Jebsen etwa inszenierte sich lange als linker Globalisierungskritiker, verbreitete dann aber zunehmend antisemitische Verschwörungsthesen; Reitschuster wiederum sieht sich als konservativer Regierungskritiker, dessen Enthüllungen angeblich von Mainstream-Medien verschwiegen würden.
Solche Influencer fungieren als Scharnier zwischen dem extremen Lager und einem breiteren bürgerlichen Publikum. Sie verleihen kruden Theorien einen Anstrich von Legitimität oder wenigstens von „offenen Fragen“.
Die Themen und Narrative landen dann bei Bild, Welt, TAZ, SZ, DPA und Co.

Alternative Medienportale spielen ebenfalls eine Schlüsselrolle. Dazu zählen pseudo-journalistische Magazine wie Compact (herausgegeben von Jürgen Elsässer, der selbst von links nach weit rechts driftete) oder Online-Portale wie PI-News, NachDenkSeiten etc. Sie alle eint, was der Politologe Markus Linden als „Negative Öffentlichkeit“ bezeichnet hat: Sie definieren sich hauptsächlich gegen die etablierten Medien und die „westliche liberale Demokratie“ und verbreiten monothematische, oft verschwörungsideologisch gefärbte Agenden. Bei den NachDenkSeiten etwa – einst als pluralistisches linkes Debattenforum gegründet – ist laut Experten inzwischen „kein Pluralismus, sondern eine strikte prorussische Agenda“ erkennbar, die im Kern immer gegen den Westen und die USA gerichtet ist. Hier zeigt sich erneut: Die Übergänge zwischen links und rechts verschwimmen, wenn beide im gleichen anti-etablierten Fahrwasser schwimmen.

Ein linker Leser mag einen NachDenkSeiten-Artikel gegen „NATO-Propaganda“ zunächst aus antiimperialistischer Haltung zustimmen – merkt aber nicht, dass er damit de facto ein Narrativ der Neuen Rechten (oder gar des Kreml) bedient.
Solche Querfront-Medien bilden einen Resonanzraum, in dem sich extreme Akteure verschiedener Couleur gegenseitig bestärken.

Zusammenfassend stellen Desinformation und Narrative wirkungsvolle Instrumente der Meinungsbeeinflussung dar. Sie nutzen die offenen Kommunikationswege unserer Gesellschaft, um Keile zwischen Bevölkerungsgruppen zu treiben und Vertrauen zu zerstören. Die nächsten Kapitel widmen sich den wichtigsten inhaltlichen Narrativen, ihren jeweiligen Funktionen und Attraktivitätsmomenten für extreme politische Lager.

Einflussnehmer und Treiber: Wer verbreitet Desinformation?

Um zu verstehen, warum bestimmte Narrative überhaupt Resonanz finden, muss man die Akteurslandschaft betrachten, die hinter der Verbreitung steckt. Es handelt sich um ein Geflecht aus bewussten Propagandisten, ideologisch Überzeugten und einem großen Heer an Mitläufern und nützlichen Idioten die Geld brauchen, das die Inhalte teilt.

Ausländische Akteure und staatliche Einflussnahme

Ein bedeutender Anteil an Desinformationskampagnen, die in Deutschland kursieren, ist auf gezielte Einflussnahme fremder Staaten zurückzuführen. Vor allem Russland nutzt seit Jahren Desinformation systematisch als außenpolitisches Werkzeug. Ziel ist es, die eigenen geopolitischen Interessen zu fördern, ohne offen in Erscheinung zu treten. Dies geschieht etwa, indem russische Staatsmedien wie RT (Russia Today) oder Sputnik in deutscher Sprache polarisierende Narrative verbreiten, die deutsche Debatten spalten sollen. Beispiele sind Berichte, welche die EU als gescheitert darstellen oder die NATO als Aggressor brandmarken. Untersuchungen rund um die Bundestagswahl 2017 zeigten z.B., dass Sputnik News deutlich zugunsten der AfD berichtete und anti-Migrations-Themen hervorhob.
Gleichzeitig wurden über anonyme Foren und soziale Medien (z.B. 4chan, Discord) Taktiktipps an die rechte Szene und Linke Szene verbreitet – bis hin zu Bot-Netzwerken, die AfD-Hashtags wie **#MGGA („Make Germany Great Again“) ** amplifizierten.
Social Media: Wer sind die Fälscher im Netz? | Mit offenen Daten | ARTE
es gibt noch viele weitere Troll/Bot Netzwerke, Team Jorge, Internet Research Agency, etc.

Russische Einflussnahme beschränkt sich aber nicht nur auf rechte Parteien. Wie bereits im Management Summary angesprochen, bedienen RT & Co. gleichzeitig linke und rechte Anti-Establishment-Publika.
So finden beispielsweise Anti-NATO-Artikel Anklang bei linken Friedensaktivisten und bei rechten Nationalisten. Diese
Querfront-Strategie zielt darauf ab, maximale Unruhe in der Gesellschaft zu stiften, indem man scheinbar gegensätzliche Gruppen auf den kleinsten gemeinsamen Nenner – die Ablehnung der aktuellen Ordnung – einschwört.

Neben Russland sind auch andere Staaten aktiv.
China verbreitet teils eigene Narrative (z.B. pro-chinesische Darstellung der Weltordnung, Leugnung von Menschenrechtsverletzungen) – allerdings in Deutschland weniger aggressiv als Russland.
Iranische oder türkische Einflussversuche richten sich meist gegen Exil-Communities. Die Methoden ähneln sich: Desinformation wird durch staatliche Medien, Diplomaten-Tweets oder Trollfarmen in Umlauf gebracht, oftmals flankiert von Hack-and-Leak-Operationen (gehackte, teils manipulierte Dokumente werden geleakt, um politischen Schaden anzurichten).

Die Zuständigkeit der deutschen Sicherheitsbehörden ist hier eindeutig gegeben: Sobald fremde Nachrichtendienste involviert sind und Kernelemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gefährdet sind, wird der Verfassungsschutz aktiv.

Extremistische Gruppen und heimische Akteure

Auf nationaler Ebene gibt es eine Reihe extremistischer und demokratiefeindlicher Gruppen, die Desinformation aus eigenem Antrieb vorantreiben. Diese Akteure nutzen die von außen gestreuten Narrative oftmals dankbar auf – ob bewusst koordiniert oder als nützliche Idioten, sei dahingestellt.

Rechtsextremisten: Klassische rechtsextreme Parteien und Organisationen (wie NPD, Dritte Weg, neonazistische Kameradschaften) haben schon immer mit Propaganda und Feindbildern gearbeitet. Neu ist allerdings die hohe Anschlussfähigkeit mancher ihrer Parolen an allgemeine Verschwörungsthesen. So versuchen Rechtsextreme gezielt, gesellschaftliche Debattenthemen für sich zu kapern. Beispiele: Die AfD – als rechtspopulistische Partei – stilisiert sich seit der Pandemie als Sprachrohr der „Maßnahmenkritiker“ und übernimmt deren Diktatur-Vergleiche, um gegen die „Corona-Diktatur Merkel“ zu wettern.
Ebenso nutzt sie die Energiekosten/Inflations-Angst (Folge des Ukraine-Kriegs), um gegen „Volksfeinde“ in Regierung und EU zu polemisieren. Rechtsextreme Demonstrationen greifen oft auf Themen des Mainstreams zurück und besetzen sie mit ihrer Interpretation. So wurde aus legitimer Kritik an Impfpflichten in deren Lesart ein Kampf gegen ein angeblich neues „Ermächtigungsgesetz“.

Zudem pflegen Teile der extremen Rechten regelrechte Querfront-Kontakte zu Verschwörungsszene und „Reichsbürgern“. Reichsbürger leugnen die Legitimität der BRD und fügen sich damit nahtlos in Delegitimierungs-Narrative ein. Es wurde dokumentiert, dass bei Anti-Corona-Demos in einigen Städten Rechtsextremisten mit eigenen Bannern vorneweg marschierten und versuchten, den Protest zu prägen. Der Schulterschluss zeigt sich auch personell: Etwa trat der bekannte Neonazi Sven Liebich als Organisator zahlreicher „Corona-Spaziergänge“ in Erscheinung. Für die extreme Rechte ergibt sich hier die Chance, aus ihrer Isolation herauszukommen und mit ihren Parolen ein breiteres Publikum zu erreichen.

Linksextremisten: Auf der radikalen Linken ist die Lage etwas anders. Klassische linksextremistische Gruppierungen (z.B. marxistisch-leninistische Parteien, autonome Antifa-Zusammenhänge) haben zwar ebenfalls propagandistische Narrative, doch diese zielen eher auf revolutionäre Klassenkampfrhetorik ab als auf Verschwörungsmythen. Allerdings gab und gibt es in Teilen der linken Szene eine Affinität zu Antiimperialismus und Staatskritik, die von Desinformationsthemen berührt wird. So sympathisierten einige Linksaußen-Aktivisten lange mit dem Regime Assad in Syrien oder nun mit Russland – nicht aus rechter Ideologie, sondern aus Feindschaft gegen die USA und NATO. In der Pandemiede bat sich linken Gruppen zunächst wenig Anknüpfungspunkt, weil viele Linke die Maßnahmen befürworteten. Allerdings gab es auch linke Impfgegner und vor allem die Partei DieBasis (eine Querdenker-Abspaltung) versuchte, linksalternative Wähler anzusprechen. Verschwörungserzählungen wie der „Great Reset“ oder die „Pharma-Lobby kontrolliert die Politik“ passten durchaus in ein anti-kapitalistisches Deutungsmuster und fanden so auch Verbreitung in ökologisch-anarchistischen oder esoterisch linken Subkulturen.

Eine gewisse Schnittmenge existiert zudem im Bereich Antisemitismus: Während klassischer Antisemitismus überwiegend rechts verortet ist, gibt es auf der Linken z.B. antiisraelische Weltverschwörungsmythen (Stichwort „zionistische Weltverschwörung“), die in ähnlichen Bildern von Strippenziehern sprechen.
Der Querfront-Diskurs identifiziert genau hier die Berührungspunkte: Die Furcht vor einem äußeren, allmächtigen Einfluss (sei es „US-Imperialismus“ oder „jüdische Finanzelite“) fungiert als Bindeglied zwischen rechtem und linkem Anti-Establishment.

Verschwörungsideologische Bewegungen: Eine dritte Kategorie sind neue Bewegungen, die weder klar rechts noch links sind, aber extrem demokratiefeindlich auftreten – wie die erwähnte Querdenkerbewegung oder das lose Milieu der QAnon-Anhänger. QAnon, ursprünglich eine rechtsextreme Verschwörungssekte aus den USA, hat in Deutschland zahlreiche Anhänger gefunden. Ihre Kernthese von einer satanisch-pädophilen Weltelite bedient altbekannte antisemitische Stereotype und rechtsextreme Narrative, zieht aber auch Esoteriker und Impfgegner an, die sich vorher nicht rechts verortet hätten.

Solche Bewegungen haben ihre eigenen Influencer: z.B. verbreitete der vegane Koch Attila Hildmann in seinem Telegram-Kanal offen QAnon-Mythen, oder die Sängerin Xavier Naidoo fiel mit kruden Thesen auf. Hier entsteht ein gefährlicher Mischraum, in dem sich Menschen radikalisieren, ohne sich selbst als „extremistisch“ zu begreifen.

Soziale Medien befördern diese Entwicklungen, indem sie die Vernetzung erleichtern: Ein Bürger, der mit Corona-Maßnahmen unzufrieden war, landete vielleicht in einer Telegram-Gruppe „Eltern stehen auf“, von dort über Links bei den Kanälen von Hildmann oder dem rechtsextremen Compact-Magazin, und ehe er es merkt, glaubt er an einen großen Geheimplan der Regierung.

Zusammenfassend ist das Spektrum der Einflussnehmer breit gefächert.
Ausländische Akteure liefern oft die initiale Desinformation oder verstärken vorhandene Risse. Inländische extreme Akteure – ob aus dem rechten, linken oder verschwörungsideologischen Lager – greifen diese Bälle auf und tragen sie weiter ins gesellschaftliche Feld. Dank moderner Kommunikationskanäle verschwimmen traditionelle Grenzen; wichtiger als „links vs. rechts“ ist oft die Unterscheidung systemtreu vs. systemfeindlich. Systemfeindliche Akteure eint ein verschwörungsideologisches Weltbild und die Ablehnung der bestehenden Ordnung – und genau das macht sie empfänglich für ähnliche Narrative.

Im folgenden Abschnitt schauen wir uns die wichtigsten Narrativ-Komplexe im Detail an. Für jedes Narrativ wird dargestellt, was es beinhaltet, welchen Zweck es im propagandistischen Sinne erfüllt, und weshalb sowohl extreme Rechte als auch extreme Linke und evtl. auch die Delegitimierer Szene dieses Narrativ aufgreifen (wenn auch mit teils unterschiedlicher Motivation).

