David A. Graham: Der Masterplan der Trump-Regierung: Project 2025

Der Masterplan der Trump-Regierung: Project 2025 – Ein Dossier

Einleitung

Project 2025 bezeichnet einen detaillierten Masterplan, mit dem ein Netzwerk rechtskonservativer Denkfabriken (allen voran die Heritage Foundation) die Politik einer neuen republikanischen Regierung prägen will. Das Konzept entstand nach Trumps Wahlniederlage 2020 und lag zur Wahl 2024 bereit. Es handelt sich um einen systematisch ausgearbeiteten Regierungsfahrplan, der seit Beginn von Donald Trumps zweiter Amtszeit in atemberaubendem Tempo umgesetzt wird. Dieser Plan greift laut Vorwort-Analyst Klaus Brinkbäumer „so ziemlich alles“ an, was die US-Demokratie über Jahrzehnte stabilisiert hat – von der Gewaltenteilung über den professionellen Verwaltungsapparat bis hin zu internationaler Kooperation und gesellschaftlichem Pluralismus.

Anders als ein traditionelles Parteiprogramm ist Project 2025 ein operatives Machtkonzept, kein reines Ideenwerk. Es zielt darauf ab, mit administrativen Mitteln – Personalentscheidungen, Erlassen, Haushaltsmaßnahmen und juristischen Neudeutungen – den Staat im Sinne einer radikalen rechten Agenda umzubauen. Dabei sollen formelle Verfassungsbrüche vermieden werden; stattdessen nutzt man geschickt die Grauzonen präsidialer Befugnisse, um demokratische Normen auszuhebeln. Heritage-Foundation-Präsident Kevin D. Roberts umschreibt die Ziele von Project 2025 so:

  • „Die Familie als Mittelpunkt des amerikanischen Lebens wiederherstellen und unsere Kinder schützen.“
  • „Den ‘Verwaltungsstaat’ abbauen und den Bürgern die Selbstverwaltung zurückgeben.“
  • „Unsere nationale Souveränität, Grenzen und unseren Wohlstand gegen globale Bedrohungen verteidigen.“
  • „Unsere gottgegebenen individuellen Freiheitsrechte sichern – das, was die Verfassung die ‘Segnungen der Freiheit’ nennt.“ (S. 19–20)

Diese Ziele klingen nach klassisch konservativen Anliegen (Familie, schlanker Staat, nationale Stärke, Freiheitsrechte), doch Project 2025 geht weit über konventionelle Reformvorschläge hinaus. Es ist ein umfassender Plan, die Machtbefugnisse des Präsidenten drastisch auszudehnen und die US-Gesellschaft nach rechts-konservativen Vorstellungen umzugestalten. David A. Graham – der Autor des zugrundeliegenden Buches – bezeichnet das Dokument als „staatsfeindliches Manifest in staatsrechtlichem Gewand“, das die Statik der USA demontiert, „nicht durch einen Putsch, sondern durch administrative Statecraft“.

Dieses Dossier gliedert sich in zwei Hauptteile gemäß der Buchstruktur: Zunächst werden die Mittel und Wege analysiert, mit denen Project 2025 die staatliche Macht konzentrieren will – die Akteure, Netzwerke und Strategien hinter den Kulissen. Anschließend folgt Die Agenda, die politischen Inhalte: von Gesellschafts- über Wirtschaftspolitik bis zu Immigration, Energie und Außenpolitik. Jede Sektion fasst die zentralen Akteure, Organisationen, Interessen und ideologischen Grundlagen zusammen und zitiert aus dem Buch, um die geplanten Umbauvorhaben beleghaft zu untermauern.

Teil I: Mittel und Wege – Wer und was steckt hinter Project 2025?

Project 2025 ist der Generalschlüssel zum Verständnis von Trumps zweiter Präsidentschaft – so formuliert es das Buch. Es handelt sich um kein loses Ideensammelsurium, sondern einen operativen Plan, der Personal, Strukturen und Prozesse der Regierung verändern will. Unter Schirmherrschaft der Heritage Foundation entwarf ein Team aus über 350 konservativen Expert:innen einen Plan mit vier Säulen: einer umfassenden inhaltlichen Plattform von fast 1000 Seiten (betitelt Mandate for Leadership), einer riesigen Personaldatenbank, einem Schulungsprogramm für angehende Beamte und einem „Handbuch“ für die rasche Regierungsübernahme am Tag 1. Dieses Zusammenspiel aus Programmatik und Machttechnik macht Project 2025 so einzigartig.

Die Männer hinter den Kulissen

Die zwei Schlüsselfiguren hinter Project 2025 sind Paul Dans (Projektleiter) und Russell Vought (ehem. Budgetdirektor unter Trump und ideologischer Vordenker). Beide verbindet die Überzeugung, dass – gemäß einem Reagan-Motto – „Personalpolitik gleich Sachpolitik“ ist. Anders gesagt: Wer die richtigen Leute in Position bringt, bestimmt am Ende die inhaltliche Ausrichtung. Allerdings könnten ihre Hintergründe kaum unterschiedlicher sein:

  • Paul Dans entstammt einer liberalen katholischen Familie, die er selbst augenzwinkernd als „reinrassige, bedauernswerte Mischung“ bezeichnet. Er wandelte sich zum überzeugten Trump-Anhänger („MAGA“) und blickt nostalgisch auf ein vermeintlich glücklicheres, konservatives Amerika zurück. Nach Elite-Stationen (MIT-Studium, Anwalt in New York) fühlte er sich 2016 berufen, unter Trump zu dienen, fand aber zunächst keine Anstellung – ironischerweise weil viele Trump-Personaler auf Ex-Bush-Leute setzten und seine allzu offenkundige MAGA-Loyalität als suspekt galt. Schließlich ergatterte Dans 2018 doch einen Posten im Wohnungsministerium (HUD) und entwickelte dort eine tiefe Skepsis gegenüber der Beamtenschaft. Er verachtete vor allem politisch ernannte Vorgesetzte, denen er mangelnden Eifer unterstellte: „Diese Leute kamen [ins Ministerium] und waren ahnungslos und faul… [Sie] ließen sich von den [Berufs]Beamten an der Nase herumführen, weil sie die harte Arbeit nicht machen wollten“. 2020 wechselte Dans ins Präsidialbüro für Personal (PPO) – die Schaltstelle für rund 4.000 Presidentschaftsbesetzungen. Unter dem berüchtigten John McEntee (einem 29-jährigen Trump-Getreuen) wurde Dans dort Stabschef. Er half, vermeintlich illoyale Behördenleiter aus dem Amt zu drängen, und stilisierte sich nach Trumps 2020-Niederlage gar als patriotischer Cincinnatus, der auf Abruf bereitstand, um beim nächsten Machtantritt das „Versagen“ der ersten Trump-Term zu korrigieren. Als Heritage-Präsident Roberts ihn bat, Project 2025 zu führen, stand Dans bereit – mit der Mission, die Lektionen von 2017–2020 (zu wenig Trump-Loyalisten in Amt und Würden) umzusetzen.
  • Russell Vought hingegen ist ein klassischer Washington-Insider mit methodischem Karrierelauf im konservativen Politikbetrieb. Der streng gläubige Protestant aus Connecticut arbeitete für erzkonservative Republikaner (Senator Phil Gramm, später Mike Pence) und auch für Heritage selbst. Er ist tief religiös – sein Christentum prägt seine Politik fundamental. In einer Kolumne schrieb Vought 2016 sogar, Muslime „kennen Gott nicht… sie sind verdammt“, wofür ihn Senator Bernie Sanders 2017 in der Senatsanhörung scharf kritisierte. Vought bekannte sich jedoch unumwunden zu dieser Haltung. Er gründete nach seiner Zeit im Weißen Haus das Center for Renewing America, mit dem erklärten Ziel, „den Konsens wiederherzustellen, dass wir kein säkulares Land sind, sondern eine christliche Nation“. Anders als manche Religiös-Konservative scheut Vought den Begriff „christlicher Nationalismus“ nicht – im Gegenteil: „Wir sind Christen und zugleich Nationalisten… eine christliche Nation. Christlicher Nationalismus wäre wahrscheinlich die exakteste Beschreibung meiner Überzeugung“, so Vought im Februar 2024. Diese religiös-ideologische Grundhaltung verbindet Vought mit knallhartem fiskalischen Konservatismus. Im Trump-Weißhaus stieg er vom stellvertretenden zum amtierenden und 2020 schließlich zum vom Senat bestätigten Direktor des Office of Management and Budget (OMB) auf – zuständig für Haushalt und Verwaltung. Dort bekam er aus nächster Nähe mit, wie ineffizient und unloyal viele Regierungsmitarbeiter (in seinen Augen) agierten: „Ich sah aus erster Reihe, wie unintelligentes Denken am Ende unsere Ziele verhinderte. Völlig energielose politische Beamte weigerten sich, eine moralische Position einzunehmen“. Vought schloss sich vollends Trumps Kurs an – selbst extremste Behauptungen. So erklärte er 2022: „Ich glaube, die Wahl 2020 wurde gestohlen“. Er verspottet die sonst von Konservativen gefeierte Federalist Society als realitätsfremd, weil sie aus seiner Sicht nicht erkenne, „was die Stunde geschlagen hat“. Für Vought befindet sich Amerika „in einer postkonstitutionellen Phase“ – die Institutionen würden nur noch Lippenbekenntnisse zur Verfassung ablegen. Nachdem Trump im Frühjahr 2023 erstmals angeklagt wurde, verschärfte Vought den Ton weiter: „Erzählt mir nicht, dass wir gemäß der Verfassung leben“, postete er auf Twitter (X).

Dans und Vought bilden somit ein Gespann aus Revolutionär und Ideologe. Ihre gemeinsame Schlussfolgerung: Das „gefährliche Durchideologisieren“ des Staates durch liberale Eliten könne nur umgekehrt werden, indem eine konservative Regierung noch viel konsequenter politisiert. Frei nach dem zynischen Motto: „Um das Dorf zu retten, müssen wir es niederbrennen“. Dieses Prinzip – Macht zurückerlangen, indem man noch mehr Macht konzentriert – steht im Zentrum von Project 2025.

Der Griff nach der Exekutivgewalt

Project 2025 will die Präsidialmacht massiv ausweiten. Die Grundannahme dahinter: Kongress und Justiz hätten zu viele Kompetenzen an sich gezogen bzw. der „vierte Zweig“ Bürokratie entziehe dem gewählten Präsidenten die Gestaltungshoheit. Insbesondere eine dauerhafte Beamtenschaft, die jeden Regierungswechsel überlebt, gilt den Autoren als Problem – und zwar vor allem für eine rechte Regierung, da Umfragen zufolge die Mehrheit der Bundesbeamten eher den Demokraten zuneigt.

Ihre Lösung ist paradox: Statt diese „Politisierung“ zu beklagen, fordern sie noch mehr politische Kontrolle des Präsidenten über den Staatsapparat. Vought spricht von einer „aggressiven Nutzung der weitreichenden Befugnisse der Exekutive“, um dem Volk die Macht zurückzugeben – was praktisch bedeutet, dass noch mehr Macht in einer einzelnen Person (dem Präsidenten) gebündelt würde, als die Verfassung je vorsah. Es geht im Kern darum, die Gewaltenteilung auszuhöhlen: „Wir versuchen, Nischen der Unabhängigkeit zu identifizieren und sie uns anzueignen“, erklärte Vought offen (S. 44).

Dafür nimmt Project 2025 insbesondere zwei bislang eher sachlich-technische Bereiche ins Visier, um sie in „starke, parteiische Waffen“ zu verwandeln: das Office of Management and Budget (OMB) (Haushalt und Verwaltung) und das Justizministerium. Beide sollen künftig als zentrale Hebel dienen, um Trumps Agenda ohne lästige Checks and Balances durchzusetzen.

Office of Management and Budget (OMB)

Das OMB gilt traditionell als nüchterne Behörde, die Haushaltspläne aufstellt und Verwaltungsabläufe koordiniert – kein Ort ideologischer Grabenkämpfe. Unter Project 2025 aber rückt das OMB ins Zentrum der Machtstrategie. Russell Vought, der dieses Büro in Trumps zweiter Amtszeit erneut leitet, betrachtet das OMB als „Flugsicherheitssystem“ des Präsidenten. Er moniert, viele unterschätzten diese Rolle und umgingen das OMB als „die Typen mit dem Geld“. Dabei habe das OMB einzigartige Instrumente, um Widerstand in den Ministerien zu brechen: „Es verfügt über die einzigen gesetzlichen Instrumente im Weißen Haus, die mächtig genug sind, um die Bürokratie der Behörden zu umgehen“ (S. 46).

Vought will diesem Arsenal eine neue „Waffe“ hinzufügen: die Zurückhaltung bereits bewilligter Gelder (Impoundment). Konkret geht es darum, vom Kongress bewilligte Haushaltsmittel einfach nicht auszugeben oder extrem zu verzögern. Zwar hatte der Kongress 1974 per Gesetz solche eigenmächtigen Mittelblockaden des Präsidenten verboten, doch Trump und Project 2025 wollen dieses Gesetz ignorieren oder kippen. Trump versprach im Wahlkampf, alle Spielräume zu nutzen, um Mittel zurückzuhalten – notfalls gegen geltendes Recht. In Klartext, so das Buch, „beabsichtigt Trump, gegen das Gesetz zu verstoßen und hofft, dass der Supreme Court ihm zur Seite steht“. Würde das Impoundment-Verbot fallen, könnte ein Präsident unbequeme Ausgabenbeschlüsse des Kongresses faktisch annullieren. „Es ist sinnlos, Geld zu bewilligen, wenn man die Regierung nicht zwingen kann, es auszugeben“, heißt es warnend – die Exekutive könnte so das Budgetrecht des Parlaments aushebeln (S. 48). Tatsächlich begann Trump bereits in der ersten Woche seiner zweiten Amtszeit damit, genehmigte Gelder einzufrieren.

Noch bedeutsamer ist die Personalstrategie im OMB-Konzept. Project 2025 verfolgt drei große Ziele bei der Umbesetzung des Staatsdienstes:

  • Erstens: Auswahl politischer Mitarbeiter, die ideologisch voll auf Trump-Linie liegen, und systematisches Training dieser Leute für die Regierungsarbeit.
  • Zweitens: Ausweitung der politisch besetzten Posten auf Kosten der Karrierebeamten – und automatische Abberufung dieser Politicals am Ende der Amtszeit (also kein Verbleib von Oppositionellen im Apparat).
  • Drittens: Einschüchterung der bestehenden Beamtenschaft, um Gehorsam zu erzwingen. („Wir wollen sie traumatisieren“, bekennt Vought freimütig.)