Zentrale Narrative: Inhalte, Funktionen und Missbrauch

In diesem Kapitel werden vier der zentralen Narrativ-Bereiche beschrieben, die in aktuellen Desinformationskampagnen eine Rolle spielen. Die Darstellung erfolgt entlang folgender Fragen:
Worum geht es inhaltlich?
Welchen propagandistischen Zweck erfüllt das Narrativ?
Warum ist es für extreme Rechte und Linke attraktiv?
– jeweils untermauert mit Beispielen.

Narrativ 1: „Der Staat ist illegitim – wir leben in einer Diktatur“

Inhalt: Dieses Narrativ unterstellt, dass die Bundesrepublik kein echter Rechtsstaat bzw. keine vollwertige Demokratie sei, sondern von dunklen Kräften gesteuert werde oder sogar eine Diktatur darstelle. Anhänger vergleichen gern die deutschen Zustände mit dem Nationalsozialismus oder der DDR, um maximal zu schockieren. Insbesondere im Umfeld der Corona-Proteste wurde lautstark behauptet, die Regierung errichte unter dem Vorwand des Infektionsschutzes eine totalitäre Kontrolle. Parolen wie „Merkel-Diktatur“, „Corona-Stasi“ oder Gleichsetzungen von Impfpflicht mit NS-Medizin waren an der Tagesordnung. Auch darüber hinaus findet man dieses Narrativ bei Reichsbürgern („BRD GmbH“ – die Bundesrepublik sei gar kein souveräner Staat) und Teilen der AfD, die vom „System Merkel“ sprachen.

Zweck/Funktion: Das Narrativ der Delegitimierung des Staates zielt darauf ab, das Vertrauen der Bevölkerung in die demokratischen Institutionen fundamental zu erschüttern. Wenn genügend Menschen glauben, die Regierung sei illegitim oder tyrannisch, verlieren die realen Gesetze und Regeln in ihren Augen die Gültigkeit. So rechtfertigt das Narrativ z.B. Aufrufe zum „Widerstand“: Extremisten berufen sich auf Artikel 20 (4) GG (Widerstandsrecht gegen Jeden, der die verfassungsmäßige Ordnung beseitigen will), indem sie fälschlich behaupten, dieser Fall sei durch Corona-Maßnahmen etc. gegeben. Damit wird latent oder offen zu gesetzeswidrigem Verhalten oder sogar Gewalt ermutigt. Außerdem dient die ständige Diktaturbehauptung der Entwertung jeglicher Kritik an den eigenen Reihen: Wer die „falsche“ Meinung hat, wird als Teil des Systems abgestempelt (Stichwort „Systemling“). Insgesamt schafft das Narrativ ein Feindbild Staat, das sämtliche Unzufriedenheiten kanalisiert – sei es Impfgegnerschaft, Steuerfrust oder Ablehnung von Behörden.

Attraktiv für extreme Rechte: Rechtsextreme und Neonazis verfolgen ohnehin das Ziel, die bestehende demokratische Ordnung abzuschaffen. Ihnen liefert das Diktatur-Narrativ eine Steilvorlage, ihre Agenda als „Widerstandskampf“ zu inszenieren. Historisch hat die extreme Rechte immer davon profitiert, wenn die demokratische Regierung delegitimiert wurde (vgl. Weimarer „System“–Hetze). Heute kann die AfD z.B. mit Slogans wie „Wir sind die wahre Opposition gegen die Corona-Diktatur“ ganz offen anknüpfen – sie stilisiert sich als Stimme des „wahren Volkes“ gegen die „herrschende Elite“. Für Neonazi-Kreise ist es zudem befriedigend, die Verbrechen des NS-Regimes zu relativieren, indem man sagt: Schaut her, die heutige Regierung ist auch nicht besser. Damit wird Holocaust-Verharmlosung betrieben und zugleich ein Klima erzeugt, in dem Rechtsradikale sich als legitime Widerstandskämpfer sehen können.

Attraktiv für extreme Linke: Die extreme Linke hat traditionell ein kritisches bis feindseliges Verhältnis zum „bürgerlichen Staat“, den sie als Instrument kapitalistischer Herrschaft betrachtet. Allerdings erkennt der Großteil der linken Szene die Bundesrepublik als Demokratie an, die es zu verbessern gilt, nicht als Diktatur.
Extreme Ausprägungen jedoch – etwa autonome Anarchisten oder Anhänger autoritär-kommunistischer Ideologien – teilen die Ansicht, die gegenwärtige Staatsform sei nur eine Fassade für Unterdrückung
(beispielsweise sprechen einige von „Merkel-Regime“ analog zum „Kapital-Regime“).
Sie nutzen Begriffe wie „Polizeistaat“ oder „Überwachungsstaat“ und verweisen auf staatliche Repression gegen linke Aktivisten. Während der Pandemie beteiligten sich nur sehr wenige klassische Linksextreme an Querdenken-Demos; wer es tat, kam meist aus dem Umfeld von Antiimperialisten, die einen Schulterschluss mit Rechten gegen den „Corona-Staat“ eingingen. Für linke Staatsgegner hat das Diktatur-Narrativ den Vorteil, eigene revolutionäre Bestrebungen zu legitimieren – getreu dem Motto:
Gegen eine echte Diktatur ist Widerstand Pflicht, also sind auch radikale Aktionen gegen „den Staat“ moralisch gerechtfertigt.

Missbrauchsbeispiel: In Sachsen-Anhalt wurde beobachtet, dass im Zuge der Corona-Proteste ein neues heterogenes Spektrum entstand, das
pauschal Regierungsvertreter verächtlich machte und ihnen unterstellte, sie hätten die Pandemie nur als Vorwand für einen autoritären Umsturz genutzt. Diese Szene, die vom Verfassungsschutz als „Delegitimierer“ geführt wird, operierte ohne konkreten Sachbezug – egal welche Maßnahme kam, sie diente immer als Beleg für die Diktatur-Behauptung. Das führte so weit, dass sogar offen zu Gewaltfantasien gegriffen wurde: Politiker wurden mit dem Tode bedroht, man malte Szenarien eines neuen Widerstandes an die Wand.
Hier verschwimmen rechte und linke Motivationen völlig – entscheidend ist allein die Ablehnung des Systems.

Die Gefahr dieses Narrativs liegt in seiner Selbstimmunisierung:
Wer überzeugt ist, in einer Diktatur zu leben, glaubt per se nichts mehr, was von Regierung, Behörden oder etablierten Medien kommt – denn das wäre ja alles
„Propaganda der Diktatur“.
Fakten dringen nicht mehr durch. Ein solcher Bürger wird anfällig für radikale Rattenfänger, die ihm den „Widerstand“ nahelegen.
(Auch in Gruppen wie EIKE, Hayek Gesellschaft, Limburg beobachtbar)

Narrativ 2: „Geheime Eliten planen die Neue Weltordnung“

Inhalt: Dieses Narrativ besagt, dass Ereignisse in Politik und Gesellschaft kein Zufall und auch nicht Resultat offener Entscheidungsprozesse seien, sondern das Ergebnis geheimer Absprachen einer kleinen Gruppe mächtiger Personen. Die Welt werde letztlich von einer verborgenen Elite gesteuert – häufig genannt werden Milliardäre, Banker, Hochfinanz, internationale Organisationen wie das Weltwirtschaftsforum (WEF) oder die „Bilderberger“.

Moderne Varianten sprechen von „Globalisten“, die einen „Great Reset“ anstrebten. Der Great-Reset-Mythos ist besonders prominent: Hier wird behauptet, eine globale Polit- und Wirtschaftselite nutze Krisen (wie Corona) gezielt, um eine Neue Weltordnung zu errichten, in der die Bevölkerung massiv entrechtet und überwacht wird. Alle Regierungen seien nur Marionetten dieser Elite. Beliebt ist auch die Erzählung, Bill Gates stecke hinter globalen Impfkampagnen aus Profitgier oder um Mikrochips zu implantieren. Oder die alte antisemitische Legende, die Rothschild-Familie kontrolliere das gesamte Bankenwesen bis heute. Diese Erzählungen variieren im Detail, laufen aber alle auf das gleiche Grundmuster hinaus: „Eine finstere Verschwörung zum Schaden des Volkes“.‘
(Aus dem linken Spektrum tauchen auch Bücher wie „das Bill Gates Problem, Tim Schwab“ auf, das allerdings tatsächlich kritische Punkte an Gates Philanthropie beleuchtet)

Zweck/Funktion: Das Elite-Verschwörungsnarrativ dient als universelle Sündenbock-Erklärung für komplexe Probleme.
Es bietet einfache Antworten:
Warum gibt es Kriege? – Weil die Rüstungsindustrie und globalen Eliten das so wollen.
Warum Pandemie? – Geheimlabore der Elite; oder die Elite will uns durch Impfungen kontrollieren.
Warum soziale Ungleichheit? – Weil die Reichen/Konzerne uns ausbeuten.

Indem ein Feindbild Elite geschaffen wird, lassen sich diffuse Ängste und Unzufriedenheiten gezielt auf bestimmte Personengruppen projizieren. Das entlastet die Anhänger von der Notwendigkeit, komplexe Systeme (etwa Wirtschaftsordnungen oder internationale Politik) zu verstehen – stattdessen glaubt man an die eine große Steuerungsverschwörung. Für die Propagandisten hat es den Vorteil, dass Gegner delegitimiert werden können:
Werden zum Beispiel Klimaschutzbewegungen als „von George Soros finanziert“ dargestellt, muss man inhaltlich nicht auf ihre Argumente eingehen, denn sie seien ja Teil des Komplotts.

Ein weiterer Zweck ist die Mobilisierung durch Angst: Die Vorstellung einer allmächtigen, aber im Dunkeln agierenden Elite erzeugt ein Gefühl akuter Bedrohung. Das Publikum soll glauben, man stehe quasi am Abgrund einer Versklavung. Das kann zu starker Emotionalisierung führen (Fight-or-Flight-Reaktion) – Leute schließen sich Zusammenrottungen an, bunkern Waffen oder bereiten sich auf „Tag X“ vor.
Extremistische Gruppen nutzen das, um Anhänger fester an sich zu binden:
Nur wir haben die Wahrheit erkannt und können euch schützen.
(Dropshipping und Prepper Ytber, gerne Ex Militärs nutzen das um Dinge zu verkaufen)

Attraktiv für extreme Rechte: In rechten Weltbildern spielten Verschwörungstheorien schon immer eine große Rolle – man denke an die antisemitische „Zinsknechtschaft“-Erzählung oder die „jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung“ der Nazis.
Heutige Rechtsextreme knüpfen nahtlos daran an:
Sie ersetzen „Juden“ rhetorisch oft durch „Globalisten“ oder „Finanzeliten“, meinen aber ähnliches. Antisemitismus ist ein ideologischer Kern vieler Verschwörungsmythen. Daher passen Great-Reset & Co. perfekt ins rechtsextreme Narrativ: Sie bestätigen die Überzeugung, das eigene Volk werde von fremden Mächten aus dem Hinterhalt manipuliert. Gerade die Idee einer „Weltregierung“ (im Great-Reset-Mythos) löst bei Rechtsradikalen Alarm aus – sie sehen darin die Vernichtung der Nationalstaaten, die sie ja erhalten wollen. Folglich propagieren sie, der „Globalismus“ (in Person von Leuten wie Soros, Gates oder Klaus Schwab vom WEF) sei der Hauptfeind der nationalen Souveränität. Rechtsextreme Verschwörungs-Influencer wie Oliver Janich oder die Zeitschrift Compact haben seitenweise diese Thesen verbreitet.
Das Narrativ legitimiert auch ihren Kampf gegen die Regierung: Diese wird als bloße Marionette der globalen Strippenzieher dargestellt – folglich sei jeder Widerstand gegen „die da oben“ auch ein Kampf gegen die inländischen Volksverräter, die mit der Elite unter einer Decke stecken.

Attraktiv für extreme Linke: In der linken Ideologie gibt es traditionell den Topos der „herrschenden Klasse“ oder Kapitalisten, die aus Eigeninteresse die Massen unterdrücken. Das Verschwörungsnarrativ ähnelt diesem Bild, geht aber meist weiter ins Fantastische (geheime Treffen, Absprache aller Mächtigen etc.). Manche extreme Linke – etwa stalinistische oder antiimperialistische Gruppen – sind empfänglich für Erzählungen, die USA oder westliche Oligarchen steuerten insgeheim alle Weltereignisse. So wurde in einigen linken Publikationen der Ukraine-Krieg z.B. als von den USA provoziert dargestellt, um eine neue Weltordnung zu schaffen – im Grunde eine Variation der russischen Propaganda. Antiimperialisten auf der Linken nehmen gern an, jeder Protest in anderen Ländern (z.B. Demokratiebewegungen in Belarus, Hongkong, Iran) sei in Wahrheit eine von CIA/NATO inszenierte Farbrevolution.

Sie glauben also an Verschwörungen, nur mit anderem Vorzeichen (hier ist „der Westen“ die böse Elite). Linke Globalisierungskritiker wiederum finden im Narrativ der Finanzelite Bestätigung für ihre Forderung, das kapitalistische System zu stürzen.
Die Occupy-Parole von den „99% vs. 1%“ war zwar keine Verschwörungstheorie, aber anschlussfähig: Einige übernahmen dann tatsächlich die Auffassung, der „1%“ habe sich verschworen, um den Rest arm zu halten.
Linke und rechte Esoteriker schließlich (Anthroposophen, New-Age-Anhänger) glaubten z.T., Corona sei ein Plan der Pharmaindustrie und Bill Gates, um Profit zu machen – ein eher „kapitalismuskritischer“ Spin, aber dennoch Verschwörungsmythos.
Kurz: Das Elite-Narrativ fügt sich in anti-kapitalistische, anti-amerikanische oder anti-globalistische Denkmuster auf der Linken ein, wenngleich meist gemildert (offene Neonazi-Memes wie die antisemitische Echsenmenschen-Theorie lehnt die Linke ab, aber die mildere „WEF-Verschwörung“, „Bilderberger“ glauben einige).

Missbrauchsbeispiel: Die Great-Reset-Verschwörung wurde während der Pandemie ein regelrechter Renner in Telegram-Kanälen und auf Demos. Auf Schildern von Querdenker-Demonstranten fand sich z.B. die Aufschrift „Great Reset = politischer Plan = googeln! – Corona Täuschung“ – man appellierte an Passanten, im Internet nach diesem Begriff zu suchen, um „die Wahrheit“ zu erkennen.
(Die Arglosen Bürger glauben ja immer noch im Internet würde sich die Wahrheit finden lassen, das man dort alles und nichts findet, ein Lernprozess….)

Tatsächlich kursierten zahllose Videos, in denen u.a. der WEF-Gründer Klaus Schwab bezichtigt wurde, er plane die globale Versklavung. Interessant ist, dass dieses Narrativ sowohl von rechts außen als auch von linken Systemoppositionellen verbreitet wurde. Die NachDenkSeiten etwa veröffentlichten Artikel, die den Great Reset äußerst kritisch beäugten und praktisch die Fragen der Verschwörungsszene aufwarfen (z.B. Unterstellung einer Gleichschaltung der Medien zum WEF-Thema). Rechts hingegen fantasierten AfD-nahe Kreise von einer „Klima-Great-Reset-Diktatur“ der EU.
Für den
durchschnittlichen Bürger war es schwer zu durchschauen, dass diese Verschwörungserzählung in Wahrheit keine politischen Lager kennt, sondern ein übergreifendes anti-elitistisches Weltbild transportiert.
Letztlich trifft die Warnung des Verfassungsschutzes zu: Diese Erzählungen sind häufig von antisemitischen Ressentiments geprägt, womit eine Brücke zu Rechtsextremisten und Reichsbürgern geschlagen wird. Wer als Linker das Narrativ glaubt, landet gedanklich plötzlich bei den Feindbildern der Rechten (Soros, Rothschild etc.), und umgekehrt übernehmen Rechte moderne Schlagworte wie „Great Reset“, die ursprünglich aus einem globalisierungskritischen Diskurs stammen, aber nun in ihr völkisches Schema passen.

Das Elite-Verschwörungs-Narrativ ist einer der mächtigsten Hebel, weil es so viel erklärt (bzw. vorzugeben scheint zu erklären) und emotional stark auflädt. Es delegitimiert sämtliche offiziellen Stellen als Teil der Verschwörung – seien es Regierungen, Parlamente, Medien, Wissenschaftsinstitute. Damit ist es eine Frontalattacke auf die Aufklärung: In der geschlossenen Verschwörungs-Filterblase werden alle Fakten, die dem widersprechen, als „Lüge der Elite“ weggewischt. Der gesellschaftliche Diskurs verkommt so zur Lagenbildung verfeindeter Wahrheitsuniversen.

Narrativ 3: „Der Westen ist schuld – Anti-Amerika/Anti-NATO“

Inhalt: Dieses Narrativ schiebt bei internationalen Konflikten und Krisen die Hauptschuld grundsätzlich dem Westen (USA, NATO, EU) zu. Es zeichnet ein Bild des Westens als aggressiv, heuchlerisch, imperialistisch, während Gegenspieler wie Russland, China oder andere autoritäre Regime als Opfer westlicher Machenschaften oder als Wahrer traditioneller Werte dargestellt werden.
(womit wir auch wieder bei Russlands Christlich Orthodoxen, Katechon, Bischoff Tychon etc. landen)

Beispiele: NATO-Osterweiterung als angebliche Ursache des Ukraine-Kriegs („Die NATO hat Russland provoziert, Putin musste sich wehren“); die USA als Strippenzieher hinter allen möglichen Konflikten (Syrien, Libyen, Jugoslawien – immer sei es ein US-Regime-Change-Plan gewesen).
Oder: die EU und USA betreiben eine „Dekadenz“ (multikulti, LGBTQ-Rechte etc.), die die Welt vergiftet, während etwa Russland traditionelle Familienwerte verteidige – ein Narrativ, das Rechtsextreme anspricht. Ebenso werden Sanktionen gegen Länder wie Russland oder Iran von diesen Kreisen nicht als Reaktion auf Verstöße gesehen, sondern als willkürliche Aggression des Westens gegen unbequeme Staaten.
Kurz: Der Westen erscheint als Feindbild – ein Block, dem nicht zu trauen ist, der angeblich Kriege anzettelt, faschistische Regime unterstützt (häufig hört man, die ukrainische Regierung sei „Nazi“ und von der NATO ins Amt gehievt) und die eigene Bevölkerung belügt.

Zweck/Funktion: Dieses Narrativ hat mehrere Funktionen. International (aus Sicht fremder Propaganda) dient es der Schwächung der Unterstützung westlicher Bevölkerung für ihre eigenen Regierungen und Bündnisse: Wenn Deutsche glauben, „unsere“ NATO oder Regierung sei eigentlich der Bösewicht, sinkt die Bereitschaft, z.B. Sanktionen mitzutragen oder Bündnispflichten zu erfüllen. Innenpolitisch – für extreme Gruppen – dient das Narrativ als Legitimationsbasis für eine generelle Anti-Establishment-Haltung:
Man kann alles anprangern, von Rüstungsausgaben bis Menschenrechtsrhetorik, indem man behauptet, dahinter stecke nur westliche Doppelmoral oder Geopolitik.
Es fördert auch eine Querfront in der Friedensbewegung:
Indem man „Frieden“ fordert, aber faktisch die Propaganda eines Diktators (z.B. Putin) nachspricht, kann man sich moralisch überlegen fühlen und zugleich die eigene Regierung delegitimieren. Eine weitere Funktion ist antiamerikanische Ressentiments zu bedienen, die in Deutschland historisch sowohl rechts (Vorstellung der „kulturfremden Besatzer“) als auch links (Kapitalismus- und Militarismus-Kritik) vorhanden sind. Zudem bietet es dem rechtsextremen Spektrum die Möglichkeit, Verbündete in autokratischen Führern zu finden – etwa die offene Bewunderung mancher AfD-Politiker für Putin oder auch Trump: Diese werden als Gegenentwurf zum verfaulten liberalen Establishment hochgehalten.

Attraktiv für extreme Rechte: Die extreme Rechte in Deutschland ist seit dem Kalten Krieg antiwestlich eingestellt, weil sie im Westen den Triumph der verhassten liberalen Demokratie sieht. Rechtsnationale kreisen pflegen seit jeher eine Amerikafeindlichkeit (Vorstellung der „US-Besatzung“ Deutschlands, der „McDonaldisierung“ der Kultur etc.). Für sie ist es attraktiv zu behaupten, die deutschen Regierungen seien nur „Marionetten Washingtons“. Das schmälert die Loyalität der Bürger gegenüber der eigenen Regierung und schürt Neid/Bewunderung für Länder wie Russland, die man als souverän und stark stilisiert.
Besonders Putin wird in Teilen der Neuen Rechten glorifiziert – als Gegenpol zu „westlichem Verfall“. Das antiwestliche Narrativ fügt sich gut mit dem Verschwörungsdenken zusammen: Viele Rechtsextreme glauben an eine „globale Elite“ (siehe Narrativ 2) und setzen diese häufig mit den westlichen Eliten gleich (z.B. US-Ostküste, Wall Street, Hollywood – oft Chiffren für angeblich jüdischen Einfluss). Das heißt, Anti-USA kann als Code für antisemitische Verschwörung dienen. Außerdem ermöglicht es der Rechten, die eigene Geschichtsrevisionismus voranzutreiben: Wenn heute die NATO als genauso schlimm wie die Achsenmächte dargestellt wird, relativiert das implizit die deutsche Kriegsschuld etc. Eine bizarre aber reale Konstellation: Rechtsextreme deutschen Hohenzollern-Nostalgiker marschierten bei Corona-Demos neben russischen Flaggen – ein Sinnbild dafür, dass Hauptsache der gemeinsame Feind (die liberale Bundesrepublik, die NATO) zählt.

Attraktiv für extreme Linke: In der Linken hat Antiamerikanismus eine lange Tradition, teils als reflexhafte Kritik am US-Imperialismus (Vietnamkrieg etc.), teils befeuert durch Sowjetpropaganda im Kalten Krieg. Auch nach 1990 blieb in Teilen der Friedensbewegung eine tiefe Skepsis gegen die NATO bestehen. Die extreme Linke, insbesondere marxistisch-leninistische und anarchistische Strömungen, sieht in NATO/EU Institutionen der kapitalistischen Weltordnung. Für sie ist es attraktiv, jeden Konflikt auf westliche Schuld zurückzuführen, da es die eigene Ideologie bestätigt: Krieg = Kapitalismus.
Beim Ukraine-Krieg etwa erklärten einige linke Publikationen (z.B. junge Welt, Teile der Linkspartei), die Hauptursache sei die NATO-Expansion; man solle daher lieber die USA kritisieren als Russland. Auch bei Themen wie Nahost-Konflikt vermengen manche linke Gruppen berechtigte Israel-Kritik mit antiamerikanischer Verschwörung (z.B. die USA würden Kriege im Nahen Osten inszenieren). Für Linke bietet das Narrativ die Möglichkeit, eigene antiimperialistische Identität zu stärken und sich als moralische Instanz gegen Kriegstreiberei zu inszenieren.
Zudem schafft es eine merkwürdige Nähe zu rechten Friedensaktivisten, die man in Kauf nimmt, solange der Tenor „NATO böse“ stimmt – das sah man etwa in gemeinsamen Demos von Linken und AfDlern gegen Waffenlieferungen an Ukraine 2022/23.

Missbrauchsbeispiel: Die neuen „Friedensdemos“ 2022/2023 in Deutschland, insbesondere jene angeführt von der Linkspartei-Politikerin Sahra Wagenknecht und dem rechten Publizisten Jürgen Elsässer, zeigten die Querfront-Potentiale des antiwestlichen Narrativs. Wagenknecht (links) und Elsässer (rechts) mögen ideologisch verschieden sein, aber beide verbreiten teils identische Narrative: Die USA hätten den Krieg provoziert, die Bundesregierung handle gegen deutsche Interessen nur um den USA zu gehorchen, Sanktionen würden uns mehr schaden als Russland. In Elsässers Magazin Compact war Wagenknecht sogar Titelbild, mit dem Tenor, sie betreibe eine nötige „Volksbewegung“ gegen die da oben. Gleichzeitig veröffentlichte das rechtsalternative Lager zahlreiche Desinformationen, etwa gefälschte Bilder von angeblichen Nazi-Symbolen in der Ukraine, um die westliche Unterstützung zu delegitimieren. Auf der linken Seite wurden währenddessen teils russische Staatsnarrative weiterverbreitet – etwa auf den NachDenkSeiten, wo kaum über russische Kriegsverbrechen berichtet, dafür umso mehr westliche „Propaganda“ angeprangert wurde. Das Ergebnis war eine beispiellose Überschneidung der Argumentationsmuster:

In Social Media konnte man Kommentare lesen, bei denen man kaum noch sagen konnte, ob der Verfasser politisch links oder rechts steht – es klang alles nach RT Deutsch. Die Wirkung solcher Kampagnen zeigte sich darin, dass Umfragen 2023 ungewöhnlich hohe Zustimmungswerte für Forderungen nach „mehr Rücksicht auf Russlands Interessen“ oder „weniger Konfrontation mit Putin“ auch bei Anhängern eigentlich westlich orientierter Parteien ergaben. (Das war das Ziel von Dugin und Surkow und Banon)

Das antiwestliche Narrativ ist deshalb so gefährlich, weil es in Zeiten internationaler Krisen direkt die Bündnissolidarität und Wehrhaftigkeit einer Demokratie untergräbt. Wenn große Teile der Bevölkerung glauben, der eigentliche Feind sitze in Washington oder Brüssel statt in Moskau oder Peking, wird es für eine Regierung nahezu unmöglich, eine klare Haltung gegen Aggressionen zu vertreten, ohne innenpolitisch unter Druck zu geraten. Zudem isoliert es die Gesellschaft von Opfern echter Aggression (z.B. Ukrainer), die dann kein Gehör finden, weil man ihren Aggressor entschuldigt.
Hier bedienen extreme Rechte und Linke jeweils ihre Agenda – Nationalisten wollen aus NATO/EU raus, radikale Linke den US-Einfluss kappen – aber beide spielen objektiv autokratischen Staaten in die Hände, die diese Spaltungen fördern.