Diese Punkte resultieren direkt aus Trumps Erfahrungen in der ersten Amtszeit. 2017 zog Trump überraschend ins Weiße Haus ein, ohne Team und Pläne – „er hatte nicht mit einem Sieg gerechnet und verstand die Bedeutung dieser Aufgabe nicht“. Das Presidential Personnel Office (PPO) war unterbesetzt und unerfahren; viele etablierte Republikaner verweigerten Trump die Mitarbeit. Folglich landeten teils Unqualifizierte oder innerlich Skeptische in hohen Positionen. In den ersten Monaten besetzte Trump weniger Stellen als jeder moderne Präsident – etliche Führungsposten blieben aus Spargründen vakant, was Trumps Agenda lähmte.

Project 2025 will das radikal ändern. Die Planer begannen bereits lange vor der Wahl mit der Kaderrekrutierung: Heritage legte bis Sommer 2024 eine Datenbank mit 10.000 Namen potentieller Trump-Mitarbeiter an. „Wir wollen Menschen, die gecancelt wurden, die im übertragenen Sinne einen Blutzoll für die Bewegung entrichtet haben“, erklärte Dans – „Mütter, die sich kritisch mit Schulbehörden auseinandergesetzt haben. Menschen, die… gesagt haben: Schluss mit Diversität und Woke“. Mit solchen „wirklich überzeugten Mitstreitern“ sollte der zweite Term frühzeitig ausgestattet werden. Gleichzeitig richtete Heritage rund 30 Online-Kurse à 30–90 Minuten sowie Präsenzseminare ein, um neue Leute in „konservative Regierungsführung“ einzuarbeiten. Man konnte Zertifikate etwa in „Verwaltungsstaat und Regulierungsprozess“ erwerben – Schulung für den ideologischen Kampf im Beamtensystem.

Entscheidend ist aber nicht nur Qualität, sondern Quantität der politisch Loyalen. Project 2025 will viel mehr politische Ernennungen und viel weniger Karrierebeamte. Das ist der Kern von Roberts’ Versprechen, den „Verwaltungsstaat abzubauen“. Seit der Pendleton Act-Reform 1883 gibt es in den USA einen neutralen Berufsbeamtenapparat, um Ämter nicht mehr als Patronage an Parteifreunde zu verteilen. Nur oberste Spitzenposten sind „spoils“ (politisch gebunden); ca. 2 Mio. Bundesbedienstete arbeiten unabhängig von der Regierung. Aus Sicht der Rechten ist dieser Apparat zu groß und tendenziell links geprägt. Trump bezeichnete ihn polemisch als „Schattenstaat“, der ihn behindere. Project 2025 erkennt zwar an, dass das Leistungsprinzip ursprünglich gute Absichten hatte, meint aber, Beamte seien „der Rechenschaft entzogen“ und würden konservative Regierungen bestenfalls unmotiviert mittragen, schlimmstenfalls aktiv sabotieren. Zudem genössen Beamte starken Kündigungsschutz.

Die Lösung des Plans: Wiederherstellung der vollen Hire and Fire-Macht des Präsidenten. Insbesondere soll „Schedule F“ reaktiviert werden – ein von Trump Ende 2020 erlassenes Dekret, das rund 50.000 Beamtenstellen mit Politikbezug in neue, nicht geschützte Kategorien umwandelte, sodass deren Inhaber jederzeit gefeuert werden könnten. Trump konnte „Schedule F“ damals nicht mehr umsetzen; Biden hob es sofort auf. Doch am 20. Januar 2025, gleich nach seiner erneuten Amtseinführung, führte Trump Schedule F per Dekret wieder ein. James Sherk, der Architekt dieser Idee, behauptet beschwichtigend, man wolle keineswegs 50.000 Leute entlassen – „das wäre verrückt… man nutzt diese Reform, um ungeeignete und inkompetente Personen loszuwerden“. Doch nicht alle glauben an diese Zurückhaltung: „Wir wollen, dass die Bürokraten traumatisiert werden“, sagte Vought 2023 in einer Rede. „Sie sollen morgens keine Lust haben aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, weil sie als Bösewichte wahrgenommen werden“. In so einem Klima würden viele Gegner wohl von selbst kündigen – “da bräuchte man sie gar nicht alle zu feuern“, so das kalkulierte Kalkül.

Die Risiken dieses Ansatzes liegen auf der Hand: „Ein dysfunktionales, leistungsbasiertes System durch ein offenes Loyalitätssystem zu ersetzen, macht Kompetenz zum nachrangigen Faktor“. Kurz: Jobs sollen nach Gesinnung statt Können besetzt werden. Das Buch warnt, dass dies die staatliche Leistungsfähigkeit weiter verschlechtern dürfte, selbst wenn der öffentliche Dienst heute fraglos Mängel hat. Als Beispiel wird die Pandemie genannt: Die US-Gesundheitsbehörde CDC versagte 2020 teils – aber wegen Fachproblemen, nicht weil zu wenige Trump-Loyalisten dort saßen. „Die Probleme der CDC gründeten sicherlich in mangelndem Fachwissen, nicht unzureichender ideologischer Treue“. Dennoch dient das als Vorwand, um die Behörde stärker politisch zu kontrollieren.

Zusammengefasst soll das OMB im Zusammenspiel mit dem PPO (Personalbüro) die exekutive Durchgriffsmacht des Präsidenten enorm steigern. Durch Finanztricks (Mittel einfrieren) kann der Kongress ausgehebelt werden, durch Schedule F und Massenrekrutierung werden die Ministerien auf Trump-Linie gebracht. „Die Fähigkeit zur Umsetzung“ unterscheidet Project 2025 laut Buch von üblichen Wahlprogrammen – weil es eben konkrete Mechanismen liefert, um die radikalen Ideen auch wirklich durchzusetzen.

Justizministerium (Department of Justice, DOJ)

Kein Bereich illustriert den Anspruch von Project 2025 besser als das Justizministerium. Aus einer Institution, die eigentlich unabhängig Recht durchsetzen soll, wollen die Autoren ein scharfes Schwert in den Händen des Präsidenten schmieden. „Die Neugestaltung der Regierung erfordert nicht nur ein Drehbuch, sondern auch Methoden zu dessen Durchsetzung“, leitet das Buch das DOJ-Kapitel ein – und genau dafür fokussiere man sich auf das Justizministerium. Als oberste Strafverfolgungsbehörde hat das DOJ immense Macht: Unter ihm arbeiten FBI, DEA (Drogenfahndung), US Marshals (Bundespolizei) und die Bundesanwälte, die alle Bundesverbrechen anklagen und die Regierung vor Gericht vertreten.

Das DOJ nimmt traditionell eine Sonderrolle ein: Es gehört zwar zur Exekutive, soll aber in Rechtsangelegenheiten unabhängig und unparteiisch agieren. Der Attorney General (Justizminister) ist ein politischer Ernannter, aber nicht der persönliche Anwalt des Präsidenten. Interne Richtlinien und Normen – teils seit Watergate – schränken politische Einmischung ein. So darf das Weiße Haus z.B. nur über den Justizminister oder dessen Stellvertreter mit der Staatsanwaltschaft kommunizieren, um politische Einflussnahme zu vermeiden.

Trump jedoch ignorierte diese Normen häufig. 2017 erklärte er: „Ich habe das absolute Recht, mit dem Justizministerium zu tun, was ich will“. Nach seiner Abwahl warf er (ohne Beleg) Präsident Biden vor, das DOJ gegen ihn zu politisieren, während er selbst behauptete, nichts damit zu tun gehabt zu haben, dass seine Leute das Wahlergebnis 2020 mit DOJ-Hilfe kippen wollten. Project 2025 nimmt Trumps falsche „Weaponization“-Vorwürfe nun als Vorwand, um das Ministerium tatsächlich zu politisieren: „Project 2025 nutzt Trumps Behauptungen als Argument für die Politisierung des Ministeriums“.

Der federführende Autor des DOJ-Kapitels ist Gene Hamilton – ein Jurist aus Trumps erstem DOJ/DHS-Team, bekannt als Architekt der Familientrennung an der Grenze. Hamilton behauptet, das DOJ sei selbst korrupt und politisch geworden und müsse „seine Werte – Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Ehrlichkeit, Integrität – an allen Fronten wiederherstellen“. Ein berechtigtes Anliegen, könnte man meinen – das öffentliche Vertrauen ins DOJ hat tatsächlich gelitten. Aber Hamiltons Lösung besteht ironischerweise darin, das Ministerium noch weniger unparteiisch zu machen. Er beklagt zwar mangelnde Rechtsstaatlichkeit, stützt sich dabei aber fast ausschließlich auf tendenziöse oder falsche Storys aus konservativen Medien. Zugleich ignoriert er, dass Trump selbst ständig Rechtsstaat und Gerichte verächtlich gemacht hat. Angesichts von Trumps offenen Racheankündigungen gegen seine Kritiker liegt die Gefahr eines zum Werkzeug verkommenen DOJ klar zutage: „Für meine Freunde alles; für meine Feinde das Gesetz“ – dieses zynische Diktum (zugeschrieben dem Diktator Óscar Benavides) zitiert das Buch als warnendes Motto.

Project 2025 will sämtliche Schutzzäune für die DOJ-Unabhängigkeit einreißen. Konkret geplant ist:

  • Abschaffung der Trennung zwischen Weißem Haus und Strafverfolgern: Alle Entscheidungen in Gerichtsverfahren – außer in laufenden Strafverfahren – sollen „im Einklang mit der Agenda des Präsidenten“ gefällt werden. Die bisherigen Kommunikationsbeschränkungen würden aufgehoben. Praktisch dürfte der Präsident also Weisungen in Justizfällen erteilen.
  • Umbau des FBI: Das FBI, historisch teils selbst Machtmissbräuchen schuldig, soll vollständig der politischen Führung unterworfen werden. Kein FBI-Direktor dürfte mehr irgendetwas tun, ohne vom Justizminister abgesegnet zu sein. Die 10-Jahres-Amtszeit des FBI-Chefs (eingeführt nach Hoover, um politische Abhängigkeit zu mindern) soll gestrichen werden. Tatsächlich hat Trump dies de facto schon getan: Er feuerte 2017 Director Comey und drängte 2024 dessen Nachfolger Wray zum Rücktritt vor Trumps zweiter Amtseinführung. Zusammengenommen würden diese Änderungen das FBI/DOJ zu reinen Erfüllungsgehilfen machen: „von einer halbwegs unabhängigen Behörde in einen Apparat, der sich hauptsächlich auf die Unterstützung der Politik des Weißen Hauses konzentriert“. FBI und DOJ könnten dann angewiesen werden, „gegen jeden zu ermitteln, der die Vorhaben des Präsidenten vereiteln will – sogar gegen jeden, der ihn nur kritisiert“. Selbst wenn solche Ermittlungen im Sande verlaufen, wären sie doch einschüchternd und existenzbedrohend für die Betroffenen. Hamiltons Ideen würden „den langen Arm des Gesetzes mit einem parteipolitischen Knüppel bewaffnen“.
  • Neuausrichtung der Bundesanwaltschaft: Statt Bürgerrechtsverletzungen oder Korruption zu verfolgen, würde das DOJ unter Trump künftig Jagd auf jene machen, die Trump als Feinde sieht. So soll z.B. die Wahlrechtsdurchsetzung vom Schutz vor Rassendiskriminierung auf die Bekämpfung angeblichen Wahlbetrugs verlagert werden – ein Schwerpunkt, den Trump und Co. propagieren (trotz fehlender Evidenz für massenhaften Betrug).

In Summe würde Project 2025 das Justizministerium in eine Prätorianergarde des Präsidenten verwandeln. Das Buch nennt das den Traum der Rechten – die bisherige Doppelstellung des DOJ als unabhängiger Rechtswahrer und Teil der Exekutive soll aufgelöst werden, zugunsten totaler Unterwerfung unter den Präsidentenwillen. Der Begriff „Rechtsstaatlichkeit“ würde im Munde dieser Akteure umgedeutet: Weg von Rechtsgleichheit, hin zur strafrechtlichen Verfolgung der politischen Gegner.

Trump hat bereits begonnen, dies umzusetzen: In den ersten Tagen nach Amtsantritt 2025 ordnete er an, „zwei Geschlechter, männlich und weiblich“ rechtlich anzuerkennen und jegliche Verwendung von Bundesmitteln für geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Minderjährigen zu verbieten (dies betraf vor allem Gesundheitsbehörden, fällt aber in den weiteren Kontext der Politisierung). Außerdem erließ er Anfang 2025 ein Dekret, das „Prosecutorial Discretion“ – also das Ermessen von Staatsanwälten, bestimmte Delikte nicht zu verfolgen – stark einschränkt, mit dem Ziel z.B. liberale Kommunen zu zwingen, Bundesgesetze (etwa Drogen- oder Immigrationsgesetze) rigoros anzuwenden. Dies knüpft bereits an Ideen an, die im Abschnitt Andere Rechte erläutert sind: die Bundesjustiz gegen lokal gewählte Staatsanwälte einzusetzen, die nicht hart genug durchgreifen (siehe unten).

Zwischenfazit Teil I: Project 2025 schafft die Voraussetzungen, um eine loyale und willfährige Exekutive aufzubauen. Heritage-Chef Roberts schrieb: „Die Konservativen haben nur zwei Jahre und eine Chance, um es richtig zu machen.“ Genau diese Chance will man nutzen. Durch die gezielte Politisierung von Verwaltung und Justiz – einst neutralen Bereichen – soll Trump praktisch unbegrenzte Handlungsfreiheit erlangen. Der „Administrative Staat“ (deep state) soll zerschlagen und durch einen „Apparat aus loyalistischen Juristen, Strategen und Exekutoren“ ersetzt werden, der Trumps „Launen, Machtgier und Rachsucht folgt und genau weiß, wie man ein demokratisches System aushöhlt, ohne es formell abzuschaffen“.