Narrativ 4: „Die Lügenpresse/MainstreamMedia und der Informationskrieg“

Inhalt: Dieses Narrativ behauptet, dass die Massenmedien systematisch lügen, zensieren oder im Auftrag der Mächtigen die Unwahrheit verbreiten.
Der Begriff „Lügenpresse“ wurde von Pegida und AfD hoffähig gemacht, hat aber eine lange rechtsextreme Historie (schon im 19. Jh. und dann von den Nazis genutzt). Modern manifestiert sich das Narrativ in Sätzen wie: „Trau keinem Mainstream-Medium, die bekommen alle ihre Befehle von oben“. Alles, was in etablierten Nachrichten berichtet wird – sei es zu Corona, Klima, Krieg oder Wahlen – wird unter Generalverdacht gestellt, Teil einer Propagandakampagne zu sein. Oft wird Medien und Politik abgesprochen, dass sie getrennt seien: Man fabuliert über eine „Systempresse“, in der Journalisten das sagen, was die Regierung will, oder über gleichgeschaltete Medien (eine bewusste Analogie zur NS- und DDR-Presse). Ein spezielles Element ist das Framing: Während anerkannte Medien als „Lügenpresse“, „Staatsfunk“ (für ÖRR-Sender) oder „Pinocchio-Presse“ diffamiert werden, stilisieren sich alternative Medien und Blogger als einzige Wahrheitsquellen. So wird etwa RT als „gegenöffentlich“ gelobt, während ARD/ZDF verächtlich gemacht werden. Häufige Behauptung: „Die Medien berichten nicht über X“ (obwohl sie es tun, nur anders als gewünscht) oder „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen – aber die Medien schweigen“. Damit werden auch Falschinformationen gerechtfertigt:
Wenn etwa eine absurde Behauptung kursiert, entgegnen Verfechter gerne „logisch, dass Tagesschau & Co das leugnen, die stecken ja mit drin“.
Somit wird jeder Faktencheck zum vermeintlichen Beweis, dass es eine Lügenpresse gibt.

Zweck/Funktion: Das Narrativ der Lügenpresse verfolgt zwei Hauptzwecke:
Diskreditierung und Monopolisierung von „Wahrheit“.
Erstens werden unabhängiger Journalismus und objektive Informationen diskreditiert. Dadurch verlieren Menschen den Halt an überprüfbaren Fakten – sie sollen glauben, überall wird gelogen.
Zweitens werden die Empfänger so gelenkt, ihre Informationen nur noch aus den Kanälen der Verschwörungsszene zu beziehen. Die großen Verschwörungsakteure präsentieren sich selbst als alternative Medien oder „Aufklärer“, die mutig die Wahrheit sagen, die alle anderen verbergen.
So entsteht ein geschlossenes Informationsökosystem (Motivated Reasoning):
Wer einmal überzeugt ist, alle etablierten Medien seien ausschließlich Propaganda, der wechselt komplett in die Echokammer. Dort wird er mit immer radikaleren Inhalten gefüttert, ohne Korrektiv. Für extreme Akteure ist dies ideal, denn sie können ihre Anhänger nun ungestört beeinflussen. Das Lügenpresse-Narrativ immunisiert gegen Enthüllungen oder Kritik: Wenn z.B. die Presse über Verbindungen eines Querdenker-Organisators ins Neonazi-Milieu berichtet, können dessen Anhänger das einfach als „Lügenpresse“ abtun und müssen sich nicht damit auseinandersetzen. So sichert das Narrativ Loyalität – die eigene Gruppe wird zum alleinigen Wahrheitsgaranten, alles Außenstehende ist Feind.

Attraktiv für extreme Rechte: Rechtsextreme sehen die etablierten Medien schon immer als Gegner, weil diese typischerweise rechtsextreme Positionen (Rassismus, Antisemitismus) kritisieren. Durch die „Lügenpresse“-Agitation gelang es der Neuen Rechten, Misstrauen gegenüber Medien bis weit in bürgerliche Schichten zu säen. AfD-Politiker wetterten ständig gegen Rundfunkanstalten, was dazu führte, dass heute ein signifikanter Teil der Bevölkerung den Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr traut – teils sicher wegen echter Fehler oder Bias, aber aufgebauscht durch gezielte Kampagnen. Für Rechte hat das den Vorteil, dass ihre eigene Propaganda weniger Widerspruch erfährt.
Ein AfD-naher Blog kann faktenfrei behaupten, Ausländerkriminalität sei explodiert – wenn die Tagesschau Gegenteiliges berichtet, glauben AfD-Anhänger es schlicht nicht, weil es ja „Systemmedien“ sind.
(Politiker wissen was ihre Wähler lesen und für Medien konsumieren, und biedern sich teil hilflos, dann an diese Narrative an es erfolgt politisch nur Reaktion, keine Agitation.)

Rechter Aktivismus im Netz (Memes, Videos) feiert sich selbst als „wahrheitsverkündend“, z.B. in Form von „Bürgerjournalisten“ oder YouTubern, die „ungeschnitten zeigen, was die Lügenpresse verschweigt“.
Besonders einschneidend war das bei Themen wie Migration (Behauptung: Medien würden Verbrechen von Flüchtlingen vertuschen, was nicht stimmt; trotzdem führten Einzelfälle wie 2016 in Köln dazu, dass viele Medien-Vorwürfe glaubten)
oder COVID (Behauptung: Medien seien mit Pharmaindustrie im Bunde, alle Gegenstimmen würden unterdrückt). Die extreme Rechte hat das Lügenpresse-Narrativ quasi mainstreamfähig gemacht – man denke an Pegida-Demonstranten, wo tausende skandierten „Lügenpresse, Lügenpresse“. Das ist für die Demokratie gefährlich, denn ohne Grundvertrauen in irgendwelche gemeinsamen Fakten wird rationaler politischer Diskurs unmöglich.

Attraktiv für extreme Linke: Auch auf der Linken gibt es von jeher Medienkritik, allerdings anderer Art: Man sieht große Verlage als Konzernmedien, denen Profit wichtiger ist als Wahrheit, oder wirft ihnen vor, regierungsnah und konservativ zu sein
(früher Schlagwort: „Springer-Presse“ als Feindbild der 68er, macht auch heute gut 50 Jahre später wieder Schule, Springer-Döpfner-Thiel-KKR-fossile-atomare Lobby…).

Linke Alternativmedien entstanden aus dem Impuls, Perspektiven zu bieten, die in Mainstream-Medien unterrepräsentiert sind (Arbeiterbewegung, Friedensperspektive, Sozialkritik).
Das Problem: Einige dieser alternativen Medien sind in den letzten Jahren selbst anfällig für Verschwörungstheorien geworden, sobald ihr Misstrauen gegenüber „dem Mainstream“ überhandnahm. So wandelten sich etwa die NachDenkSeiten von einem linken Debattenportal zu einem starren Sprachrohr pro-russischer Narrative, wie eingangs erwähnt. Ihr Herausgeber sieht überall „Kampagnen“ etablierter Medien und stellt fast reflexhaft Gegenpositionen dar – auch wenn diese faktisch falsch sind. Für extreme Linke ist das Lügenpresse-Narrativ attraktiv, wenn sie glauben, die Medien stünden auf Seiten des Kapitals und des Establishments und würden linke Anliegen diffamieren. Ein Beispiel: Autonome warfen den „bürgerlichen Medien“ etwa vor, die G20-Proteste 2017 verzerrt als Krawalle dargestellt zu haben, anstatt die politische Botschaft zu sehen – daraus kann ein generelles Misstrauen wachsen. Jedoch: Insgesamt ist in der demokratischen Linken das Vertrauen in seriöse Medien höher als bei Rechten, wie Studien zeigen. Die radikale Linke greift daher eher selten zu dem plumpen „Lügenpresse“-Slogan; stattdessen arbeitet sie mit Begriffen wie „gleichgeschaltete NATO-Medien“ in gewissen Kreisen. Letztlich landen diese Gruppen dann aber auf den gleichen alternativen Plattformen. So lesen manche Links-Aktivisten dieselben Quellen
(RT, Telepolis, YouTube Influencer und verdeckte Politikagitatoren alternative-Blogger) wie AfD-Anhänger, nur filtern sie sich die jeweils passenden Aspekte heraus.

Missbrauchsbeispiel: Ein auffälliger Fall war die Berichterstattung rund um die Corona-Proteste und Verschwörungsmythen. Alternative Medien wie KenFM (Portal von Ken Jebsen) produzierten reißerische Videos, in denen z.B. renommierte Virologen oder die Tagesschau beschuldigt wurden, Teil einer Propagandaaktion zu sein, um die Bevölkerung gefügig zu machen.
Diese Videos gingen viral und fanden Zuspruch sowohl bei rechtsesoterischen Impfgegnern als auch bei anthroposophisch angehauchten Grünen-Wählern, die Schulmedizin misstrauen.
Der gemeinsame Nenner:
Sie glaubten, die etablierten Medien würden wichtige „Wahrheiten“ unterdrücken.
Gleichzeitig professionalisierten sich Desinformationsportale:
Auf Telegram entstanden Nachrichtensparten, die fast im Minutentakt Eilmeldungen rausgaben – allerdings mit komplett gefärbtem Inhalt. Viele Menschen wussten irgendwann gar nicht mehr, ob eine Nachricht von der Deutschen Presse-Agentur kam oder von einem Querdenker-Kanal, es sah alles ähnlich aus.
Journalisten, die versuchten, diese Fakes aufzudecken, wurden persönlich angefeindet und ebenfalls als Lügner diffamiert.
Die regierungsnahe Amadeu Antonio Stiftung stellt fest, dass mittlerweile vielfach geschlossene Weltbilder mit eigenen Medien- und Informationslandschaften bestehen.
In diesen Kreisen gelten
populistische Dichotomien wie Volk vs. Elite oder Wahrheit vs. Lügenpresse als absolut. Hierin liegt eine akute Gefahr:
In solchen abgeschotteten Informationsblasen können sich Extremismus und Hass ungehemmt radikalisieren, weil externe Korrektive nicht mehr zugelassen werden. Die realen Ereignisse (z.B. eine friedliche Demo, ein Gerichtsurteil, eine wissenschaftliche Studie) werden verzerrt oder gar nicht wahrgenommen – stattdessen fabulieren sich die Mitglieder dieser Gruppen ihre eigene Version zurecht, die das Narrativ stützt.

Zusammenfassend entzieht das Lügenpresse-Narrativ dem demokratischen Diskurs die gemeinsame Faktenbasis. Es erzeugt verfeindete Lager, die nicht mehr dieselbe Realität teilen.
Für extreme Akteure ist das nützlich, denn sie können ihre Anhänger so gegen den Rest der Gesellschaft abschotten. Aus Sicht der Sicherheitsbehörden ist das jedoch fatal, weil es die Ansprechbarkeit und Deeskalation erschwert.
Wenn jemand keine Zeitung, keinen Faktenfinder, keinen Politiker mehr glaubt – wie soll man ihn dann noch erreichen, bevor er vielleicht zur Tat schreitet?