Im Folgenden wenden wir uns Teil II – Der Agenda zu, also den inhaltlichen Politikfeldern, die Project 2025 umgestalten will. Diese reichen von Gesellschaft und Kultur über Wirtschaft bis zu Außen- und Sicherheitspolitik. Im Mittelpunkt steht dabei die Idee, dass Trumps Bewegung nicht nur wie regiert wird (mit Gefolgsleuten an allen Schalthebeln), sondern auch wofür – und zwar für eine tiefgreifend konservative Neuordnung der USA.

Teil II: Die Agenda – Die inhaltlichen Umbaupläne von Project 2025

Geschlecht, Familie und Rechte

Am deutlichsten zeigt sich die ideologische Stoßrichtung von Project 2025 in den Bereichen Geschlecht, Familie, Bildung, Gesundheit und Bürgerrechte – also bei gesellschaftspolitischen Themen. Hier tritt der christlich-nationalistische Einfluss von Vought & Co. unverblümt zutage. Project 2025 entwirft das Bild eines Amerikas, in dem

  • Abtreibung strikt verboten ist,
  • Sexualität streng reguliert wird,
  • öffentliche Schulen de facto abgeschafft sind und
  • eine drakonische Strafjustiz herrscht –

alles gemäß fundamentalistischen christlichen Prinzipien. Diese Themen bilden „das Herz der Agenda“, so Graham, und würden das Alltagsleben der meisten Amerikaner am schnellsten und spürbarsten auf den Kopf stellen.

Die Autoren bemühen sich, dies als Wahrung der „wahren Freiheit“ zu verkaufen: Kevin Roberts schreibt, die Verfassung gebe uns „die Freiheit, nicht das zu tun, was wir wollen, sondern das, was wir sollen“. Wo Freiheitsrechte enden, setzt Project 2025 laut Roberts eine Reihe von Verpflichtungen durch – nämlich zu „traditionellen Geschlechternormen“ (macho Männer, sittsame Frauen, nichts dazwischen) und zur Hinnahme „ererbter Ungleichheiten zwischen Ethnien“. Mit anderen Worten: Gesellschaftliche Vielfalt und Gleichberechtigung sind kein Wert mehr, sondern werden als Gefahr gesehen.

Vieles davon ist seit langem Anliegen der religiösen Rechten. Die Aufhebung von Roe v. Wade 2022 (durch das Dobbs-Urteil) war der Höhepunkt jahrzehntelanger Pro-Life-Arbeit. Doch Project 2025 will noch weit darüber hinausgehen – öffentlich und aggressiv. Selbst Donald Trump war in seiner ersten Amtszeit bei manchen dieser Punkte zurückhaltender als die Vordenker es nun fordern.

Die „oberste Priorität“ von Project 2025 besteht laut Roberts darin, „die Familie wieder in den Mittelpunkt des amerikanischen Lebens zu stellen und unsere Kinder zu schützen“. Von Bildung über Technologie bis Arbeitsmarkt schauen die Autoren immer durch die Familien-Brille. Allerdings definieren sie Familie äußerst eng: am liebsten ein verheirateter Mann + eine Frau + (biologische) Kinder, idealerweise christlich und traditionell rollenkonform. Solchen Familien verspricht man Wahlfreiheit bei Kindererziehung und Lebensentwürfen (etwa ob die Mutter arbeitet oder zuhause bleibt). Klingt gut – doch dieses Konzept geht einher mit der Bereitschaft, sowohl individuelle Rechte als auch nicht-familiäre Gemeinschaften (etwa LGBTQ-Paare, säkulare Gruppen) zugunsten des „Familienschutzes“ zu opfern. Roberts behauptet etwa, linke Politik ziele darauf, „durch Zentralisierung die Familie zu untergraben“, während Project 2025 umgekehrt die zentralisierte Staatsmacht nutzen will, um seine Vision von Familie durchzudrücken. Dieses paternalistische Verständnis von Freiheit durch Pflichterfüllung prägt alle gesellschaftspolitischen Kapitel des Plans.

Abtreibung

Die Abschaffung des Rechts auf Abtreibung steht ganz oben auf der Agenda. Nach dem historischen Dobbs-Urteil 2022, das den bundesweiten Abtreibungsschutz aufhob, sehen die Autoren erst recht Handlungsbedarf: „Das Dobbs-Urteil ist erst der Anfang“, schreibt Kevin Roberts. „Konservative sollten in den Bundesstaaten und in Washington… so hart wie möglich darauf drängen, ungeborenes Leben in jedem Gerichtsbezirk Amerikas zu schützen.“. Das bedeutet konkret die Anstrengung für ein bundesweites Abtreibungsverbot (denn nur der Kongress könnte das landesweit beschließen) und gleichzeitig maximale Restriktionen auf Ebene der Bundesbehörden und Gerichte.

Die wichtigsten Schauplätze sind laut Projekt: der Kongress (für ein mögliches nationales Verbot), der Supreme Court und die Bundesgerichte (die seit Jahren systematisch mit Abtreibungsgegnern besetzt werden) sowie das Gesundheitsministerium (HHS) als Aufsichtsbehörde über Gesundheitsleistungen.

Roger Severino, ein erzkonservativer Anwalt, führt diesen Bereich an. Er war unter Trump Leiter des HHS-Bürgerrechtsbüros und ist bekennender Pro-Life-Eiferer. Severino sieht nahezu überall Handlungsfelder, Abtreibung zu bekämpfen – teils an überraschenden Stellen. Sein Kapitel ist, so das Buch, auf fast jeder Seite vom Abtreibungsthema durchzogen:

  • Impfpflicht & Abtreibung: Als Argument gegen COVID-Impfvorschriften führt Severino an, bei der Entwicklung der Vakzine seien Zelllinien aus Abtreibungen in den 1970/80ern verwendet worden. Obwohl selbst der Vatikan diese Impfstoffe als „moralisch akzeptabel“ einstufte, sagt Severino: „Niemals gibt es eine Rechtfertigung, das Leben eines Kindes im Rahmen von Forschung zu beenden.“. Hier vermengt er also Impfpolitik mit Abtreibungsmoral.
  • Betreuung unbegleiteter Minderjähriger: Severino fordert, dass das Bundesamt für Flüchtlingsumsiedlung (ORR), das unbegleitete minderjährige Migrantinnen betreut, unter keinen Umständen Abtreibungen für diese Mädchen ermöglichen darf. (Hintergrund: Unter Trump kam es zum Eklat, weil das ORR Teenager in seiner Obhut an Abtreibungen hinderte.)
  • **Konkrete Maßnahmen gegen Abtreibung hat Severino viele vorgeschlagen. Einige der zentralen Vorhaben:
    • Verbot von Abtreibungspillen via Telemedizin und Postversand: Medikamente für medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche (Mifepriston/Misoprostol) dürfen nach seinem Plan nicht mehr per Online-Sprechstunde verschrieben oder per Post geliefert werden. Zudem soll die Zulassung dieser Pillen durch die FDA rückgängig gemacht werden. Da fast zwei Drittel aller Abtreibungen 2023 medikamentös erfolgten, wäre dies ein massiver Einschnitt in den Zugang.
    • Auflebenlassen des Comstock Acts (1873): Die Bundesregierung soll sich auf ein viktorianisches Gesetz berufen, das den Versand „obszöner oder lasziver“ Materialien verbietet – inklusive jeglicher Abtreibungsmittel oder -informationen. Nach Roe v. Wade war dieser Teil des Gesetzes obsolet, aber Pro-Life-Aktivisten sehen darin nun den Schlüssel, den Versand von Abtreibungspillen landesweit zu unterbinden. „Der Versandhandel von Abtreibungsmedikamenten ist ein Geschenk an die Abtreibungsindustrie“, polemisiert Severino. (Tatsächlich haben mehrere demokratische Bundesstaaten nach Dobbs begonnen, Abtreibungspillen zu bevorraten.) Project 2025 will den Versand von Abtreibungsmedikamenten strikt verbieten und so ein wichtiges Schlupfloch schließen.
    • Aggressive Datenerfassung und Strafverfolgung: Wo Abtreibungen noch legal stattfinden (etwa in Blue States), sollen sie scharf überwacht werden. Severino fordert, das HHS solle alle verfügbaren Mittel – inkl. Fördermittel-Entzug – einsetzen, um detaillierte Statistiken über jede Abtreibung zu erzwingen: „wie viele, in welcher Schwangerschaftswoche, aus welchem Grund, Wohnsitzstaat der Mutter, Methode“. Diese Datensammelei zielt klar auf Abschreckung. Sie könnte zudem genutzt werden, um Frauen aus Verbots-Staaten, die woanders abgetrieben haben, strafrechtlich zu verfolgen. (Im Dobbs-Urteil schrieb Richter Kavanaugh zwar, ein Staat dürfe Auslandsreisen zur Abtreibung nicht verbieten, aber einige Jurisdiktionen versuchen es dennoch.) Project 2025 würde der Bundesregierung jedenfalls ermöglichen, sich in solche Fälle einzuschalten.
    • Streichung von Fördergeldern: Eine Regel der Biden-Regierung, wonach Bundesstaaten mit legaler Abtreibung Medicaid-Mittel für auswärtige Abtreibungspatientinnen nutzen dürfen, soll zurückgenommen werden. Und natürlich: Keine Bundesmittel mehr für Planned Parenthood. Zwar dürfen staatliche Gelder ohnehin nicht für Abtreibungen verwendet werden (Hyde Amendment), aber PP erhält Zuschüsse für Verhütung, Krebsvorsorge etc. Konservative argumentieren, jeder Dollar für PP schaffe indirekt Freiräume fürs Abtreiben. Frühere Versuche, PP die Mittel zu entziehen, scheiterten im Kongress – Project 2025 will es dennoch durchsetzen. Ebenso soll das Veteranenministerium (VA) Abtreibungen, die es 2022 für Veteraninnen in bestimmten Fällen erlaubte, wieder komplett untersagen.
    • Beeinflussung von Wissenschaft und Gesundheitsdiensten: Die Autoren wollen Bundesforschung, -statistik und -gesundheitswesen auf strikten Pro-Life-Kurs bringen. So würde im HHS eine Ethikkommission für Forschung mit fetalem Gewebe (während Trump eingeführt, von Biden abgeschafft) reaktiviert, um solche Projekte zu überwachen bzw. zu verbieten. Die Bundesforschungsförderung soll gezielt Studien finanzieren, die angebliche Schäden von Abtreibungen für Frauen dokumentieren – ein klarer Fall von politisierter Wissenschaft, denn Ergebnisse stehen quasi fest.
    • Verhütung und Sexuelle Aufklärung: Interessanterweise ist Project 2025 bei Verhütung nicht ganz so rigide wie bei Abtreibung – aber doch restriktiv. Insbesondere soll die „Pille danach“ (Notfallverhütung) verboten werden, da manche Fundamentalisten sie als frühes Abtreibungsmittel ansehen. (Medizinisch verhindert die „Pille danach“ eine Schwangerschaft, sie bricht keine ab, was sogar die FDA bestätigt.) Etwa ein Viertel aller US-Frauen hat diese Notfallverhütung schon genutzt, würde also potenziell kriminalisiert. Außerdem soll sichergestellt werden, dass religiöse Arbeitgeber keine Verhütungsmittel über die Krankenversicherung finanzieren müssen – hier rollt man Kämpfe um Obamacare-Ausnahmen erneut auf. In der Sexualerziehung will Project 2025 zurück zur Abstinenzpädagogik. Programme nach dem Motto „Kein Sex vor der Ehe“ sollen staatlich gefördert und als „Sexual Risk Avoidance“ beschönigt werden. Wissenschaftlich fundierte Aufklärung (inkl. Verhütungswissen) wird abgelehnt, weil sie aus religiöser Sicht unerwünschtes Verhalten nicht ausreichend verdammt. Das Arbeitsministerium soll sogar den Erfolg von Abstinenzprogrammen „bei jeder Gelegenheit nachweisen“ und sicherstellen, dass kein Programm Förderung erhält, das „Risiko statt Gesundheit propagiert“ – womit offenbar schon die bloße Diskussion von Verhütung als „Risikoerhöhung“ gilt. Klar ist: Evidenzbasiert ist das nicht. Es geht um die Unterordnung von Gesundheitsvorsorge unter religiöse Dogmen. Zur Sexualmoral gehört schließlich auch ein Pornographie-Verbot: „Pornografie sollte verboten werden. Wer sie produziert und vertreibt, sollte ins Gefängnis“, schreibt Heritage-Chef Roberts. Dieser drastische Vorschlag – faktisch eine Abschaffung der Meinungsfreiheit in dem Bereich – illustriert den Ansatz: Sittlich Unerwünschtes wird kriminalisiert.

Zusammengefasst strebt Project 2025 beim Abtreibungsthema einen kaum vorstellbaren Rückschritt an: von einer liberalen Rechtsprechung, die 50 Jahre Abbrüche ermöglichte, hin zu Verbot und Verfolgung. Selbst in Staaten, wo Abtreibung legal bleibt, will man Frauen und Ärzten das Leben schwer machen. Hier offenbart sich die rigide Ideologie: Staatliche Kontrolle bis in die intimsten Sphären, begründet mit dem absoluten Lebensschutz ungeborener (und sogar ungezeugter) Kinder.

Familienpolitik

Eng verknüpft mit der Abtreibungsfrage ist die Familien- und Sozialpolitik von Project 2025. Der Fokus liegt – wie erwähnt – auf dem „heterosexuellen, verheirateten, sich fortpflanzenden Paar“ als gesellschaftlichem Ideal. „Familien aus Mutter und Vater (verheiratet) und deren Kindern sind das Fundament einer wohlgeordneten Nation“, schreibt Roger Severino. Der Bund solle daher Organisationen fördern, die eine „biblisch orientierte und sozialwissenschaftlich untermauerte Definition von Ehe und Familie“ vertreten. Andere Familienformen (Patchwork, Alleinerziehende, Regenbogenfamilien etc.) seien per se weniger stabil und damit minderwertig – eine Aussage, für die Severino zwar keinerlei Daten hat (z.B. seine Behauptung, gleichgeschlechtliche Ehen hielten im Schnitt nur halb so lang, ist schlicht unbelegt), die aber den ideologischen Absolutheitsanspruch zeigt.

Ihr Anliegen ist dabei nicht nur moralisch, sondern auch ökonomisch begründet: Das klassische Familienmodell sehen sie als Weg zu mehr wirtschaftlicher Stabilität und gesellschaftlicher Gesundheit. Deshalb schlägt Project 2025 zahlreiche fördernde wie restriktive Maßnahmen vor, um diese Familienform zu stärken und von ihr abweichende Entwicklungen zu bremsen. Beispiele:

  • Stärkung der Ehe (Heiratsförderung): Schon Änderungen an Steuer- und Vorsorgeregeln sollen heiratsfreundlich wirken. So könnten z.B. bei privaten Altersvorsorgekonten Vorteile für Verheiratete eingebaut werden.
  • Kirchliche Familienberatung: Das HHS soll Kirchen und Glaubensgruppen ermutigen, „Ehe- und Erziehungsberatung für einkommensschwache Väter“ anzubieten. In diesen Kursen sollen Männer lernen, „was es heißt, Vater – kein geschlechtsneutraler Elternteil – zu sein“. Mit anderen Worten: klassische Vaterrolle, vermittelt mit Hilfe von Soziologie, Psychologie und Erfahrungsberichten, aber unter kirchlicher Regie.
  • Reform staatlicher Unterstützung: Durch Programme, Steueranreize und andere Methoden sollen „staatliche Unterstützungssysteme die Ehe als Norm stärken, zerrüttete Familien wieder zusammenführen und unverheiratete Paare ermutigen zu heiraten“. Das große Wohlfahrtsprogramm TANF (Sozialhilfe für Bedürftige) soll beispielsweise überwachen und dokumentieren, inwiefern geförderte Familien heiraten, intakte Familien gründen und Jugendliche Enthaltsamkeit üben. Sprich: Statt primär Armut zu lindern, soll die Sozialhilfe als Instrument der Familienmoral dienen.
  • Traditionelle Rollen verankern: In der Welt von Project 2025 sind Männer die Ernährer, Frauen die Mütter – so explizit steht es im Text: „In diesem Weltbild sind Männer Ernährer und Frauen Mütter.“. Frauen werden im Wesentlichen über ihre Gebärfunktion definiert („Ohne Frauen gibt es keine Kinder… kein Fortbestand der Gesellschaft“). Das Arbeitsministerium soll eine „ehrliche Untersuchung“ der Herausforderungen berufstätiger Frauen durchführen und „die wahren Ursachen der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen verstehen“. Dies klingt nach neutraler Forschung, ist aber offensichtlich darauf angelegt, das Gender-Paygap-Problem kleinzureden oder „biologisch“ zu erklären (wohl nach dem Motto: Frauen wählen andere Berufe oder pausieren für Kinder). Solche Studien würden vermutlich Ergebnisse liefern, die das traditionelle Familienbild stützen – denn sie sind, wie das Buch anmerkt, von vornherein politisch intendiert.
  • Einigkeit mit Progressiven? Immerhin bei einem Punkt lobt Severino eine Idee, die auch Linke gutheißen: Er möchte, dass allen werdenden Müttern eine Doula (Geburtsbegleiterin) zur Verfügung steht. Dies wurde unter Biden teils gefördert (wegen hoher Müttersterblichkeit v.a. schwarzer Frauen). Hier zeigt sich, dass man nicht jede soziale Maßnahme ablehnt – solange sie ins Pro-Life/Pro-Family-Schema passt (Doulas helfen bei gesunden Geburten, also im Sinne des Lebensschutzes).
  • Datenmonitoring der Familienlage: Das Arbeitsministerium soll monatlich Daten zum „Zustand der amerikanischen Familie und deren wirtschaftlichem Wohlergehen“ erheben, während das Bildungsministerium Schülerstatistiken nach Familienstruktur (Kind lebt bei verheirateten Eltern vs. Single-Eltern etc.) aufschlüsseln soll. Offenbar will man Kennzahlen entwickeln, um den Erfolg der Gesellschaft am Familienideal zu messen.
  • Religiöse Vorschriften im Arbeitsrecht: Project 2025 möchte religiöse Gebote indirekt gesetzlich verankern. So soll der Kongress beschließen, dass Arbeitnehmer für Arbeit am Sabbat (hier: Sonntag) einen 1,5-fachen Lohn erhalten müssen. Zwar würde man andere Fälle (jüdischer Sabbat Freitag–Samstag) einbeziehen, aber klar ist: Dies privilegiert eine christliche Norm in der Arbeitswelt. Außerdem sollen Arbeitgeber ihren Mitarbeitern lieber Freizeitausgleich statt Überstundenzuschlag geben können – ein schon länger von Konservativen gefordertes Modell („comp time“), das Unternehmen Kosten spart.
  • Kinderbetreuung und Erwerbsbeteiligung: Hier gibt es sogar innerkonservative Unterschiede: Jonathan Berry (im Project für Arbeitsmarkt zuständig) möchte finanzielle Anreize für betriebseigene Kinderbetreuung schaffen, um berufstätigen Eltern zu helfen. Roger Severino hingegen lehnt eine allgemeine öffentliche Kinderbetreuung ab; er bevorzugt, dass der Staat Eltern direkt bezahlt oder Verwandte entlohnt, um Kinder zu betreuen. Er sieht nämlich – wie viele Rechte – institutionelle Kinderbetreuung als „Anreiz für Frauen, arbeiten zu gehen, statt zuhause bei den Kindern zu bleiben“. Hier tritt offen zutage: Die Agenda will Frauen eigentlich zurück an den Herd. Erwerbstätigkeit von Müttern ist für Severino ein unerwünschter Trend, den man lieber umkehrt.
  • Koordinierung von oben: Um all diese Maßnahmen zu bündeln, würde man einen hochrangigen Posten schaffen. Den von Biden eingeführten Gender Policy Council (Rat für Geschlechterpolitik) im Weißen Haus schafft man hingegen als erstes ab – allein der Name ist den Rechten ein rotes Tuch. Statt Gleichstellungspolitik von Frauen/LGBTQ will man eben das genaue Gegenteil betreiben.

Ein Kernstück dieser „Gegen-Gender-Politik“ ist der Kampf gegen die Rechte von Transpersonen und queeren Menschen, der in Project 2025 mit geradezu missionarischem Eifer geführt wird. Bereits in den familienpolitischen Ausführungen heißt es, man werde „eine Reihe von Änderungen einführen, um die Rechte von Transpersonen einzuschränken“, trans- und nicht-binäre Menschen an den Rand zu drängen und jeglichen Diskriminierungsschutz für sie zu beseitigen. „Ihre bloße Existenz würde in der Sprache der Bundesregierung nicht mehr vorkommen“. Damit kommen wir zum nächsten Thema.

Trans- und LGBTQ-Rechte

Project 2025 enthält einen frontalen Angriff auf LGBTQ-Rechte, insbesondere auf Transgender-Personen. Was seit den 2010ern an Fortschritt erreicht wurde, soll rückgängig gemacht werden. „Die Linke hat den Begriff ‘Gender’ gekapert… um ein Spektrum einzubeziehen, das die Normen verändern will“, polemisiert Max Primorac. Damit teilt er die Vorstellung vieler Rechtskonservativer, dass es nur biologisches Geschlecht gibt und alles andere eine ideologische Erfindung sei.

Das Projekt plant umfassende administrative Schritte:

  • Die Equal Employment Opportunity Commission (EEOC), zuständig für Gleichbehandlung im Job, soll sämtliche Richtlinien zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Trans-Status oder Geschlechtsmerkmalen aufheben. Bisherige Regeln, die seit 1964 ausgebaut wurden und LGBTQ-Menschen im Arbeitsleben schützen, würden wegfallen. Damit würde in vielen Bereichen Diskriminierung wieder legal – Arbeitgeber könnten z.B. offen Schwule oder Transmenschen feuern, ohne Bundesrecht zu brechen. Project 2025 argumentiert zynisch, „Ungleichheiten implizieren nicht per se Diskriminierung (und sollten es rechtlich auch nicht)“. Zudem soll die EEOC künftig keinerlei Daten mehr zur ethnischen Zugehörigkeit von Beschäftigten sammeln – das betrifft zwar Rassismus (siehe Abschnitt Rassismus), zeigt aber das Prinzip: Augen zu vor jeder Benachteiligung.
  • Das Gesundheitsministerium (HHS) soll die Definition von „Geschlecht“ wieder einschränken. Unter Obama/Biden wurde „Geschlecht“ in manchen Verordnungen als inklusiv definiert (inkl. Genderidentität). Project 2025 will zurück zur Definition biologisches Geburtsgeschlecht. Dadurch könnten z.B. Transpersonen von bestimmten Gesundheitsleistungen ausgeschlossen oder nicht mehr als Schutzgruppe berücksichtigt werden.
  • Das National Institute of Health (NIH) – größte US-Forschungseinrichtung – soll anweisen, keine LGBTQ-bejahende Forschung mehr zu fördern, sondern im Gegenteil Studien zu finanzieren, die „den Wechsel der Geschlechtsidentität diskreditieren“. Transitionsprozesse werden abfällig als „geschlechtsübergreifende Interventionen“ bezeichnet. Diese Politisierung der Wissenschaft zielt darauf ab, Transidentität als behandlungsbedürftige Störung darzustellen.
  • Das Bildungsministerium soll in allen seinen Texten und Richtlinien die Kategorie „nichtbinäres Geschlecht“ löschen. Es soll „Geschlecht“ streng als männlich/weiblich (nach Geburt) definieren. Praktisch hieße das z.B., dass Schulen kein drittes Kästchen mehr für non-binary Schüler anbieten dürften, keine Geschlechtsänderungen in Zeugnissen usw. Außerdem würde das Ministerium vermutlich jegliche inklusiven Lehrpläne oder schulischen Richtlinien (z.B. zu Pronomen, Unisextoiletten) unterbinden, soweit es Einfluss hat.
  • Das Veteranenministerium (VA) dürfte keine geschlechtsangleichenden Operationen oder Behandlungen mehr für Transpersonen finanzieren. (Das VA begann unter Biden 2021, geschlechtsangleichende OPs für Veteran*innen in Aussicht zu stellen – das würde gecancelt.)

Trump hat bereits 2025 mehrere dieser Schritte per Dekret eingeleitet: Er erließ eine „Zweigeschlechter“-Order und verbot Bundesmitteln die Finanzierung von geschlechtsangleichender Behandlung bei Personen unter 19. Darüber hinaus machten Trump-nahe Politiker und Medien in den letzten Jahren Anti-Trans-Politik zu einem Eckpfeiler rechter Kampagnen. Rechte Bundesstaaten erließen Verbote für geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Jugendlichen, schränkten Trans-Personen im Sport, im öffentlichen Leben und in der medizinischen Versorgung ein. Project 2025 will dies auf Bundesebene spiegeln.

Die Ablehnung ist dabei nicht nur politisch, sondern geradezu existentiell: „Eine Weltanschauung, die Geschlechterrollen als streng abgegrenzt und unveränderlich ansieht, kann die Existenz von Transmenschen… nicht anerkennen“. Aus dieser Logik heraus erscheint jede Anerkennung von Transidentität als Bedrohung für ihr Weltbild. Deswegen reagieren sie „intolerant, bösartig und bizarr“, wie das Buch es nennt – denn Transpersonen sind <2% der Bevölkerung und ihre Existenz hat keinen erkennbaren Einfluss auf das Leben anderer. Dennoch herrscht bei den Autoren regelrechte Panik, sobald Kinder in der Schule von anderen Pronomen oder Identitäten hören.

Project 2025 will folglich jegliche Diversity- oder Gleichstellungsprogramme in Bund und Behörden abschaffen (dazu mehr im nächsten Abschnitt) und diskriminierungsfreundliche Regeln schaffen. Es ist eine Kulturrevolution von rechts: Weg von „Wokeness“ und Liberalität hin zu einem Staat, der traditionelle Normen erzwingt und Minderheiten (sexuelle, geschlechtliche, ethnische) bewusst an den Rand drängt.

Bildung

Bildungspolitik ist ein Schlüsselbereich, in dem sich der kulturkämpferische wie auch autoritäre Ansatz von Project 2025 zeigt. Es geht um nicht weniger als das Ende des öffentlichen Schulsystems in seiner jetzigen Form. Im Mittelpunkt steht hier die Idee der „elterlichen Rechte“.

Die Autoren klagen, Gerichte hätten zwar anerkannt, dass Eltern ein primäres Recht und eine Pflicht haben, für Erziehung und Betreuung ihrer Kinder zu sorgen, doch dieses Elternrecht werde nicht auf gleicher Stufe behandelt wie etwa Meinungs- oder Religionsfreiheit – vermutlich weil es eben nicht wörtlich in der Verfassung stehe. In den letzten Jahren hat die Rechte aber genau dieses Parents’ Rights-Thema lautstark aufgegriffen: von Protesten gegen Masken- und Impfvorschriften in Schulen bis hin zu Kampagnen gegen angeblich „woke“ Lehrinhalte (Stichwort CRT, Gender-Themen etc.).

Project 2025 greift das auf und formuliert als Endziel: „das Ende der öffentlichen Schulen, wie wir sie kennen“. Der nächste Präsident solle Bildungsalternativen außerhalb des woke-dominierten öffentlichen Schulsystems fördern. Heritage-Bildungsexpertin Lindsey Burke ergänzt: Die Grund- und Sekundarschulpolitik solle dem von Ökonom Milton Friedman 1955 skizzierten Weg folgen: Bildung öffentlich finanzieren, aber die Bildungsentscheidung den Familien überlassen.

Damit sind Schulgutscheine und Bildungskonten gemeint: Eltern erhalten Staatsgeld direkt oder auf Accounts gutgeschrieben, um es an einer Schule ihrer Wahl (Privat-, Charter- oder Homeschooling) auszugeben. De facto würde das die Finanzierung der öffentlichen Schulen „langsam ausbluten“, so das Buch warnend. Denn wenn das Geld direkt den Eltern folgt, fehlt es den staatlichen Schulen. Diese sind aber – trotz aller Kritik – das Rückgrat eines allgemeinen Bildungsstandards. Die Project-2025-Autoren scheint das nicht zu kümmern: Sie vertrauen auf Markt und Eigeninitiative.

Im Gegenteil, sie wollen sogar bestehende Programme für benachteiligte Kinder kappen: Das Bundesprogramm Head Start – frühkindliche Bildung für Hunderttausende Kinder aus armen Familien – soll beendet werden, obwohl es seit den 1960ern Erfolge bei Vorschulförderung erzielt hat.