Dynamik: Krisen als Katalysator und flexible Narrative

Ein wichtiges Merkmal der beschriebenen Narrative ist ihre Wandlungsfähigkeit.
Extreme Einflussnehmer wechseln ihre thematischen Schwerpunkte opportunistisch, je nachdem, welche Krise oder welches Ereignis gerade die Aufmerksamkeit der Massen hat. Die Grundaussagen bleiben aber meist dieselben (Eliten böse, Staat böse, Westen böse, Medien lügen).
Die Corona-Pandemie bot ein außergewöhnliches Beispiel:
Anfang 2020 existierte die Querdenker-Szene noch nicht. Doch innerhalb weniger Monate schossen Gruppen, Telegram-Kanäle und Webseiten aus dem Boden, die aus dem Stand heraus Millionen erreichten – indem sie bekannte Narrative auf das neue Thema anwendeten (z.B. „Corona ist eine Lüge der Elite“ oder „Impfung = Bevölkerungskontrolle“). Diese Mobilisierung gelang, solange staatliche Einschränkungen aktuell waren.
(Das Korrektiv des Stammtisches fehlte)

Als Mitte 2022/2023 viele Corona-Maßnahmen endeten, fiel das Thema als Zugpferd weitgehend weg.
Sofort begann im verschwörungsideologischen Spektrum eine Suche nach Ersatzthemen: Diskutiert wurde intern, ob man sich nun stärker gegen Klimaschutzmaßnahmen wenden solle (Stichwort Klima-Lockdown-Verschwörung) oder ob die Inflations- und Energiepreiskrise infolge des Ukraine-Kriegs sich als nächstes großes Empörungsthema eigne.
(In Peter Pomerantsevs Buch: Das ist keine Propaganda; wird beschrieben, wie Manipulation der Energiemärkte Gaspreis bereits in Manila genutzt wurde um politische Instabilität zu erzeugen)

Tatsächlich gab es im Herbst 2022 einige Versuche, bundesweit „Heizung-Demos“ zu organisieren – mit Parolen gegen Habecks Energiepolitik etc., teilweise von AfD und Linken gemeinsam. Allerdings erreichten diese zu keinem Zeitpunkt die Resonanz wie zuvor Corona. Gleiches gilt für die Anläufe, eine Art „neue Friedensbewegung“ im Zuge des Ukraine-Krieges zu inszenieren. Zwar gab es medienwirksame Veranstaltungen (z.B. die von Wagenknecht & Schwarzer initiierte Demo Feb 2023 in Berlin mit teils rechtsoffenen Teilnehmern), aber im Vergleich zu den Massenspaziergängen der Querdenker blieb es kleiner.

Dies zeigt: Narrative brauchen günstige Anlässe.
Eine Pandemie (mit Isolation der Bürger und viel Zeit mit Social Media), die jeden Bürger betraf, war ein hochwirksamer Anlass. Andere Themen wie Klima oder Krieg betreffen die Menschen indirekter oder emotional anders gelagert – dennoch bleiben sie auf der Agenda der Desinformationsakteure.
Sollte z.B. eine neue Wirtschaftskrise ausbrechen oder die Migration wieder stark ansteigen, ist zu erwarten, dass die bekannten Narrative (Eliten schuld, Regierung unfähig/böse/korrupt, Medien lügen) sofort darauf adaptiert würden.
Man sieht das etwa beim aktuellen Thema Flüchtlingspolitik: Während 2020/21 Querdenker vor allem Corona diskutierten, rückt seit 2022/23 in rechtsextremen Telegram-Kanälen wieder das Narrativ vom „Bevölkerungsaustausch“ (Great Replacement) hoch – eine alte rechtsextreme Verschwörungsthese, derzufolge „globale Eliten“ gezielt Migration fördern, um Völker auszutauschen. Dies verschmilzt die Narrativkategorien: Es ist zugleich antisemitische Elite-Verschwörung (Soros fördere Migration) und delegitimiert die Regierung (die mache da mit, „Import von Wählern“ etc.) und hetzt gegen eine Gruppe (Geflüchtete). Interessanterweise wird dieses spezielle Narrativ kaum von linken Gruppen geteilt, da es offen rassistisch ist; hier zeigt sich also eine Grenze der Querfront – offener Rassismus ist im linken Spektrum nicht mehrheitsfähig. Allerdings finden linke Diskurse andere Aufhänger, z.B. Kritik an „imperialer Lebensweise“ der westlichen Länder als Fluchtursache, was dann wieder antiwestlich gelesen werden kann.
(Empfehlenswert zu lesen: Migration, 22 populäre Mythen und was wirklich hinter ihnen steckt von Prof. Hein de Haas wird allerdings, auch manch konservativem Politiker schlecht bekommen)

Flexibilität der Verschwörungsideologen: Die Protagonisten wechseln oft nahtlos die Themen. Jemand wie Attila Hildmann fing 2020 mit kruden Thesen zu Corona an, steigert sich dann in QAnon hinein (Eliten-Verschwörung), wetterte gegen die „Impf-Diktatur“ (Delegitimierung) und schrieb schließlich antisemitische Hasstiraden gegen Juden und Migranten – er hat quasi den ganzen Narrativ-Katalog durchdekliniert. Ähnlich Heiko Schrang, ursprünglich als spiritueller Autor unterwegs: erst Corona-Leugnung, dann Great Reset, dann Putin-Versteher. Diese Allrounder bedienen ihre Gefolgschaft mit dem, was gerade gefragt ist, ohne ihre ideologische Linie (Anti-Elite, Anti-System) zu verlassen.

Für Politik und Sicherheitsbehörden bedeutet dies:
Wachsamkeit auf breiter Front. Man darf nicht nur auf das „Thema des Tages“ starren.
Heute Pandemie, morgen Krieg, übermorgen etwas anderes – aber die Mechanismen und Narrative dahinter bleiben gleich.
Wenn eine Krise abflaut, wird das Netzwerk der Desinformation nicht einfach verschwinden; es wartet auf das nächste polarisierende Ereignis.

Folgen und Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft

Die vorherigen Kapitel haben die Inhalte und Akteure von Desinformationsnarrativen beleuchtet. Abschließend soll skizziert werden, welche konkreten Auswirkungen dieser Trend auf unsere Gesellschaft, die politische Kultur und die innere Sicherheit hat.

Gesellschaftliche Spaltung: Ein zentrales Ergebnis der Desinformationsflut ist eine Polarisierung und Fragmentierung der Gesellschaft in gegenseitig unverständliche Lager. Wenn signifikante Teile der Bevölkerung an völlig unterschiedlichen Narrativen/Glaubenssätzen/Leit- und Weltbildern orientiert sind (z.B. die einen halten Corona für eine gefährliche Krankheit, die anderen für eine Lüge der Elite), dann bricht der konsensorientierte Diskurs als Fundament der Demokratie weg. Wir erleben, dass ehemals gemeinsame Bezugspunkte – Fakten, auf die man sich einigen konnte – schwinden.
Das erschwert nicht nur politische Kompromisse, sondern auch das tägliche Miteinander (Familien, Freundeskreise, die an solchen Themen zerbrechen). Die Diskurse verschieben sich:
Einst unvorstellbare Debatten (etwa die Sinnhaftigkeit von Impfungen oder die Solidarität mit einem angegriffenen Land) werden plötzlich kontrovers, weil Desinformation Zweifel gesät hat. Extremisten gelingt es dadurch, ihre ideologischen Positionen hoffähig zu machen: Was früher nur am rechten Rand getönt wurde (z.B. „Lügenpresse“, „Volksverräter“), hört man nun in der Mitte.

Erosion des Vertrauens: Demokratie basiert darauf, dass Bürger Vertrauen in Institutionen haben – nicht blind, aber grundsätzlich.
Die permanente Delegitimierungskampagne trägt Früchte:
Vertrauen in Regierung, Parlament, Justiz, Wissenschaft und Medien wird ausgehöhlt.
Laut Umfragen misstraut ein wachsender Anteil der Deutschen den offiziellen Stellen und Institutionen. Das lässt sich z.B. in der sinkenden Impfbereitschaft trotz ärztlicher Empfehlungen sehen, oder im Erfolg von Desinformations-Narrativen über Wahlen (Stichwort: teilweise glauben Leute, es gäbe Wahlmanipulation in Deutschland, ohne jeden Beleg).
Populistische Parteien nutzen dieses Misstrauen, indem sie sagen „die da oben betrügen euch ohnehin“ – und bieten sich selbst als „Stimme des Volkes“ an. Auf längere Sicht kann diese Erosion zu politischer Lähmung führen: Sinnvolle, aber unbequeme Maßnahmen (etwa im Klimaschutz oder bei Gesundheitskrisen) werden nahezu unmöglich, weil sofort Verschwörungsgerede die Legitimität untergräbt. Das schadet letztlich allen, weil Probleme ungelöst bleiben oder Extremisten mit simplen Parolen Boden gutmachen.
Fortschritt z.b. bei neuen Technologien wird gelähmt und verschleppt, weil man neues wie „Elektroautos ohnehin nicht brauchen würde“

Gefahr von Radikalisierung und Gewalt: Die Beispiele zeigen, dass Worte Taten vorbereiten können. Wer ständig hört, er lebe in einer Diktatur, zieht eher den Schluss, sich „wehren“ zu müssen – notfalls mit Gewalt. So haben Gewaltaufrufe und Feindeslisten im Netz zugenommen; die Sicherheitsbehörden registrieren eine erhöhte Bereitschaft, auch Anschläge zu planen (z.B. der vereitelte Umsturzplan der Reichsbürger-Gruppe um Prinz Reuß 2022, die auch Corona-Narrative befeuerte). Einzelne Attentate wie das von Idar-Oberstein 2021 oder der Sturm auf den Reichstag durch Querdenker im August 2020 waren Warnsignale.
Gerade die Delegitimierer-Szene zeichnet sich dadurch aus, dass sie Staatsbedienstete, Politiker, Journalisten, Wissenschaftler etc. direkt ins Visier nimmt. Deren Sicherheit ist bedroht – ob durch Drohbriefe, Online-Hass oder tatsächliche Übergriffe. Wenn hier keine klare Grenze gezogen wird, droht eine Atmosphäre wie in der Weimarer Republik, wo politische Gewalt salonfähig wurde.
(Allerdings ist es ein Tanz auf der Rasierklinge, was ist noch legitime Meinungsäußerung, was geht zu weit)

Einfluss auf Wahlen und Entscheidungen: Desinformation kann das Wahlverhalten beeinflussen. Wenn z.B. durch Fake News die Stimmung gegen bestimmte Parteien oder Kandidaten gekippt wird, ist die Chancengleichheit gefährdet.
Schon jetzt beobachten Forscher, dass z.B. Far-right Populisten deutlich häufiger Fake News in Umlauf bringen als andere – offenbar als bewusste Strategie. Auch Volksentscheide und EU-Themen sind anfällig: Der Brexit wurde nachweislich durch massive Desinformation (Cambridge Analytica etc.) befeuert.
Für Deutschland kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei knappen Entscheidungen (etwa Impfpflichtdebatte) orchestrierte Falschinformationen den Ausgang beeinflusst haben. Für Politiker bedeutet das, dass Steuerung schwieriger wird: Selbst gut gemeinte Reformen (z.B. eine EU-Kooperation) können durch Trollkampagnen verunmöglicht werden, weil die Bevölkerung verunsichert wird.
(Beispiel: Die grünen als Feindbild während der Gaskrise ISD London)

Schädigung des internationalen Ansehens: Wenn in Deutschland Verschwörungsmythen Hochkonjunktur haben, hat das auch außenpolitische Folgen.
Deutsche, die den Narrativen autokratischer Staaten glauben, werden zu einem Hebel fremder Macht im Innern.
Man denke an die „Russlanddeutschen“, von denen laut Untersuchungen ein Teil durch russische Medien gezielt beeinflusst wurde, was zu überdurchschnittlichen Stimmen für die AfD in bestimmten Regionen führte. Das kann letztlich die Außenpolitik beeinflussen, wenn Parteien an die Macht kommen oder Druck entfalten, die z.B. sanktionierte Regime plötzlich unterstützen. Zudem leidet das Bild Deutschlands als verlässlicher Partner, wenn klar wird, dass die eigene Bevölkerung in Teilen anti-westlichen Narrativen folgt – das hat man in NATO-Kreisen mit Sorge registriert.

Öffentliche Gesundheit und Sicherheit: Jenseits der Politik hatte Desinformation auch handfeste Folgen im Alltag. Die Corona-Infodemie führte dazu, dass viele Bürger sinnvolle Schutzmaßnahmen boykottierten, was vermutlich Menschenleben kostete.
Oder sie vertrauten auf unwirksame Mittel (Stichwort: falsche Heilmittel). Im Bereich Sicherheit: Falschmeldungen über angebliche Kriminalität von Migranten führten teils zu vigilanten „Bürgerwehren“ oder Übergriffen.

Die Verbreitung von Gerüchten in Echtzeit (z.B. in Chatgruppen während Katastrophen) kann Einsatzkräfte behindern. Es gibt also auch eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung, wenn z.B. durch Desinformation Paniken ausgelöst werden (ein Beispiel war der WhatsApp-Kettenbrief zu angeblichen Gewaltakten an Halloween 2022, der Polizeieinsätze provozierte, obwohl vieles erfunden war).