Kurzfristig schlägt Project 2025 vor, Beschränkungen für Charter Schools zu lockern. Charter Schools sind quasi öffentlich finanzierte Privatschulen und gelten Konservativen als Alternative zu den „versagenden“ staatlichen Schulen. Langfristig jedoch will man, dass es gar kein Bundesbildungsministerium mehr gibt. „Die Bundesbildungspolitik soll begrenzt sein, und letztlich soll das Ministerium abgeschafft werden“, so Burke. Viele konservative Basisgruppen fordern das schon lange – sie sehen im 1979 gegründeten Department of Education (DoE) einen unnötigen Eingriff Washingtons in lokale Schulangelegenheiten. Tatsächlich hat das DoE keine direkte Kontrolle über Lehrpläne, es fungiert hauptsächlich als Finanzier (ca. 8% der Schulausgaben) und kann über Förderauflagen gewisse Standards durchsetzen (z.B. Bürgerrechtsauflagen, Förderung von benachteiligten Schülern etc.). Diese Konditionen sind der Rechten ein Dorn im Auge. Burke möchte, dass Bundeshilfen künftig ohne Auflagen als Blockzuschüsse an die Bundesstaaten fließen. Die Staaten könnten das Geld dann nach eigenem Gutdünken einsetzen.

Die Folgen: Rote (republikanisch regierte) Bundesstaaten könnten ihr Bildungssystem stark umkrempeln, Schulen z.B. in kirchliche Trägerschaft überführen, Curricula religiös einfärben, eine geschönte Geschichtsvermittlung (ohne kritische Aufarbeitung von Rassismus) und wissenschaftliche Irrlehren (Klimawandel-Skepsis, Kreationismus) einführen. Blaue Staaten würden ihr bisheriges System wohl beibehalten – die Kluft in der Bildung würde also wachsen. Das Buch merkt zudem an: Burkes Argumentation ist widersprüchlich. Sie beklagt schlechte Testergebnisse in den USA (die Pandemie hat sie verschlechtert), doch schon jetzt bestimmen weitgehend die lokalen Behörden den Unterricht – mehr lokale Kontrolle würde also kaum Wunder bewirken. Und: Warum sollten Steuerzahler den Bundesstaaten Milliarden überlassen, ohne kontrollieren zu können, was damit passiert? Burke scheint das zu erkennen, denn an einer Stelle fordert sie durchaus Bedingungen: So sollten z.B. Zuschüsse für Area-Studies-Programme (unigebundene Regionalstudien) gestrichen werden, wenn sie „amerikanischen Interessen zuwiderlaufen“. Offenbar will man nur bestimmte Inhalte nicht finanzieren – andere sehr wohl. Es geht also um politische Präferenzen, nicht um Prinzipien.

In der Hochschulpolitik schlägt Project 2025 ebenfalls markante Änderungen vor:

  • Studentenfinanzierung: Seit 2010 vergibt der Bund Studienkredite direkt statt über Banken – das soll wieder privatisiert werden, obwohl private Kreditanbieter in der Vergangenheit Studierende in die Schuldenfalle trieben (hohe Zinsen, Missbrauch).
  • Darlehenserlass: Das Programm zur Kreditvergebung bei öffentlichem Dienst (Public Service Loan Forgiveness) soll beendet werden. Bidens (gerichtlich gestoppter) Versuch, großen Teilen der Studierenden die Darlehen zu erlassen (fast $180 Mrd. für ~5 Mio. Menschen), wird natürlich abgelehnt und wo möglich rückgängig gemacht.
  • Akademische Ausrichtung: Generell würde die Bundesregierung sich aus der Hochschulbildung zurückziehen. Stattdessen sollen Lehrstellen, Berufsschulen und Militärakademien gefördert werden – in Trumps Rhetorik: „Jeder muss nicht studieren; Handwerk und Militär sind ehrenwert“.

Insgesamt deutet alles darauf hin, dass Project 2025 die öffentliche Bildung dem Markt und den Ideologen überlassen will. Für den Durchschnittsbürger bedeutet das: weniger gleiche Bildungschancen, starke Unterschiede je nach Wohnort und Elternhaus. Ärmere, deren Eltern die Voucher nicht sinnvoll einsetzen können, drohen abgehängt zu werden. Die Autoren nehmen das in Kauf – wichtig ist ihnen vor allem, dass der Staat keine „linke Indoktrination“ mehr betreibt. Stattdessen soll – so implizit – eher rechte oder religiöse Indoktrination in deren Schulen stattfinden dürfen (z.B. Verbot der Critical Race Theory überall, siehe nächster Abschnitt). Es ist eine radikal libertäre wie kulturkonservative Vision: Staatliche Schulen schrumpfen, privater und kirchlicher Einfluss wachsen.

Rassismus und Bürgerrechte

Obwohl Project 2025 am lautesten gegen „Gender-Ideologie“ wettert, nimmt es auch das Thema Rassismus und Diversity ins Visier. Sein Ziel ist, jahrzehntelange Bemühungen zur Förderung von Gleichberechtigung und Inklusion rückgängig zu machen.

Die Autoren planen im Wesentlichen zwei Schritte:

  1. Abschaffung aller Programme für Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) im gesamten Bundesdienst. Unter Biden hatten viele Behörden DEI-Initiativen (z.B. Trainings gegen Unconscious Bias, Förderprogramme für Minderheiten) – diese würden gestrichen.
  2. Neuausrichtung der Bürgerrechts-Institutionen: Behörden, die eigentlich geschaffen wurden, um rassistische Diskriminierung zu bekämpfen, sollen zu Werkzeugen rechter Ideologie umfunktioniert werden.

Im Einzelnen:

  • EEOC (Gleichstellungskommission): Wie bereits erwähnt, soll sie nicht mehr vorrangig rassistische Diskriminierung verfolgen, sondern sich auf andere Gebiete konzentrieren – „Behinderung, Religion und Schwangerschaft (jedoch nicht Abtreibung)“. Diese Prioritätenverschiebung heißt: Statt z.B. systematische Benachteiligung schwarzer Bewerber aufzudecken, soll die EEOC eher auf Fälle schauen, wo jemand etwa aus religiösen Gründen nicht eingestellt wurde oder eine Firma nicht genug barrierefrei ist. Das sind durchaus legitime Anliegen, aber auffällig ist, dass Rasse explizit aus dem Fokus genommen wird. Darüber hinaus soll die Regierung sicherstellen, dass die EEOC keine Daten mehr zu ethnischer Zugehörigkeit von Beschäftigten sammelt. Derzeit melden große Arbeitgeber anonymisierte Diversitätsdaten – das würde enden. Ethnische Unterschiede oder Diskriminierung am Arbeitsplatz würden unsichtbar, konstatiert das Buch. Genau das scheint gewollt. Project 2025 schreibt: „Ungleichheiten implizieren nicht per se Diskriminierung (und sollten es rechtlich auch nicht)“ – es will also vom Grundsatz weg, dass zum Beispiel ein auffälliges Unterrepräsentiertsein einer Gruppe auf mögliche Diskriminierung hindeutet. Zudem sollen EEOC-Richtlinien nur noch unverbindliche Vorschläge sein, keine quasi-Regeln. Und – äußerst wichtig – keine bindenden Vergleichsvereinbarungen mehr: Die EEOC schließt oft außergerichtliche Einigungen („Consent Decrees“) mit Unternehmen, die diskriminiert haben, um Verbesserungen durchzusetzen. Project 2025 will diese Praxis beenden. Damit hätte die EEOC fast keine Durchsetzungsmacht mehr.
  • Bildungsministerium (Office for Civil Rights): Dessen Agenda zur „Wahrung der Bürgerrechte“ soll laut Project 2025 auf die Durchsetzung des „richtigen Verständnisses“ von Gender und „Herkunft“ (Race) abzielen. Das heißt im Klartext: Das Ministerium würde z.B. ein Verbot der Critical Race Theory (CRT) an Schulen fördern. CRT ist ein akademischer Begriff, wurde aber von Rechtskonservativen zum Kampfbegriff für jede Auseinandersetzung mit Rassismus in Schulen aufgebauscht. Indem Project 2025 irgendein CRT-Verbot propagiert, würde es in der Praxis viele Debatten über Rassismus und Diskriminierung an Schulen unterdrücken. Genau das ist ja in etlichen roten Bundesstaaten schon Realität: Lehrer vermeiden selbst harmlose Inhalte, aus Angst, gegen schwammig formulierte Anti-„Indoktrinations“-Gesetze zu verstoßen.
  • Justizministerium (Civil Rights Division): Ironischerweise (oder zynischerweise) soll die Bürgerrechtsabteilung des DOJ künftig nicht mehr Bürgerrechte schützen, sondern DEI-Maßnahmen unterbinden. Project 2025 will der DOJ ermöglichen, „jede Einrichtung strafrechtlich zu verfolgen, die mit DEI gegen Diskriminierung vorgeht“. Das klingt auf den ersten Blick verwirrend, ist aber folgendermaßen zu verstehen: In ihrer Logik sind DEI-Programme selbst diskriminierend (gegen Weiße, gegen Männer etc.). Die Bürgerrechtsdivision soll also gegen vermeintlich „umgekehrte“ Diskriminierung vorgehen. So würde das DOJ z.B. Universitäten verklagen, die Diversitätsprogramme bei der Fakultätseinstellung nutzen, oder Unternehmen, die Diversity-Ziele verfolgen. Außerdem – noch gravierender – würde das DOJ die Durchsetzung des Wahlrechts neu ausrichten: Weg vom historischen Schwerpunkt, Minderheiten vor Wahlunterdrückung zu schützen, hin zur Bekämpfung von angeblichen Wahlbetrugsszenarien. Trump und Republikaner überhöhen seit Jahren einzelne Betrugsfälle zu einem großen „Wahlintegrität“-Problem, meist um Wahlrechtsverschärfungen zu rechtfertigen. Project 2025 würde diese Erzählung übernehmen und z.B. staatliche Wahlschutz-Teams eher auf spontane Überprüfungen von Wählerregistern, ID-Kontrollen etc. ansetzen statt auf Diskriminierung bei Wahlgesetzen.

Diese Neuausrichtung der Bürgerrechtsinstitutionen hat für Trump offensichtliche Priorität. Bei seinen ersten Amtshandlungen 2025 erließ er sofort ein Dekret gegen DEI-Programme in allen Bundesbehörden. Er folgte dabei explizit den Empfehlungen von Project 2025. Bereits 2020 hatte Trump per Order Diversity-Trainings in Bundesstellen verboten (Biden revidierte das) – nun wurde das wieder aufgenommen und ausgebaut. Der Krieg gegen „Wokeness“ ist gewissermaßen das ideologische Rückgrat von Trumps Politik.

Der federführende Autor in diesem Bereich, der Historiker Victor Davis Hanson, bringt es im Buch so auf den Punkt: Für Project 2025 sind „Klimawandel, Critical Race Theory, angeblich herbeigeredeter Extremismus und andere linke Ideen“ die eigentlichen Probleme. Alles „Woke“ muss weg – seien es Diversitätstrainings oder „Inklusionsbeauftragte“.

Am Ende dieses Kapitels über Geschlecht, Familie, Rechte kann man festhalten: Project 2025 will eine regelrechte gesellschaftliche Konterrevolution. Die Uhr soll zurückgedreht werden: in vordemokratische Zeiten der klaren Hierarchien (Mann über Frau, Weiß über Schwarz, Christ über säkular, hetero über queer). Dabei scheut man nicht vor staatlichem Zwang zurück – im Gegenteil, man will die „Segnungen der Freiheit“ in Pflichten ummünzen. Diese Programmatik mag viele Mainstream-Konservative befremden, und erst recht die Mehrheit der Bevölkerung. Tatsächlich sind laut Buch viele Ideen der Agenda extrem unpopulär. Das war mit ein Grund, warum Trumps Wahlkampf 2024 sich offiziell von Project 2025 distanzierte und ein vages 20-Punkte-Programm ohne solche Zumutungen publizierte. Doch hinter den Kulissen wussten alle, dass Trump auf diesen Plan hört. Drei Viertel der Beitragenden hatten in Trumps erster Regierung gearbeitet, mehrere saßen in seinem Wahlkampfteam und sollten im Erfolgsfall wieder hohe Ämter erhalten. So kam es dann auch: Nach der Wahl 2024 besetzte Trump sofort etliche Schlüsselpositionen mit Project-2025-Mitwirkenden, vom Grenzschutz über CIA und FCC bis hin zum OMB mit Vought selbst. Die Umsetzung läuft also bereits, auch wenn große Teile der Agenda (z.B. ein nationales Abtreibungsverbot) noch ausstehen und teils gerichtlich angefochten werden. Im Sommer 2024 kannten Umfragen zufolge nur 14% der Wähler Project 2025 und unterstützten es, während 47% es ablehnten. Das hinderte Trump jedoch nicht, nach gewonnenem Wahlkampf genau diesen Masterplan Stück für Stück wahr zu machen.

Nach den gesellschaftspolitischen Radikalkuren wendet sich das Dossier nun den wirtschafts- und außenpolitischen Plänen zu. Hier zeigt sich, wie Project 2025 versucht, die traditionelle republikanische Politik (pro Wirtschaftseliten, pro Militärmacht) mit Trumps populistischem Einschlag (Protektionismus, Isolationismus) zu verbinden.

Wirtschaft und Handel

In der Wirtschaftspolitik prallen im Trump-Lager zwei Philosophien aufeinander: die klassisch konservative Laissez-faire-Linie und Trumps populistischer America-First-Ansatz. Jahrzehntelang standen Republikaner für „niedrige Steuern, geringe Regulierung, wenig Staat und freien Handel“ – quasi in der DNA der Heritage Foundation verankert. Ronald Reagan verfolgte die angebotsorientierte Trickle-down-Ökonomie, die davon ausging, dass Steuererleichterungen für Unternehmen und Reiche letztlich allen zugutekommen. Kritiker monierten stets, davon hätten Normalbürger kaum profitiert.

Donald Trump hat jedoch einige dieser Dogmen in Frage gestellt. Er lehnt freien Welthandel ab und setzte auf Zölle und Protektionismus. Als Präsident verhängte er Importzölle (v.a. gegen China) und kündigte weitere höhere Tarife für eine zweite Amtszeit an. Außerdem wich Trump in sozialen Fragen vom Sparkurs ab: Er versprach, Sozialversicherung und Medicare (Krankenversicherung der Senioren) nicht anzutasten, was konservative Haushaltspolitiker entsetzt. Tatsächlich stiegen unter Trump die Defizite enorm – nicht zuletzt durch Steuersenkungen für Unternehmen. Mindestens rhetorisch gab sich Trump auch arbeiterfreundlicher als frühere Republikaner, lobte US-Stahlkocher und äußerte Verständnis für Gewerkschaften.

Diese Spannungen innerhalb der Rechten spiegeln sich in Project 2025. Im Wirtschafts-Teil erlaubt Heritage ausnahmsweise interne Debatten. „Hier machen sie mehrere Ausnahmen“ von ihrer üblichen Linie, konstatiert das Buch. So wurden konkurrierende Essays aufgenommen: Peter Navarro, Trumps Handelsberater, plädiert für Protektionismus, während ein anderer Beitrag den Freihandel verteidigt. Ebenso gibt es Pro- und Contra-Beiträge zur staatlichen Export-Import-Bank. Und im Kapitel zum Arbeitsministerium werden kontroverse Punkte ausdrücklich zweiseitig beleuchtet. Hier zeigt sich also eine Sollbruchstelle der Trump-Koalition – die Autoren konnten sich nicht auf eine Linie festlegen, wo Trump selbst teils von der Parteidoktrin abweicht. Heritage rühmt sich zwar, normalerweise immer „eine einheitliche Position“ zu vertreten, aber hier eben nicht: Man druckt widersprüchliche Positionen ab.

Diese Debatten sind keine rein theoretischen Fingerübungen. Trump gewann 2024 mit wirtschaftlichen Themen im Wahlkampf: Er versprach, die Inflation einzudämmen, durch Migranten-Abschiebung mehr Jobs für US-Bürger zu schaffen und hohe Schutzzölle zu erheben. Project 2025 diskutiert diese Punkte ausgiebig – kommt aber zu keinem klaren Ergebnis. Das spiegelt die innere Unentschiedenheit: Einerseits will man der MAGA-Basis sozialpolitisch entgegenkommen, andererseits die traditionell wirtschaftsliberalen Fundis nicht verprellen.

Ein weiterer Streitpunkt: der Umgang mit den Tech-Giganten (Big Tech). Seit Jahren schimpfen Neurechte auf Facebook, Google & Co., während das Establishment zögerte. Inzwischen haben sich manche Tech-Firmen mit Trump arrangiert (Elon Musks Twitter etwa hofierte ihn). Project 2025 nimmt im Allgemeinen eine harte Linie gegen Big Tech ein. Man sieht die großen Plattformen als ideologische Gegner (Stichwort Zensur konservativer Stimmen) und als zu mächtig an. Gleichzeitig gibt es in bestimmten Feldern – etwa Kryptowährungen – eine Affinität zum Libertären: Hier befürwortet Project 2025 nur lockere Regulierung, wohl um die aufkommenden Crypto-Märkte nicht einzuschränken. Insgesamt aber werden Big Tech strengere Zügel angelegt werden (sei es via Kartellrecht oder Reform von Section 230, die sozialen Medien gewisse Immunitäten gewährt).

Auch sonstige wirtschaftspolitische Linien aus Project 2025:

  • Arbeit und Gewerkschaften: Die Autoren schlagen einen etwas „entspannteren Umgang“ mit der organisierten Arbeiterschaft vor – „wenn auch kein Bündnis“. Das heißt: Man hat erkannt, dass Trumps Basis viele Arbeiter umfasst, teils gewerkschaftlich organisiert (z.B. Industriegewerkschaften im Rust Belt). Anders als klassische Republikaner, die sehr gewerkschaftsfeindlich auftraten, will Trump diese Gruppe umwerben. Project 2025 empfiehlt daher, nicht mehr frontal alle Gewerkschaften zu dämonisieren. (Trump hat z.B. in Rhetorik die Polizistengewerkschaften und auch mal die Autoarbeiter gelobt, auch wenn seine Politik ihnen nicht wirklich half.) Allianz wird zwar abgelehnt (man bleibt wirtschaftsliberal), aber „entspanntes Verhältnis“ heißt: vielleicht weniger union busting per Gesetz, dafür populistische Rhetorik pro „hart arbeitende Amerikaner“. Tatsächlich hat sich Trump z.B. gegen die Idee gestellt, das Rentenalter zu erhöhen oder Sozialleistungen zu kürzen – was traditionell Arbeiterinteressen schützt. Project 2025 greift das auf, indem es eben keine großen Sozialkürzungen vorschlägt (siehe unten Soziale Sicherheit). Insgesamt aber bleibt man anti-„Big Labor“: Ein neuer PRO-Act (der Gewerkschaften stärken würde) ist unter Trump ausgeschlossen, Right-to-Work-Gesetze (die Gewerkschaftsbeiträge optional machen) würden weiter unterstützt. Man will nur vermeiden, die Arbeiterschaft komplett vor den Kopf zu stoßen.
  • Anti-Armuts-Programme: Hier kehrt der alte Konservatismus unverblümt zurück. Project 2025 plädiert für Kürzungen bei Armutsbekämpfungs-Programmen. Gemeint sind etwa Essensmarken (SNAP), Sozialhilfe, Medicaid etc. Im Wirtschaftsprogramm findet sich der Gedanke, viele dieser Hilfen hielten Menschen von der Arbeit ab und gehörten deshalb beschnitten. (Dies spiegelt sich auch oben bei Medicaid/Sozialhilfe, wo Work Requirements gefordert werden – das behandeln wir unten noch). Solche Kürzungen kommen in Umrissen vor, aber meist wird nicht konkret, wo man wie viel sparen will – vermutlich weil es unpopulär ist.
  • Steuern: Hier herrscht wieder Einigkeit: Massive Steuersenkungen stehen auf dem Plan. „Starke Senkungen der Einkommensteuer für Unternehmen und Privatpersonen“ werden klar gefordert. Tatsächlich konkretisieren die Autoren das an anderer Stelle: Statt bisher 7 Steuerklassen nur noch 2, Senkung der Körperschaftsteuer von 21% auf 18%, Besteuerung von Kapitalgewinnen/Dividenden pauschal 15%. Unterm Strich wäre das „eine große Steuersenkung für Wohlhabende und erfolgreiche Unternehmen“, so das Buch deutlich. Langfristig will Project 2025 sogar zu einer Verbrauchssteuer (Flat Tax) übergehen. Gemeint ist z.B. eine nationale Umsatzsteuer ohne Ausnahmen, welche die Einkommensteuer ersetzt. Konservative fordern das seit langem, da es Konsum statt Einkommen belastet – „wirtschaftlich am wenigsten schädlich“, wie sie meinen. Allerdings ist eine reine Verbrauchssteuer hochgradig regressiv (belastet Arme relativ stärker). Das räumen die Autoren indirekt ein: „Für Gutverdiener attraktiver… für Geringverdiener teurer“ als das heutige System. Doch das scheint ihnen egal. Fazit: Steuersenkungen sind ein Kernstück – trotz gigantischem Defizit. Auf die Frage, wie man das finanziert, hat Project 2025 übrigens keine Antwort außer vagen Einsparungen.
  • Staatsfinanzen und Schulden: Hier herrscht latente Heuchelei. Einerseits fordern die Autoren einen ausgeglichenen Haushalt ohne Steuererhöhungen, also nur durch Ausgabenkürzungen. Andererseits „sieht Project 2025 keine größeren Ausgabenkürzungen vor“ – insbesondere nicht bei den großen Brocken (Sozialversicherung, Medicare). Es ist „unmöglich, die Auswirkungen aufs Budget zu bewerten“, heißt es, da wenige Autoren überhaupt konkrete Zahlen nennen. Im Gegenteil, einige Projekt-Autoren wollen sogar Ausgabenerhöhungen für ihre Bereiche. Offenbar hat man beobachtet, dass Republikaner politisch scheiterten, wenn sie Sozialprogramme anpackten (Bush 2005 bei Rentenreform, Paul Ryan bei Medicare-Kürzung) – und lässt es nun bleiben, „unabhängig von Trumps Versprechen, diese Programme zu schützen“. Stattdessen bezeichnet man Social Security/Medicare zwar korrekt als „Haupttreiber“ der $31 Billionen Staatsverschuldung, will aber höchstens „schrittweise Kürzungen“ und keine großen Reformen. Das heißt: Die Schuldenexplosion wird weitergehen, zumal Trumps eigene Pläne das Defizit um geschätzte $7,75 Billionen erhöhen würden (siehe Buch, S. 109). Hier zeigt sich: Die MAGA-Populisten scheuen die unpopulären Härten – sie versprechen Steuersenkungen plus unveränderte Sozialleistungen, was zwangsläufig Defizite bringt. Heritage hat damit offenbar seinen Frieden gemacht, obwohl es früher Defizite geißelte.
  • Handelspolitik: Wie erwähnt, ist Project 2025 gespalten zwischen Freihändlern und Protektionisten. Trump persönlich ist extrem zöllnerisch eingestellt (er drohte mit 10% Strafzoll auf alle Importe). Die Heritage-Fraktion war traditionell freihändlerisch (Wirtschaft ≠ Nullsummenspiel). Das Projekt druckt beide Positionen. Man erkennt darin: Die Partei versucht, Trumps Basis (die Zölle befürwortet, um z.B. Arbeitsplätze zu schützen) und ihre wirtschaftsliberalen Großspender (die Zölle ablehnen) zugleich zu bedienen. In der Praxis hat sich das so geäußert: 2017 senkten Republikaner massiv die Unternehmenssteuern (Gut für Konzerne), aber 2018 erhob Trump Zölle auf Stahl/Alu und China-Importe (Gut für Rust-Belt-Stahlwerker, schlecht für importierende Unternehmen). Dieser Zwei-Kurs könnte weitergehen. Project 2025 selbst legt sich nicht fest – es „debattiert, aber kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis“. Realistisch ist, dass ein Trump-Weißes-Haus 2025 beides tun würde: Die Strafzölle ausweiten (im Sinne Navarros) und parallel versuchen, manches Freihandelsabkommen neu zu verhandeln zu US-Gunsten. Internationale Handelsorganisationen wie die WTO würde man ignorieren, wenn sie den Zöllen widersprechen.
  • Finanzmarktregulierung: Project 2025 will Deregulierung – hier sind alle Strömungen der GOP sich einig. Man hält Dodd-Frank & Co. für übertriebenen Dirigismus. Im Buchtext wird empfohlen, die „regulatorische Belastung“ zu verringern und private Innovationen freizusetzen. Es wird sogar erwogen, die Federal Reserve (US-Notenbank) fundamental zu reformieren oder gar abzuschaffen. Das klingt drastisch: Einige Hardliner (z.B. Goldstandard-Befürworter) verübeln der Fed die lockere Geldpolitik. Tatsächlich hat Trump 2018–19 heftig auf die Fed geschimpft, weil sie Zinsen anhob – er wollte eine gefügige Notenbank. Project 2025 hat eine Passage, dass „möglicherweise einschließlich der Abschaffung der US-Notenbank“ weniger Regulierung kommen soll. Das ist wohl kein offizielles Ziel, aber es zeigt das Gedankengut. Wahrscheinlicher: Man würde Leute ins Fed Board setzen, die Trumps Kurs (tiefe Zinsen) stützen, und vielleicht die Aufgaben der Fed beschränken (z.B. nur Preisstabilität, nicht Vollbeschäftigung als Mandat). Zudem möchte Project 2025 eine „Abkühlphase“ von bis zu 15 Jahren einführen, bevor Mitarbeiter von Regulierungsbehörden in die von ihnen beaufsichtigte Branche wechseln dürfen. Das soll Interessenkonflikte verhindern (Revolving Door), was sogar sinnvoll klingt – aber das Buch merkt an: Ohne hohe Gehälter im Staatsdienst riskiert man Abwanderung der Talente. Dieses Reformchen (15-Jahres-Sperre) wird es vermutlich nicht ins echte Programm schaffen, da es schwer umsetzbar ist und dem freien Markt widerspricht (warum Regulierungskarrieren unattraktiver machen?). An anderer Stelle will Project 2025 z.B. die Bundesbefugnis abschaffen, Medikamentenpreise für Medicare auszuhandeln – eine Fähigkeit, die Biden 2022 dem Staat gab, um Pharmapreise zu senken. Hier zeigt sich: Trotz populistischer Rhetorik gegen „Big Pharma“ schützt der Plan eher die Industrien (kein Wunder: Heritage ist industrie-nah). Man will zwar Generika leichter auf den Markt bringen (mehr Wettbewerb, gut), aber gleichzeitig die wirksamste Preisbremse (staatliche Verhandlungsmacht) wieder killen.

Zusammenfassend kann man sagen: Die Wirtschaftspläne von Project 2025 sind ein Spagat. Einerseits sehr unternehmensfreundlich (Steuersenkungen, Deregulierung, Schwächung von Gewerkschaften, Zurückdrängen von Klimaschutzauflagen, siehe nächsten Abschnitt Umwelt). Andererseits versucht man punktuell Trumps populistische Versprechen einzulösen (Industrieschutz durch Zölle, keinen Sozialabbau bei Renten/Medicare, Buy American-Prinzpien). Das Buch urteilt: „Der Populismus der MAGA-Rechten ist nicht so oberflächlich, wie manche Liberale meinen – aber auch nicht so seriös und konkret, wie seine Befürworter behaupten.“. In der Tat bleibt Project 2025 in vielen Wirtschaftsfragen vage oder widersprüchlich, weil man den inhärenten Zielkonflikt kaschieren muss: Den Eliten dienen und gleichzeitig dem Volk gefallen. Man versucht es mit beidem: Steuergeschenke an Reiche und protektionistische Symbolpolitik fürs Volk.

Soziale Sicherheit und Gesundheitswesen

Um die Wählerbasis nicht zu vergraulen, verschont Project 2025 die großen Sozialprogramme weitgehend – zumindest rhetorisch. Social Security (Renten) und Medicare (Alterskrankenversicherung) werden ausdrücklich nicht angerührt (im Gegensatz zu früheren GOP-Plänen). Man gesteht zwar, dass diese Programme die Haupttreiber der Verschuldung sind, „scheut sich aber, Kürzungen vorzuschlagen“ – wohl „unabhängig von Trumps Versprechen, beide zu schützen“. Stattdessen reden die Autoren drum herum und empfehlen höchstens kleinteilige Effizienzmaßnahmen. Das zeigt: Trumps Einfluss hat die GOP von radikalen Rentenkürzungen abgebracht. Noch Paul Ryan (House Speaker bis 2018) wollte Medicare einschränken; jetzt wagt man es nicht mehr. Diese strategische Zurückhaltung erkauft man sich aber mit Inkonsistenz im Budget – ein Thema, das wir schon adressiert haben (Defizit steigt weiter).