Herausforderung für Geheimdienste und Polizei: Die Sicherheitsbehörden haben die Aufgabe, Extremismus zu beobachten und Straftaten zu verfolgen.
Doch das beschriebene Phänomen fällt nicht sauber in traditionelle Kategorien. Wenn etwa heterogene Gruppen ohne feste Organisation online agitieren, ist es schwer sie als klassische Extremisten einzustufen. Deshalb ja die Einrichtung des neuen Phänomenbereichs „Delegitimierung“ beim Verfassungsschutz.
Die Behörden müssen personell und analytisch erst aufholen, um die digitale Desinformationsflut zu bewältigen.
Das BfV betont, dass gezielte Desinformation ein klassisches Betätigungsfeld fremder Nachrichtendienste ist – es erfordert also mehr Zusammenarbeit von Geheimdienst, Cyberabwehr und Polizei. Gleichzeitig muss man verfassungsgemäß vorgehen:
Nicht jede schräge Meinungsäußerung ist justiziabel, was die Abgrenzung schwierig macht.

Zusammengefasst bedroht die desinformationsgetriebene Extremisierung sowohl die Demokratie als politische Ordnung als auch die innere Sicherheit und gesellschaftliche Friedfertigkeit.
Sie ist ein schleichendes Gift, das seine Wirkung bereits entfaltet hat, aber dessen volles Ausmaß vielleicht erst in kommenden Krisen sichtbar wird, wenn die Belastungsprobe kommt.

Fazit und Empfehlungen: Gegenmaßnahmen und der Wert kritischer Selbstprüfung

Die Analyse hat deutlich gemacht, dass Desinformation und toxische Narrative keine Randerscheinung mehr sind, sondern zu einem strukturellen Problem für demokratische Gesellschaften geworden sind. Extreme politische Akteure – ob aus dem rechten, linken oder verschwörungsideologischen Lager – missbrauchen diese Erzählungen, um ihre Agenda voranzutreiben, Vorurteile zu schüren und Vertrauen zu zerstören.

Was kann dagegen getan werden? Es gibt keine einfache Patentlösung, aber mehrere Ansatzpunkte:

  • Aufklärung und Bildung: Ein zentrales Mittel ist die Stärkung der Medienkompetenz und kritischen Denkfähigkeit der Bürger. Menschen aller Altersgruppen müssen besser verstehen, wie Desinformation funktioniert, wie man Quellen prüft und Manipulation erkennt. Hier sind Schulen, aber auch Erwachsenbildung, Medien und zivilgesellschaftliche Initiativen gefragt. Wichtig ist, nicht von oben herab zu belehren, sondern Verständnis zu wecken, warum uns bestimmte Geschichten emotional packen und wie wir objektiv prüfen können, ob sie wahr sind.
  • Transparenz und aktive Kommunikation: Staatliche Stellen und Qualitätsmedien sollten in Krisenzeiten offen und transparent kommunizieren, um gar nicht erst ein Vakuum entstehen zu lassen, das Verschwörungstheoretiker füllen. Das heißt auch, Fehler einzugestehen und korrigieren (um Lügenpresse-Vorwürfen den Wind aus den Segeln zu nehmen) und komplexe Entscheidungen verständlich zu erklären. Ein informierter Bürger ist weniger anfällig für plumpe Falschmeldungen.
  • Konsequente Verfolgung von Straftaten: Wo Desinformation in Üble Nachrede, Volksverhetzung, Bedrohung oder andere Straftatbestände umschlägt, müssen Justiz und Polizei konsequent durchgreifen. Hetzer in sozialen Medien, die Gewalt propagieren oder Einzelpersonen an den Pranger stellen, dürfen nicht straffrei davonkommen. Hier wurden bereits Gesetze verschärft (NetzDG, strafbare Feindeslisten etc.), nun kommt es auf die Umsetzung an. Auch ausländische Einflussoperationen können – sofern belegbar – sanktioniert oder öffentlich benannt werden (Naming und Shaming).
  • Stärkung resilierter Strukturen: Die Demokratie muss ihre Widerstandskraft erhöhen. Das bedeutet z.B., kritische Infrastrukturen (Wahlen, Parlamente, Behörden-IT) gegen Desinformations-Angriffe zu wappnen – etwa durch Monitoring und schnelle Richtigstellungen bei Fake News über diese Institutionen. Geheimdienste und Verfassungsschutz brauchen weiter Expertise im Bereich Open Source Intelligence, um frühzeitig Desinformationskampagnen zu erkennen. Ebenso könnten Plattformbetreiber stärker in die Pflicht genommen werden, gegen bekannte Fake-News-Schleudern vorzugehen – dies ist jedoch international und mit Blick auf Meinungsfreiheit eine Gratwanderung.
  • Dialog mit Abgehängten: Viele, die an Verschwörungen glauben, fühlen sich vom „System“ nicht vertreten oder haben reale Probleme (Existenzsorgen, Identitätskrisen). Hier muss Politik ansetzen, um Brücken zurück zu bauen. Das heißt: Das Gespräch suchen, Sorgen ernst nehmen, ohne allerdings auf fake Narrativen einzugehen. Ein Beispiel sind Aussteigerprogramme oder Beratungsstellen, die schon für die Radikalisierung durch Islamismus oder Rechtsextremismus existieren – ähnliches sollte es für Verschwörungsgläubige geben. Familienangehörige und Freunde brauchen Unterstützung im Umgang mit Betroffenen.
  • Demokratische Streitkultur stärken: Die beste Prophylaxe gegen Extremismus ist eine lebendige demokratische Kultur, in der kontroverse Meinungen diskutiert werden können, ohne dass man in Feindbilder verfällt. Hier sind auch Medien und Politik gefordert, Polarisierung nicht unnötig anzuheizen. Wenn Menschen sehen, dass legitime Kritik Gehör findet und Probleme rational angegangen werden, sinkt der Reiz, sich radikalen Erklärungen zuzuwenden.

Letztlich fußt jede dieser Maßnahmen auf einer gemeinsamen Grundvoraussetzung: Wir alle müssen bereit sein, unsere eigenen Vorurteile und Denkmuster regelmäßig zu hinterfragen.
Nur wer sein Urteil frei von Vorurteilen hält, kann alles gründlich prüfen. Das wusste schon Marc Aurel im alten Rom.

In Zeiten von Social Media bedeutet das konkret: Nicht jede reißerische Nachricht unbesehen zu teilen, gerade wenn sie ins eigene Weltbild passt – sondern einen Schritt zurücktreten und fragen:
Könnte ich gerade das glauben wollen, weil es mein Feindbild bestätigt? Genau diese Reflexion ist es, die Verschwörungsideologen ihren Anhängern austreiben wollen. Dem müssen wir eine Kultur der Aufklärung und Selbstkritik entgegensetzen.

Ein Satz aus der Analyse der Amadeu Antonio Stiftung bringt es treffend auf den Punkt:

„Eine starke Gesellschaft braucht eine Mitte, die sich durch Aufklärung und Reflexion diesen Bestrebungen entgegenstellt, die nicht eindimensional denkt, sondern diskussionsfreudig ist, Vielfalt anerkennt und solidarisch für demokratische Überzeugungen eintritt.“.

Dieses Dossier sollte im Idealfall dazu beitragen, genau diese reflexionsfähige Mitte – besonders in Politik und Sicherheitsapparat – zu stärken. Denn Geheimdienstler und Politiker, die die Mechanismen der Desinformation durchschauen, können bessere Entscheidungen treffen, Krisenkommunikation optimieren und letztlich die Demokratie vor ihren Feinden – offen wie verdeckt – schützen. Es gilt, Wahrheit und Fakten verteidigen, ohne in Hysterie zu verfallen, aber mit klarem Blick auf die Gefahren. Dabei dürfen wir uns nicht von unseren eigenen ideologischen Scheuklappen leiten lassen.

Am Ende steht die individuelle und gesellschaftliche Pflicht, Vorurteile zu prüfen und abzulegen, wo sie uns blind machen. Nur so können wir uns dem Gift der Desinformation wirksam erwehren. Vorurteilfreie Urteilsbildung ist das Gebot der Stunde – in den Geheimdiensten, in der Politik und bei jedem einzelnen Bürger.

Hier erweitere ich die bisher fehlenden Narrative mit ihrer Bedeutung und Funktionsweise im Kontext der beschriebenen Gesamtstrategie:


Ergänzung zu zentralen Narrativen der Desinformation

Die folgenden Narrative sind von besonderer Bedeutung, da sie direkt die Handlungsfähigkeit des Staates, seiner Behörden und Institutionen untergraben und bewusst gesellschaftliche Konflikte schüren:

Narrativ 5: Steuern sind Raub – Staatliche Maßnahmen sind illegitim“

Inhalt:
Dieses Narrativ besagt, dass Steuern und staatliche Abgaben generell ungerechtfertigt seien. Es bezeichnet Finanzbehörden und -beamte als „Räuber“ oder „Erpresser“. Typische Aussagen sind:

  • „Steuern sind Diebstahl, der Staat bestiehlt uns.“
  • „Finanzbeamte sind Schergen eines kriminellen Systems.“
  • „Der Staat verschwendet unser Geld für korrupte Politiker oder Migranten.“

Besonders verbreitet ist diese Rhetorik in radikal-libertären Kreisen, im Umfeld von Reichsbürgern und bei Teilen der AfD, die das bestehende politische System generell ablehnen. Oft wird die Legitimität staatlicher Ausgaben (z.B. Sozialleistungen, Entwicklungs- oder Klimahilfe) grundsätzlich bestritten und diffamiert.

Zweck/Funktion:
Das Narrativ erfüllt mehrere Zwecke:

  • Delegitimierung staatlicher Autorität: Durch das Framing „Raub“ wird die legitime Handlung (Steuern zur Finanzierung öffentlicher Güter) als Verbrechen dargestellt, sodass Widerstand dagegen gerechtfertigt scheint.
  • Mobilisierung gegen staatliche Maßnahmen: Finanzpolitische Entscheidungen werden als Angriff auf die persönliche Freiheit dargestellt.
  • Erschwerung staatlichen Handelns: Die öffentliche Akzeptanz notwendiger Finanzierungsmaßnahmen wird untergraben, was politische Maßnahmen blockieren kann (z.B. Infrastruktur, Klimaschutz oder Sozialpolitik).

Attraktivität für extreme Rechte und Libertäre:

  • Rechte und libertäre Gruppen nutzen dieses Narrativ, um die Idee eines minimalistischen oder gar autoritären, schlanken Staates voranzutreiben.
  • Reichsbürger nutzen es, um ihre Ablehnung der BRD als „illegitimes Konstrukt“ zu begründen und verweigern deshalb oft Steuern.

Missbrauchsbeispiel:

  • Telegram-Kanäle verbreiteten Falschinformationen, wonach Finanzämter angeblich illegal handeln würden und Steuern „nicht gezahlt werden müssten“. Dies führte zu zahlreichen Konfrontationen mit Behörden und sogar zu Bedrohungen gegen Finanzbeamte.

Narrativ 6: „Migration ist gesteuert – Bevölkerungsaustausch und Überfremdung“

Inhalt:
Dieses rassistische Verschwörungsnarrativ behauptet, Migration sei ein von globalen Eliten gesteuerter Prozess, um nationale Identitäten zu zerstören („Bevölkerungsaustausch“, „Umvolkung“). Häufig behauptete Elemente:

  • „Migration wird bewusst gefördert, um Deutsche zu ersetzen.“
  • „Eliten wie George Soros finanzieren Migration, um Europa zu destabilisieren.“
  • „Migranten leben auf unsere Kosten; wir sind Bürger zweiter Klasse.“

Zweck/Funktion:

  • Schüren von Ängsten und Feindbildern: Fremdenfeindlichkeit und rassistische Ressentiments werden mobilisiert, um gesellschaftliche Konflikte zu verstärken.
  • Delegitimierung der Regierung: Indem behauptet wird, die Regierung fördere gezielt Massenzuwanderung, wird ihr jede Loyalität abgesprochen.
  • Mobilisierung rechtsnationaler Bewegungen: Rechtsextreme Gruppen nutzen dies, um Unterstützung in der Bevölkerung zu gewinnen.

Attraktivität für extreme Rechte:

  • Rechte Gruppen wie die AfD profitieren davon enorm. Das Narrativ kanalisiert vorhandene Ängste und rechtfertigt rassistische, diskriminierende Politik.
  • Rechtsextreme Influencer wie Martin Sellner (Identitäre Bewegung) haben dieses Narrativ stark verbreitet.

Missbrauchsbeispiel:

  • Fake-Videos und manipulierte Statistiken, die suggerieren, Migranten wären für eine angebliche „Kriminalitätswelle“ verantwortlich, wurden massiv verbreitet, z.B. nach den Silvester-Krawallen 2022.