Im Gesundheitswesen wiederum hat Project 2025 klare Vorstellungen, die dem traditionellen Kurs ähneln: Obamacare (ACA) weitgehend rückabwickeln, staatliche Gesundheitsfürsorge verkleinern, Marktkräfte stärken. Aber auch hier erkennt man Trumps spezielle Spuren (z.B. weniger Elan beim Kürzen populärer Leistungen).

Seit Jahren rufen Republikaner „Repeal Obamacare“, doch die ACA-Versicherung für Millionen ist beliebter geworden. „Die öffentliche Unterstützung macht eine vollständige Aufhebung politisch unmöglich“, heißt es realistisch. Darum will Project 2025 Teile des ACA streichen, aber nicht alles. Übergeordnete Ziele sind: die Privatisierung von Medicare, die Einschränkung von Medicaid (Krankenversicherung für Arme) und die Abschwächung von Patienten-Schutzvorschriften.

Roger Severino (derselbe, der auch Abtreibung bearbeitet) kritisiert das US-Versicherungssystem als ineffizient, intransparent und kostentreibend – interessanterweise in Worten, die auch Bernie Sanders unterschreiben könnte. „Verwirrende Netzwerke, Drittzahler, übermäßige Nutzung, keine Preistransparenz“. Doch seine Lösungen sind marktradikal, nicht sozialstaatlich:

  • Förderung des Hausarztmodells (Direct Primary Care), wo Patienten per Abo direkt Ärzte bezahlen, ohne Versicherung dazwischengeschaltet.
  • Einführung von „Versicherungsausschluss-Modellen“ innerhalb des ACA – also Angebote, wo Versicherer rausgehalten werden. (Im Kern: eine Rückkehr zu einer Art Selbstzahler-System mit Catastrophic Coverage).
  • Anreize für Patienten, günstigere Anbieter zu wählen, sodass sie finanziell profitieren. Heute merkt ein Versicherter kaum einen Unterschied im Geldbeutel, ob er einen teuren oder preiswerten Arzt nimmt, da oft die Versicherung zahlt. Severino will, dass Patienten belohnt werden, wenn sie billige Versorgung wählen – oder andersherum zur Kasse gebeten, wenn sie „unnötig Teures“ nutzen. Allerdings: Das verleitet dazu, an Gesundheit zu sparen. Schon jetzt führen hohe Selbstbehalte oft dazu, dass Leute Therapien aufschieben.

Severino will die Markttrennung innerhalb des ACA: Die vom Staat subventionierten ACA-Policen sollen isoliert werden, während der unsubventionierte Versicherungsmarkt deregulierter wird. Konkret hieße das, Versicherer dürften z.B. im unsubventionierten Bereich wieder Gesundheitsfragen stellen, weniger Leistungen decken usw., während der subventionierte Bereich (für Geringverdiener) ohnehin schrumpft, weil im Trump-Szenario viele Leute aus Medicaid fliegen (siehe unten). Zusammengenommen würden diese Änderungen das System wieder Richtung Vorkrisenzeit 2009 drehen: Damals hatten viele Menschen den Hauptanreiz, Gesundheitskosten wo es geht zu vermeiden – selbst auf Kosten ihrer Gesundheit – weil sie es sonst nicht zahlen konnten. Project 2025 nimmt das billigend in Kauf: „Der Hauptanreiz für viele war, Ausgaben zu vermeiden, selbst wenn sie dadurch mit höheren Kosten oder schlechteren Ergebnissen konfrontiert waren“ – genau dahin würde man wieder kommen, so das Buch.

Medicare (65+): Severino möchte Medicare im großen Stil privatisieren, nämlich Medicare Advantage (MA) – private Managed-Care-Pläne – zur Standardoption machen. Heute nutzen ca. 50% der Berechtigten MA statt traditionelles Regierungs-Medicare. MA bietet z.B. oft Zusatzleistungen (Brillen, Zähne) und niedrigere Selbstbeteiligungen, aber dafür engere Ärzte-Netze und viele Leistungsausschlüsse. Project 2025 würde vermutlich alle Neurentner in MA lenken. Obwohl man als Ziel „Wert für Begünstigte und Steuerzahler“ angibt, zeigt das Buch, dass MA den Steuerzahler bereits heute mehr kostet als normales Medicare. Es ist also fraglich, ob das finanziell sinnvoll ist – aber es passt zur Ideologie der Privatisierung. Dass MA-Patienten tatsächlich bessere Versorgung kriegen, konnte eine Regierungsstudie übrigens nicht feststellen.

Medicaid (für Geringverdiener): Hier packt Project 2025 den Rotstift aus. Severino erklärt das System für gescheitert und will Medicaid-Empfänger mehr Eigenverantwortung aufbürden. „Freiheit, ihre Versicherung zu wählen“ sollen sie haben (also z.B. statt staatlichem Medicaid einen privaten Plan mit Gutschein, nehme ich an) und „Verantwortung, angemessene Anteile der Behandlungskosten selbst zu tragen“. Das heißt: Auch sehr arme Kranke sollen zahlen, damit „der Steuerzahler geschützt“ wird. Ferner fordert Severino Arbeitspflichten (Work Requirements) für Medicaidempfänger – wer gesund ist, soll nur Leistungen kriegen, wenn er einen Job annimmt. Er will Leistungen dem Bedarf anpassen (also z.B. bestimmten Gruppen weniger bieten) und Bezugsdauern begrenzen, „um nicht zu dauerhafter Abhängigkeit anzuregen“. Außerdem: Die Bundeszuschüsse für Medicaid sollen gedeckelt oder in Pauschalen an Staaten fließen. All das zielt klar darauf, Kosten zu senken – auf Kosten der Bedürftigen. Das Buch sagt, Severino nenne keine Einsparsumme, „aber das offensichtliche Ergebnis wäre eine wahrscheinlich drastische Leistungskürzung“. Genau. Real würde es Millionen die Gesundheitsversorgung erschweren oder entziehen.

Veteranen-Gesundheit: Das VA ist sozusagen das „soziale Gesundheitsnetz für Ex-Soldaten“. Projekt-Autor Brooks Tucker sieht, dass die Patientenpopulation altert und teurer wird. Sein Plan: Erschwerung der Invalidenrente (also strengere Kriterien, damit weniger Veteranen Anspruch auf fortlaufende Zahlungen wegen Dienstverletzungen haben), und mehr Vet­er­an­en in Private Netzwerke lotsen (Community Care) statt in staatliche Veteranenkrankenhäuser. Trump hatte bereits 2018 ein Gesetz erlassen, das mehr Veteranen zum Privatarzt gehen ließ (auf Staatskosten), was Teile des VA-Systems aushöhlte. Project 2025 treibt das weiter – eine Teil-Privatisierung der Veteranenversorgung. Das Ziel: Kosten sparen, indem man – zynisch gesagt – weniger für die teuren alten Veteranen ausgibt.

Pandemie und Public Health: Hier schlägt Project 2025 auf Basis der COVID-Erfahrungen drastische Änderungen vor. „Das Gesundheitssystem der Bundesregierung hat das Vertrauen der Öffentlichkeit verloren“, stellt Severino fest. „Vor dem nächsten nationalen Gesundheitsnotstand muss dieser Apparat grundlegend umstrukturiert werden“. Im Buch schwingt auch eine Verschwörungstheorie mit: Severino vermutet, NIH-finanzierte Gain-of-Function-Forschung „könnte für COVID-19 verantwortlich sein“. Das ist die (nicht belegte) These, das Virus sei im Labor entstanden. Solche Andeutungen erklären, warum Project 2025 das CDC (Centers for Disease Control) umbauen will. Man plant eine Aufspaltung des CDC in zwei Behörden: eine reine Daten-Clearingstelle für Epidemiologie und eine Behörde für öffentliche Gesundheitsempfehlungen. Letztere sei „unausweichlich politisch“, argumentiert Severino. Er gibt ein Beispiel, das bezeichnend ist: die COVID-Maßnahmen Ostern 2020. „Wie viel Risikominderung ist die Schließung von Kirchen am heiligsten Tag des christlichen Kalenders wert?“ – fragt er rhetorisch. Offenbar findet er: selbst wenn es Leben rettet, darf man am Ostersonntag keine Kirchen schließen. Hier mischt sich Pandemiemanagement mit Religion. Jedenfalls will er verhindern, dass Gesundheitsbürokraten wie 2020 so viel Durchgriffsrecht haben, etwa Gottesdienste zu untersagen. Außerdem sollen unbefristete Gesundheitsnotstände (wie der COVID-Notstand) nicht mehr von der Exekutive ausgerufen werden können, zumindest nicht ohne klare Grenzen. Das würde es z.B. erschweren, schnell Hilfsgelder oder bundesweite Maßnahmen bei Pandemien einzuleiten.

Solche Änderungen kämen der Kulturagenda entgegen (keine Masken, keine Lockdowns mehr etc.), „aber es ist nicht erkennbar, wie sie mehr Vertrauen oder bessere Ergebnisse für die öffentliche Gesundheit produzieren würden“, kommentiert das Buch trocken. Im Gegenteil – es würde die Handlungsfähigkeit bei Seuchen einschränken.

Einige Project-2025-Vorschläge klingen wiederum vernünftig: z.B. kritisiert Severino die Verflechtung von Behörden mit Pharma, Krankenhäusern, Versicherern. Er prangert Interessenkonflikte bei FDA und NIH an und will wie gesagt lange Abkühlphasen für scheidende Beamte einführen. Das zielt aufs „Regulatory Capture“, ist also durchaus begründet. Nur: Ohne Begleitmaßnahmen (gute Gehälter im Staatsdienst) führt das zu Brain Drain, wie erwähnt. Zudem will Project 2025 Generika schneller zulassen – gut für Wettbewerb. Aber – wie ebenso erwähnt – gleichzeitig wieder verbieten, dass Medicare Preise drückt. Und Lösungen für Ärztemangel in ländlichen Gebieten? Da fällt ihm nur ein: „Abbau regulatorischer Hürden und Freisetzung privater Innovation“ – also nichts Konkretes, nur Markt-Lyrik. Ach ja, auch noch speziell: Project 2025 will die gängigen Ernährungsrichtlinien von HHS/USDA abschaffen. (Wahrscheinlich ein Seitenhieb, weil Biden z.B. klimafreundliche Ernährungskonzepte unterstützt hat – die Rechten sahen darin Angriffe auf Burger & Co.)

Alles in allem würde die Gesundheitsversorgung für viele Amerikaner unsicherer und teurer. Nur wer Geld hat, kann sich’s dann richten. Den Armen drohen Leistungskürzungen (Medicaid), den Alten höhere Kosten (Medicare-Privatisierung, je nachdem), den Veteranen weniger Leistungen (höhere Hürden). Die Reichen dagegen profitieren (Steuersenkung, keine Preisverhandlungen mit Pharma, etc.). Das passt ins Bild: The „best health care is no health care“, scherzen Kritiker manchmal über GOP-Pläne – was natürlich zugespitzt ist. Aber klar ist: Project 2025 würde die USA von Bidens Kurs einer gewissen Universalisierung der Gesundheitsversorgung zurück auf ein marktabhängiges, sozial stärker selektives Gesundheitssystem drehen.

Einwanderung und Grenzschutz

Kaum ein Politikfeld ist so zentral für Trump wie die Immigrationspolitik. „Kein Thema hat Donald Trumps politische Karriere so geprägt“, heißt es im Buch. Sein berüchtigter Slogan von „Vergewaltigern“, die über die Grenze kämen, seine Mauerbau-Forderung – all das bildete 2016 den Kern seiner Kampagne. Entsprechend aggressiv und detailliert sind die Pläne in Project 2025, um die Einwanderung drastisch zu reduzieren – sowohl illegale als auch legale.

Project 2025 steht dabei vor derselben Herausforderung wie Trump 2017: Das US-Einwanderungssystem gilt überparteilich als „hochgradig defekt“. Seit 1990 scheiterten alle Versuche einer umfassenden Reform, weil sich Demokraten und Republikaner nie auf ein Paket einigen konnten. Statt Kompromissen setzt Project 2025 auf brachiale Durchsetzung einseitiger Maßnahmen. Das Motto lautet im Grunde: „Abschreckung durch Härte“.

Ziel ist es, die illegale Zuwanderung nahe null zu bringen und auch die legale Einwanderung stark zu drosseln. „Der Plan würde die Abschiebung nicht autorisierter Einwanderer drastisch erhöhen“ und zugleich Veränderungen bei der legalen Zuwanderung bewirken, „die ein Land, das für seine Einwanderungsgeschichte berühmt ist, in einen weitaus härteren, weniger gastfreundlichen Ort verwandeln würden“.

Trump und seine Berater wie Stephen Miller verfolgten bereits 2017–20 diese Linie – Miller gilt als Vordenker knallharter Restriktionen. Viele der Project-2025-Autoren kommen aus diesem Kreis (Gene Hamilton, der DOJ-Autor, war Millers Mann fürs Grobe im DHS). Project 2025 versucht, die Lektionen aus Trumps erster Amtszeit zu ziehen: Damals scheiterten einige Maßnahmen an Gerichten oder am Verwaltungschaos. Nun will man frühzeitig die rechtlichen Grundlagen legen und Personal bereitstellen, um bei einer neuen Gelegenheit (die 2025 nun da ist) maximal durchgreifen zu können.