Narrativ 7: „Klimawandel und Klimaschutz – Kontrolle und Einschränkung unserer Freiheit“

Inhalt:
In diesem Narrativ wird behauptet, der Klimawandel sei übertrieben, erfunden oder eine bewusste Verschwörung, um Menschen zu kontrollieren:

  • „Klimawandel ist eine Lüge zur Einführung neuer Verbote.“
  • „Ich lasse mir mein Auto/meinen Diesel nicht wegnehmen!“
  • „Klimaschutzmaßnahmen dienen dazu, Bürger zu entmündigen.“

Zweck/Funktion:

  • Bremsung und Sabotage wirksamer Klimapolitik: Maßnahmen gegen den Klimawandel werden als illegitim dargestellt, um politische Entscheidungen zu verzögern.
  • Delegitimierung der Grünen und ökologischer Bewegungen: Politische Gegner werden diskreditiert, um deren Einfluss zu reduzieren.
  • Schüren einer Opferhaltung: Betroffene fühlen sich durch „Verbote“ und „Maßnahmen“ als Opfer einer angeblichen Diktatur, was mobilisiert und radikalisiert.

Attraktivität für extreme Rechte und Libertäre:

  • Für Rechte bietet das Narrativ Gelegenheit, das Thema „Heimat“ und „Tradition“ gegen ökologische Modernisierung auszuspielen.
  • Libertäre argumentieren gegen staatliche Eingriffe generell – hier speziell gegen Umweltgesetze oder CO₂-Steuern.

Missbrauchsbeispiel:

  • Fake News über „Klima-Lockdowns“ oder eine angebliche „Abschaffung privater Fahrzeuge bis 2030“ wurden verbreitet, um Bürger gezielt aufzuwiegeln.

Spiegelbildliches Narrativ: „Klimakatastrophe als Rechtfertigung für autoritäre Eingriffe“

Inhalt:
Auf der anderen Seite wird der Klimawandel mitunter maximal dramatisiert und emotional aufgeladen, um in der Bevölkerung Angst und Panik zu erzeugen.
Ziel ist, Zustimmung für weitreichende Einschränkungen und autoritäre Maßnahmen unter dem Deckmantel des Klimaschutzes zu gewinnen.

Typische Narrative und Kommunikationsmuster:

  • „Wir haben nur noch 3 Jahre, bevor der Planet unbewohnbar wird.“
  • „Wer jetzt noch Fleisch isst oder fliegt, begeht ein Verbrechen an der Menschheit.“
    (Hinweis: –> Fliegen macht nur 1-3% der weltweiten Emissionen aus!)
  • „Demokratische Prozesse bremsen nur die Rettung der Erde – wir brauchen entschlossenes Handeln ohne Debatte.“
  • „wir brauchen Kriegswirtschaft und müssen zurück in die 1970er“
  • „Klimaleugner sind Feinde der Menschheit und dürfen keine Plattform mehr bekommen.“
  • „Es braucht Klima-Lockdowns und strikte CO₂-Rationierungen, notfalls mit Zwang und Verboten.“
  • Energiewende in Deutschland 2030

Zweck/Funktion:

  • Erzeugung moralischer Alternativlosigkeit: Das Thema wird so zugespitzt, dass jede Kritik an einzelnen Maßnahmen oder Technologien als grundsätzlich unmoralisch gilt.
  • Legitimation von Ausnahmezuständen: Drastische Einschränkungen individueller Rechte (Mobilität, Ernährung, Heizung, Konsum) können so als alternativlos präsentiert werden.
  • Delegitimierung demokratischer Aushandlungsprozesse: Kritiker werden als „Leugner“ diffamiert, um komplexe Abwägungen (z.B. soziale Verträglichkeit, Technologieoffenheit) zu unterbinden.
  • Radikalisierung von Teilen der Klimabewegung: Durch Überhöhung der eigenen Mission („letzte Generation“ „Ext. Rebellion“) wird ein politisch-moralischer Absolutismus kultiviert.
    Am Ende führt es bereits zu „Widerstand in der bürgerlichen Mitte“ reflexive Kontrolle?
    War das Absicht oder Unwissenheit dieser Vereinigungen?

Attraktivität für extreme Milieus:

  • Für autoritäre Akteure (im linken oder technokratischen Spektrum) bietet diese Rhetorik die Möglichkeit, weitreichende Eingriffe ohne demokratische Legitimation zu rechtfertigen.
  • Für Aktivisten mit Endzeit-Narrativ (z.b. Dr. Benecke) wird sie zur moralischen Selbstvergewisserung („Wir retten die Menschheit, alles ist erlaubt“).
  • Für Regierungen eröffnet sie das Einfallstor für digitale Überwachung und Mikromanagement im Alltag.

Missbrauchsbeispiele:

  • Forderungen nach temporären Klima-Lockdowns, analog zu Pandemiemaßnahmen, wurden in Social-Media-Kampagnen aufgeblasen („Wir müssen Autofahren verbieten, um CO₂ zu senken“, „Tempolimit sofort“).
  • Teilweise wurde suggeriert, private Eigentumsrechte oder demokratische Prozesse stünden einer angeblich notwendigen „grünen Planwirtschaft“ entgegen – mit der Schlussfolgerung, man müsse „die Demokratie überwinden“.
  • Einzelfälle von Aktivisten, die gezielt Angstkampagnen („Ökozid! Menschheitsauslöschung!“) nutzten, um radikale Notstandsgesetze zu fordern.

Fazit zur Einordnung:
Das Spannungsfeld um den Klimawandel zeigt beispielhaft, wie beide Extreme – Klimaverharmlosung und Klima-Alarmismus – Narrative entwickeln, die demokratische Verfahren schwächen und autoritäre Tendenzen begünstigen können:

  • Auf der einen Seite das Leugnen oder Bagatellisieren (um keine Maßnahmen ergreifen zu müssen).
  • Auf der anderen Seite das Überdramatisieren (um Maßnahmen ohne demokratische Legitimation durchzusetzen).

Beide Muster funktionieren identisch:
Sie emotionalisieren, entdifferenzieren und erzeugen moralischen Druck, bis demokratische Diskurse nur noch als lästiges Hindernis erscheinen.
Es existiert nur noch die „Fossil-Atomare Lobby vs. Klimaleugner = AFD…“

Zentrale Lehre:
Gerade in der Klimadebatte müssen wir wachsam bleiben,
Narrative aus beiden Richtungen zu erkennen und nüchtern zu prüfen – ohne uns reflexhaft zu einer der Seiten ziehen zu lassen.
(Dahinter stehen auch knallharte wirtschaftliche Interessen, Spekulanten etc.)


Narrativ 8: „Behörden, Institutionen und öffentlich-rechtlicher Rundfunk (GEZ) sind illegitim und Raub“

Inhalt:
Hier werden öffentlich-rechtliche Medien, Behörden oder andere staatliche Einrichtungen generell als korrupt, illegitim oder repressiv dargestellt:

  • „GEZ ist Zwangsgebühr für Staatspropaganda.“
  • „Behörden sind inkompetent und wollen Bürger unterdrücken.“
  • „Justiz und Polizei sind parteiisch und schützen nur Eliten.“

Zweck/Funktion:

  • Delegitimierung der öffentlichen Infrastruktur: Das Vertrauen in Behörden, Justiz und Medien wird systematisch zerstört.
  • Stärkung alternativer Informationsblasen: Indem öffentlich-rechtliche Medien verächtlich gemacht werden, wandern Bürger zu radikalen Alternativmedien ab.

Attraktivität für extreme Rechte und libertäre Gruppen:

  • Rechte profitieren davon, da sie sich als „wahre Volksstimme“ gegen vermeintliche Staatspropaganda präsentieren können.
  • Libertäre und Reichsbürger sehen darin Bestätigung, dass staatliche Strukturen grundsätzlich abzulehnen seien.

Missbrauchsbeispiel:

  • Gezielte Fake News über angeblich überhöhte Rundfunkbeiträge oder Lügen in der Berichterstattung der ARD/ZDF sorgten für radikale Stimmungen. Hass gegen Journalisten wurde dadurch befeuert, teilweise sogar zu Gewaltaufrufen.

Fazit der Ergänzung:

Diese zusätzlichen Narrative zeigen, dass der Angriff auf Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt auf allen Ebenen erfolgt. Die extreme Rechte, libertäre Gruppen und verschwörungsideologische oder Delegitimierende Akteure instrumentalisieren reale Sorgen (z.B. Steuern, Klima, Migration) durch gezielte Narrative, um institutionelle Grundlagen systematisch zu delegitimieren.

Dringend notwendig:
Staatliche Institutionen, Politiker und Sicherheitsbehörden müssen diese Narrative aktiv und strategisch bekämpfen – durch umfassende Aufklärung, transparente Kommunikation und entschlossene Reaktionen auf Fake News und Hasskampagnen.
Gleichzeitig müssen
Bürger sensibilisiert werden, kritische Themen sachlich zu diskutieren und extreme aber auch subtile Manipulationsversuche frühzeitig zu erkennen.

Zentrale Lehre bleibt:

Prüfe stets deine eigenen Vorurteile, damit du frei bist, jedes Narrativ gründlich zu prüfen!


weitere Ergänzung: Narrative im Themenfeld „Energiewende, Wärmepumpe, Heizungen und Elektromobilität“

Die Debatte über Energiewende, Heizungen (insbesondere Wärmepumpen) und Elektromobilität bietet ein Paradebeispiel für gezielte Polarisierung durch überemotionale Narrative. Akteure verschiedener Lager instrumentalisieren die Themen bewusst, um ihre politischen Ziele durchzusetzen oder Aufmerksamkeit zu generieren.


🔴 Narrative der Kritiker („Verbots- und Zwangsnarrative“):

Typische Erzählungen:

  • „Heizhammer-Narrativ“:
    • „Die Regierung zwingt Hausbesitzer zum Einbau von Wärmepumpen – das ist Enteignung durch die Hintertür.“
      (Teils auch durch Finanzindustrie oder Immobilien Sektor verstärkt)
    • „Der Mittelstand wird durch Zwangssanierung ruiniert.“
    • „Wärmepumpen funktionieren nicht, das ist teurer Elektroschrott.“
  • „Verbrenner-Verteidiger“:
    • „Ich fahre weiter Diesel, weil ich mein Auto nicht alle 100 Kilometer aufladen will.“
    • „Elektroautos sind Spielzeuge für reiche Großstadtbewohner.“
    • „Batterien halten nur 3 Jahre und produzieren Berge von giftigem Elektroschrott.“
    • „Die Elektromobilität ist eine ideologische Zwangswende gegen unsere Freiheit und Tradition.“
    • „Lithium, Kinderhände Kongo etc. etc.“
  • Technikfeindlichkeit und Emotionale Abwehrhaltung:
    • „Solaranlagen bringen im Winter nichts, Windräder verschandeln unsere Heimat.“
    • „Ich lasse mir von niemandem meine Öl/Gasheizung verbieten.“

Zweck/Funktion:

  • Schaffung von Misstrauen und Skepsis gegenüber sinnvollen Innovationen.
  • Emotionalisierung („Heizhammer“, „Zwangspumpe“, „grüne Verbotspartei“) als wirksame Mobilisierungsstrategie, die politischen Widerstand gegen notwendige Transformation erzeugt.
  • Verstärkung einer Opferhaltung („Man nimmt mir alles weg, ich bin der Verlierer der Energiewende“), was Radikalisierung und Politikverdrossenheit fördert.

Attraktivität für Zielgruppen:

  • Ältere Generationen und Mittelschicht mit Eigenheim, die sich wirtschaftlich bedroht fühlen.
  • Rechte Milieus („Heimat“, „Tradition“, „Identität“), libertäre Kreise („Freiheit“, „kein staatlicher Zwang“), und wirtschaftliche Lobbygruppen („Bewahrung alter Geschäftsmodelle“).

Missbrauchsbeispiele:

  • Bewusste Verbreitung falscher Zahlen („Heizungen kosten jeden Bürger 100.000 Euro!“), Übertreibungen („Keiner kann mehr heizen!“).
  • Emotionalisierung in Social-Media-Posts („Rettet den Diesel!“, „Widerstand gegen Heiz-Hammer!“).

🟢 Narrative der Befürworter („Moralisch-emotionale Überhöhung“):

Typische Erzählungen:

  • Abwertung und moralische Aburteilung von Kritikern:
    • „Dieseldieter zerstört den Planeten für unsere Kinder.“
    • „Boomer wollen einfach keine Veränderung, sie sind egoistisch und rückwärtsgewandt.“
    • „Verbrenner-Fahrer sind Klimakiller und haben kein Gewissen.“
  • Technik als moralische Pflicht:
    • „Wer jetzt noch keine Wärmepumpe hat, handelt verantwortungslos.“
    • „Elektroautos sind alternativlos, wer das nicht akzeptiert, lebt hinterm Mond.“
    • „Wer gegen Windräder protestiert, gefährdet die Zukunft unserer Kinder.“
  • Technologieoptimismus und Realitätsverzerrung:
    • „Batterien, Wind und Solar lösen in Kürze alle Energieprobleme komplett.“
    • „Wer Elektroauto fährt, ist per se moralisch überlegen.“

Zweck/Funktion:

  • Erzeugung von Gruppenzwang („Alle fortschrittlichen Menschen machen mit“).
  • Moralischer Druck: Kritiker oder Zweifler werden als „rückständig“ oder moralisch minderwertig abgestempelt.
  • Entpolitisierung und Verengung des Diskurses („Es gibt keine Alternativen zur Wärmepumpe oder Elektroauto, jede Diskussion ist sinnlos“).

Attraktivität für Zielgruppen:

  • Junge, urbane, ökologisch orientierte Milieus („Fridays-for-Future-Generation“).
  • Technokratisch-progressive Akteure (Staatliche Institutionen, Technologie-Konzerne, grüne Parteien, NGOs).
  • Linke und progressive Milieus, die moralisch aufgeladenen Zukunftsdiskurs bevorzugen („Wir haben recht, weil wir moralisch richtig handeln“).

Missbrauchsbeispiele:

  • Diffamierung aller kritischen Einwände als „Boomer-Position“ oder als Ausdruck moralischer Minderwertigkeit („Klimaschädling“, „Zukunftsverweigerer“).
  • Überspitzte PR-Kampagnen („Windkraftgegner gefährden Leben der kommenden Generationen“, „Nur Elektro ist Zukunft, alles andere ist verantwortungslos“).

⚠️ Gefahren beider Strategien:

  • Beide Narrative verhindern einen sachlichen und faktenbasierten Diskurs, indem sie Ängste oder moralische Empörung schüren.
  • Beide Seiten entwerfen ein vereinfachtes Feindbild („böse Verbieter-Regierung“ versus „egoistischer Klimaleugner“).
  • Demokratische Abwägungen, sinnvolle technologische Vielfalt und differenzierte Lösungen (z. B. Technologiemix, regionale Anpassung, sozialverträgliche Maßnahmen) werden blockiert.

🔎 Empfohlene Strategie zum Erkennen und Entschärfen:

  • Achtsamkeit gegenüber Emotionalisierung:
    Narrative vermeiden, die Feindbilder aufbauen, z. B. Begriffe wie „Dieseldieter“ oder „Öko-Diktatur“.
  • Technologieoffenheit und differenzierte Lösungen:
    Sachlich erläutern, dass nicht jede Technologie überall und immer funktioniert (regional unterschiedliche Lösungen nötig).
  • Transparenz in Kommunikation:
    Offenlegung tatsächlicher Kosten und realistischer Möglichkeiten, statt Horrorszenarien oder unrealistischer Idealbilder zu zeichnen.
  • Sachliche Aufklärung:
    Verbreitete Falschbehauptungen konsequent widerlegen („Wärmepumpen funktionieren nicht“ vs. realistische Darstellungen in der Praxis).

🎯 Fazit: Notwendigkeit der nüchternen Mitte

Beide Extreme emotionalisieren und polarisieren bewusst, um politische Ziele durchzusetzen.
Für eine demokratische Gesellschaft ist jedoch die nüchterne Mitte entscheidend:

  • Eine Mitte, die komplexe Zusammenhänge anerkennt.
  • Eine Mitte, die Maßnahmen pragmatisch und differenziert bewertet.
  • Eine Mitte, die moralische Überhöhung ebenso kritisch sieht wie bewusste Desinformation.

Dies erfordert ein ständiges Prüfen eigener Vorurteile und die Bereitschaft, auch die Gegenseite und ihre Anliegen ernst zu nehmen.

Nur so kann eine tragfähige, langfristige, demokratisch legitimierte Energiewende gelingen, ohne Opfer irrationaler Polarisierung und autoritärer Narrative zu werden.

🌈 Instrumentalisierung des „Woke“- und „Regenbogen“-Narrativs

Kaum ein Thema polarisiert aktuell stärker als „Wokeness“ und LGBTQ+. Die gesellschaftliche Diskussion darüber wird von allen Seiten gezielt überhitzt und instrumentalisiert – mit erheblichen Risiken für demokratischen Zusammenhalt.


🔴 Narrative der Gegner („Anti-Woke“, „Anti-Regenbogen“):

Typische Erzählungen:

  • „Woke-Diktatur“
    • „Wir dürfen nichts mehr sagen, überall herrscht Denkverbot.“
    • „Gendern wird uns aufgezwungen, wir leben in einer Sprachdiktatur.“
    • „Regenbogen-Propaganda an Schulen sexualisiert unsere Kinder.“
  • „Verlust traditioneller Werte“
    • „Unsere Werte und Familien werden zerstört.“
    • „Gender-Ideologie gefährdet unsere Gesellschaft.“
    • „Mann und Frau sollen abgeschafft werden.“
  • „Gezielte Destabilisierung der Gesellschaft“
    • „Wokeness spaltet bewusst die Gesellschaft und schwächt uns von innen.“
    • „Woke-Eliten wollen eine globale Agenda durchdrücken.“

Zweck / Funktion:

  • Erzeugung einer starken emotionalen Abwehrreaktion („Wir gegen die da oben“).
  • Mobilisierung konservativer, traditionalistischer und rechter Wählergruppen.
  • Delegitimierung liberaler, progressiver Kräfte (besonders Grüne, Linke).
  • Stärkung autoritärer Strömungen („Nur ein starker Staat kann diese woke Diktatur stoppen“).

Attraktivität für Zielgruppen:

  • Rechte und konservative Kreise („Bewahrung der Tradition“).
  • Verunsicherte Milieus („Mir wird etwas genommen: Sprache, Werte, Identität“).
  • Religiös-fundamentalistische Gruppen („Angriff auf die göttliche Ordnung“).

Missbrauchsbeispiele:

  • Gezielte Falschbehauptungen über angebliche „Frühsexualisierung“ oder „Kindesmissbrauch“ an Schulen.
  • Falschmeldungen über angeblich „verbotene Begriffe“ („Dürfen nicht mehr Mutter oder Vater sagen“).
  • Emotionalisierung in Social-Media-Gruppen und Chats („Wir müssen unsere Kinder retten!“).

🟢 Narrative der Befürworter („Woke“/„Regenbogen“ als politische Waffe):

Typische Erzählungen:

  • „Moralische Überlegenheit“
    • „Wer nicht gendert oder sich woke verhält, ist rückständig und intolerant.“
    • „Gegner des Genderns sind automatisch menschenfeindlich.“
  • „Permanente Opferrolle“
    • „Wer Kritik äußert, betreibt Hass und Hetze.“
    • „Jede Kritik an identitätspolitischen Forderungen ist Hassrede.“
  • „Identität über Inhalte“
    • „Identität und Repräsentation sind wichtiger als Argumente.“
    • „Nur Betroffene dürfen sprechen, andere haben zu schweigen.“

Zweck / Funktion:

  • Delegitimierung sachlicher Kritik, Erzeugung von Sprechverboten („Nur wir dürfen sprechen“).
  • Mobilisierung progressiver, liberaler und urbaner Gruppen („Wir kämpfen für Gerechtigkeit, alle anderen sind gegen uns“).
  • Durchsetzung politischer Ziele durch moralischen Druck, statt durch demokratischen Diskurs.

Attraktivität für Zielgruppen:

  • Linke, urbane, akademisch gebildete Milieus („Wir sind moralisch im Recht“).
  • Progressive Aktivisten („Wer nicht woke ist, ist Teil des Problems“).
  • Junge Generationen („Generation Z“), die identitätspolitische Konzepte als wichtigen Teil ihrer Werteorientierung sehen.

Missbrauchsbeispiele:

  • Systematische Diffamierung jeglicher Kritik als „Hass“ oder „rechte Hetze“.
  • Massive Social-Media-Kampagnen („Cancel Culture“), um Kritiker gesellschaftlich auszugrenzen oder beruflich zu ruinieren.
  • Übersteigerte Forderungen („Quotenregelung für alle Bereiche“), die Debatten bewusst radikalisieren.

⚠️ Gefahren und Risiken der Polarisierung:

  • Spaltung der Gesellschaft:
    Extreme Positionen lassen keinen Dialog zu („entweder woke oder rechts“), was konstruktive Kompromisse verhindert.
  • Autoritäre Tendenzen:
    Beide Seiten rechtfertigen zunehmend autoritäre Maßnahmen:
    • Rechts: Forderungen nach staatlicher „Ordnung gegen Wokeness“
    • Links: Versuche, Kritik oder alternative Meinungen durch moralischen oder sozialen Druck aus dem Diskurs auszuschließen („Cancel Culture“).
  • Beschädigung des gesellschaftlichen Vertrauens:
    Misstrauen gegenüber Institutionen, Medien und der Demokratie selbst nimmt zu („alles manipuliert“, „man darf nichts sagen“).

🕵️ Strategien zum Erkennen instrumentalisierter Narrative:

  1. Emotionale Trigger erkennen:
    Begriffe wie „Diktatur“, „Hetze“, „Zwang“, „Verbote“ sind Hinweise auf gezielte Polarisierung.
  2. Pauschalisierungen hinterfragen:
    Narrative, die alle Kritiker als „rechts“ oder „woke“ abstempeln, verhindern differenzierte Diskussionen.
  3. Opferrollen und Feindbilder:
    Werden Gegner pauschal als „Täter“, „Unterdrücker“ oder „Feind der Gesellschaft“ dargestellt, ist Misstrauen geboten.
  4. Moralische Abwertung vermeiden:
    Moralisch aufgeladene Narrative verhindern echte politische Debatten („nur wir sind moralisch korrekt“).

🎯 Fazit und notwendige Haltung:

  • Achtsamkeit gegenüber Manipulation:
    Beide Seiten nutzen Emotionalisierung, um ihre politischen Ziele durchzusetzen und demokratischen Diskurs zu verhindern.
  • Kritischer Dialog statt Identitätspolitik:
    Gesellschaftliche Debatten müssen wieder faktenbasiert geführt werden. Identität darf dabei nicht wichtiger sein als Inhalte oder Argumente.
  • Demokratische Kompromissfähigkeit stärken:
    Demokratie erfordert den Ausgleich verschiedener Bedürfnisse, nicht deren ständige Moralisierung oder Emotionalisierung.

⚖️ Prüfe deine Vorurteile!

Der Appell an jeden Einzelnen muss lauten:

„Erhalte dein Urteil frei von Vorurteilen, damit du alles gründlich und sachlich prüfen kannst.“ Marc Aurel

Nur so können wir verhindern, dass Polarisierung und Radikalisierung die Demokratie zerstören.
Nur mit einem kühlen Kopf und dem Willen zur echten Debatte lässt sich eine demokratische Gesellschaft auf Dauer stabil erhalten.

Quellenverzeichnis

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Psychologie der Massen, Gustave le Bon
Propaganda, Ed. Bernays
Propaganda, Elul
The True Believer, Eric Hoffer
Aufstand der Massen, Ortega y
Du gehörst uns, Montag Chr.
The Filter Bubble, Pariser Eli
Die Psychologie des Überzeugens, Cialdini
Das ist keine Propaganda, Pomerantsev P.
Zeitalter des digitalen Überwachungskapitalismus, Zuboff
Permanent Record, Snowden Ed
Migration 22 Mythen, De Haas
Ayn Rand Bücher
Gewalt und Mitgefühl, Sapolsky
Vor dem Denken, Barg
Regieren, De Maiziere
Triggerpunkte, Mau S.
Was du schon immer über das Klima wissen wolltest, Bojanowski A.
Was macht Bayern besser, Gazdar
Manufacturing Consent, Chomsky
Public Opinion, Lippmann W.
Hayek Lesebuch
Das Bill Gates Problem, Schwab T.
Geheime Dienste, Henke
GSG 9 ein Deutscher Mythos, Herzog
Der Staat, Platon
Der Fürst, Machiavelli
Putins Gift
Die Wahrheit ist der Feind, Ataih Golineh
Social Media Marketing
1984, Orwell
Herrmann Scheers Bücher zur Sonnenstrategie
Momo, Ende M.
Hans Roslings Bücher, Factfulnes und wie ich lernte die Welt zu verstehen
Zur Lage, F.J. Strauß
Weltordnung im Wandel, Dalio
Das Deutsche Demokratische Reich, Weiß V.
How the world really works, Smil V.

  • Achse der Autokraten, Applebaum
  • Trumps Masterplan Proj 2025, Graham D.
  • Putins Angriff auf Deutschland, Loringhoven
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