Zentrale Vorhaben im Bereich Einwanderung:

  • Fortführung des Mauerbaus und Grenzabschottung: Das Projekt-Manifest spricht es nicht direkt aus (weil es seit Trump eh klar ist), aber selbstverständlich soll der physischen Grenzsicherung oberste Priorität gelten. Die Mauer an der Südgrenze würde ausgebaut, technische Überwachung verstärkt, mehr Grenzpatrouillen rekrutiert usw. Trump hat dies 2025 bereits wieder in Angriff genommen per Exekutivorder.
  • Umbau des Ministeriums für Heimatsicherheit (DHS): Project 2025 plant offenbar, das DHS stärker zu fokussieren. Das Buch erwähnt z.B., dass man überlegt, die Transportation Security Administration (TSA) (Flugsicherheit) zu privatisieren. Weiter wird angedeutet, man könnte Teile des DHS auflösen oder ausgliedern, damit das Ministerium sich voll auf Einwanderung konzentriert. So ist die Rede, man könne die Behörde USCIS (Einbürgerungs- und Migrationsbehörde) restrukturieren, weil sie „zu sehr darauf aus ist, Menschen die Einwanderung zu erleichtern“. Einige DHS-Teile wie FEMA (Katastrophenschutz) seien der Einwanderungsagenda hinderlich. Es klingt, als wolle man das DHS entkernen: Nicht-Sicherheitsbereiche raus (eben FEMA, TSA), damit DHS sich nur um Grenze, Visa und Abschiebung kümmert. Außerdem könnte man parallel Strukturen zentralisieren: Heute sind Grenzschutz (CBP) und Immigration Enforcement (ICE) getrennt – vielleicht würde man die koordinieren oder zusammenlegen, um schlagkräftiger zu sein.
  • Maximale Ausweisung („Deportation“) von Undokumentierten: Project 2025 will die Abschiebekapazitäten drastisch erhöhen. Das heißt: Mehr Personal für ICE, mehr Richter für Einwanderungsgerichte, Beschleunigung von Verfahren. Trump hat schon 2020 das Konzept „Massenabschiebungen“ ventiliert (10+ Millionen Menschen sind ohne Papiere in den USA). Project 2025 erkennt, dass es schwierig ist – aber will es dennoch forcieren. So regen die Autoren z.B. an, Expedited Removal (beschleunigte Abschiebung ohne Gerichtsverfahren) maximal auszuweiten. Bereits Trump dehnte Expedited Removal 2019 auf Personen aus, die bis zu 2 Jahre im Land sind (statt nur 2 Wochen). 2025 würde man es eventuell auf alle Undokumentierten anwenden (ein rechtlicher Grenzgang, aber das SCOTUS ist jetzt konservativer). Außerdem soll die Praxis der „administrative closure“ – Fälle auf unbestimmte Zeit auszusetzen – abgeschafft werden. Dadurch müssen viel mehr Leute wirklich vor Gericht erscheinen und können weniger lange im Schatten bleiben.
  • Härte gegen Asylsuchende: Hier war Trump besonders aktiv (Stichwort „Remain in Mexico“-Programm, Asylbann für Durchreisende etc.). Project 2025 würde Asyl weitgehend abschaffen, so scheint es. Eine Passage deutet an, man könne „bis die Krise eingedämmt ist, eine Aussetzung der aktuellen Einwanderungssituation“ verhängen. Das klingt nach Migrationsmoratorium. Z.B. könnte man mittels Notstand alle Asylverfahren pausieren und neue Einreisen blockieren. Trump berief sich 2020 auf COVID, um quasi de facto Asyl zu beenden (Title 42). Project 2025 wird sicher neue Gründe finden (Drogenkrise, humanitärer Notstand etc.).
  • Angriff auf das Geburtsortsprinzip: Trump hat mehrfach angekündigt, das im 14. Verfassungszusatz verankerte Recht auf US-Staatsbürgerschaft für alle hier Geborenen (Birthright Citizenship) per Order abschaffen zu wollen. Project 2025 erwähnte es im Buch nicht explizit (vermutlich weil es verfassungsrechtlich schwer ist), aber es ist bekannt, dass die Administration 2025 das ausloten möchte. Wenn Trump es versucht, würde es Klagen hageln, doch mit dem aktuellen Supreme Court könnte er eventuell Erfolg haben. Für das Dossier reicht: Diese Idee steht im Raum als radikalstmöglicher Schritt, um illegale Zuwanderung unattraktiver zu machen.
  • Local Law Enforcement einbinden: Project 2025 will verstärkt Bundesgesetze nutzen, um Städte/Bezirke unter Druck zu setzen, die kooperationsunwillig sind (die sog. Sanctuary Cities). So soll das DOJ Kommunalpolitiker verklagen können, wenn sie Bundesgesetze nicht durchsetzen. Etwa progressive Staatsanwälte, die geringe Mengen Drogenbesitz nicht anklagen oder die Abschiebung straffälliger Migranten nicht unterstützen, würden ins Visier geraten. Bereits erwähnt: Ein Bundesgesetz verbietet Marihuana, aber viele Staaten haben es legalisiert. Obama und sogar Trump duldeten das weitgehend – Project 2025 will aber „so viele bundesstaatliche Drogenaktivitäten wie möglich rigoros verfolgen“, „einschließlich bloßen Besitzes größerer Mengen“. Das heißt: Das FBI/DEA würde ggf. in Colorado oder Kalifornien Läden hochnehmen, die nach Landesrecht legal Cannabis verkaufen, oder Leute festnehmen, die damit handeln – selbst wenn der Staat es erlaubt. Übertragen auf Immigration: Bundespolizisten könnten in New York oder San Francisco auftauchen und Migranten aufgreifen, die die lokalen Behörden laufenlassen. Bereits unter Trump gab es Reibereien, als ICE Razzien in Sanctuaries durchführte. Project 2025 scheint zu sagen: Gebt vollen Kurs!. Diese harte Linie zeigt sich auch im Plan, die vorhin erwähnte „politische Säuberung“ (siehe Andere Rechte) durchzuführen: FBI/DOJ sollen sich auf angeblichen Wahlbetrug stürzen und vom Schutz der Minderheitenwahlrechte absehen. Das Ziel dahinter: strengere Wahlgesetze (die oft Latinos/Schwarze benachteiligen) rechtlich zu verteidigen und überall dem Verschwörungsnarrativ vom massenhaften Betrug Raum zu geben, statt real existierende Unterdrückung zu verfolgen. All dies passt ins Migrationsbild: Da viele Migranten (legal) irgendwann Wähler werden, will man auch die politische Partizipation von Minoritäten in Schach halten.
  • Suche nach „unechten“ Bürgern: Man darf annehmen, dass Project 2025 eine Task Force einrichten würde, um „fehlbare Naturalisierten“ habhaft zu werden. Im Buch steht: Das USCIS (Einwanderungs- und Bürgerschaftsdienst) würde nach eingebürgerten Menschen suchen, denen man die Staatsbürgerschaft aberkennen könnte. Konkret: Wenn jemand in seinem Antrag vor Jahren etwas beschönigt hat (etwa ein altes Vergehen nicht angab), könnte man ihm nun die Staatsbürgerschaft entziehen. Solche Fälle gab es vereinzelt schon. Eine fokussierte Kampagne „Denaturalization“ wäre jedoch neu und wohl beispiellos seit den McCarthy-Jahren. Sie würde eine Atmosphäre der Angst unter Einwanderern erzeugen – was wohl beabsichtigt ist.
  • Legale Einwanderung drosseln: Trump hatte schon versucht, die legale Zuwanderung (derzeit ~1 Mio. Green Cards jährlich) zu reduzieren. Miller entwarf 2020 ein Gesetz, das die Familiennachzugs-Kategorien drastisch begrenzt hätte zugunsten eines „merit-based“-Systems (Punktesystem nach kanadischem Vorbild). Das kam nie durch. Project 2025 schweigt weitgehend zur legalen Quote, aber man kann Folgendes erwarten:
    • Fortsetzung/Neuverhängung der Public-Charge-Regeln, die armen/geringqualifizierten Migranten die Green Card verwehren (Trump führte 2019 strengere Kriterien ein, Biden lockerte sie wieder).
    • Striktere Visumskontrollen für Besucher, um Overstays zu verhindern.
    • Abbau von Flüchtlingskontingenten: Trump senkte das jährliche Flüchtlingslimit auf historischen Tiefststand (<20.000). Biden hob es an (~125.000 geplant). Trump würde es wohl wieder massiv senken.
    • Abschaffung der Diversity Visa Lotterie (jährlich 50.000 Green Cards per Los, meist an Afrikaner/Asiaten). Republikaner wollten das lange – Miller & Co. sahen sie als unnötig.
    • Einschränkung Geburtsortsprinzip (Birthright Citizenship), wie erwähnt, falls möglich.
    • Hochschul- und Arbeitsvisa: Eventuell restriktivere Handhabung von H-1B (High-Skill) und F-1 (Studentenvisa), um Migration durch diese Schiene zu begrenzen. Allerdings sind das Visakategorien, die Business-Lobby und Universitäten schätzen – da könnte Projekt 2025 auf Widerstand stoßen.

Insgesamt würde Project 2025 die USA in Bezug auf Migration in eine Festung verwandeln. Das Land, das sich gern als „Nation of Immigrants“ rühmt, würde sich weiter von diesem Selbstbild verabschieden. Schon Trump 1 hat das begonnen – Trump 2 mit Project 2025 würde es vollenden. „Trumps Behauptung, Einwanderung sei ein ernsthaftes Problem für US-Arbeiter, wird im Text zwar nicht bestätigt“, wie das Buch anmerkt (ökon. Studien sehen das differenziert). Aber die Agenda folgt eben nicht ökonomischer Logik, sondern ideologischer: Einwanderung gilt als Bedrohung, die man mit nahezu militärischen Mitteln eindämmen will.

Die Konsequenzen wären enorm: Unternehmen würden unter Arbeitskräftemangel leiden (ironischerweise hinderlich für Trumps Versprechen der Wirtschaftsboom), Familien würden getrennt (durch rigide Abschiebungen und Mauer), die humanitäre Führungsrolle der USA (Flüchtlingsaufnahme etc.) würde gegen Null gehen. Das Projekt nimmt all das in Kauf für das Ziel „unumstrittene Souveränität über die Grenzen“.

Umwelt- und Energiepolitik

In der Umweltpolitik liest sich Project 2025 wie ein Wunschzettel der fossilen Energiewirtschaft. Klimawandel wird darin nicht als ernstes Problem anerkannt, sondern als Teil liberaler „Alarm-Agenden“ abgetan. „Zwei Hauptziele“ bestimmen die Agenda: Erstens sollen alle staatlichen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels aufgegeben werden; zweitens – eng verknüpft damit – soll die Politik maximale Nutzung fossiler Brennstoffe fördern.

Diese Haltung ist seit Jahren fester Bestandteil der Republikaner. Aber Project 2025 artikuliert sie offen und umfassend. Schon im Vorwort war zu lesen: Trump & Co. sehen Klimaschutz als „Bereicherung einer Klimawandel-Alarmindustrie“, die man konsequent zurückdrängen müsse.

Konkret heißt das:

  • Rücknahme aller Klimaschutz-Maßnahmen: Biden hatte das Klimathema zur Chefsache gemacht, mit dem Ziel Netto-Null-Emissionen bis 2050. Project 2025 würde dies radikal umkehren. Man würde den „Whole-of-Government“-Ansatz streichen, den Biden verordnete (jede Behörde muss Klima mitdenken). Unter Trump wurde schon der Pariser Klima-Vertrag verlassen; das würde natürlich beibehalten. Bundesvorschriften zur CO₂-Reduktion – etwa für Kraftwerke, Autos, Öl- und Gasbohrungen – würden gestrichen oder nicht durchgesetzt. Das Buch vermerkt: In Project 2025 findet man „praktisch keine Bedenken“ über Klimarisiken. Im Gegenteil, Mandy Gunasekara (Trumps Ex-EPA-Stabschefin und Autorin im Projekt) verspottet die „Klimawandel-Alarmindustrie“ und spielt Gefahren herunter. Project 2025 behauptet, das Thema Klimawandel ließe sich ohnehin schwer isolieren oder beeinflussen, daher solle man es lieber lassen. Nachdem die Autoren also die Klimagefahren kleingeredet haben, fordern sie einen Angriff auf alles, was damit zusammenhängt. Ganz konkret steht im Projekt, man solle eine ganze Reihe von mit Klimawandel befassten Einrichtungen streichen – z.B. das Office of Climate Change im Außenministerium, diverse interministerielle Arbeitsgruppen, oder die Einbeziehung von Klimarisiken in Sicherheitsstrategien (die Biden eingeführt hatte). Ein Autor Daren Bakst beklagt, unter Biden habe man „Klimawandel und Umweltfragen über die wichtigsten Anforderungen“ gestellt, z.B. indem man Landwirtschaftshilfen an Emissionsziele knüpfte. Das wolle man zurückdrehen. Selbst die Ernährungsrichtlinien (die alle paar Jahre aktualisiert werden und z.B. für Schulkantinen relevant sind) sollen abgeschafft werden, weil sie nach Ansicht der Autoren durch Bidens Team mit Klimathemen vermengt wurden (Thema nachhaltige Ernährung).
  • Schwächung der Umweltbehörden: Die „Verbindung“ zwischen Umweltschutz und Klimaschutz solle entkoppelt werden. Konkret: Die EPA (Umweltbehörde) sollte Klimawandel nicht mehr als wichtige Aufgabe betrachten. Project 2025 argumentiert, der Kampf gegen Klimawandel via EPA sei „schwer zu isolieren oder beeinflussen“ – sprich, man solle es lassen. Man plant offenbar, die EPA in die Schranken zu weisen: Gunasekara schreibt, „man sollte sowohl die Daten zum Klimawandel… als auch die politischen Maßnahmen zu dessen Bekämpfung dokumentieren“, wohl um sie dann zu entkräften. Außerdem soll die US-Entwicklungshilfe (USAID) keine Klimaprojekte mehr verfolgen. Schließlich fordert Project 2025, diverse Regulierungen in „nicht Klima“-Bereichen zu lockern, die unter Biden verschärft wurden. Man wirft Biden vor, er habe Umweltschutzvorgaben in Luft- und Wasserqualität über Gebühr verschärft aus Klimagründen. Dagegen solle man vorgehen, selbst wenn es zu „stärkerer Verschmutzung von Wasser und Luft“ führt. Hier wird klar: Nicht nur Klimaschutz, auch klassischer Umweltschutz (Clean Water Act, Clean Air Act etc.) steht wieder zur Disposition.
  • Fossile Energie pushen: Das eigentliche Ziel ist, Öl, Gas und Kohle auszubauen. Alle Hindernisse dafür sollen fallen. Schon während Trump 1 passierte das: Umweltprüfungen wurden beschleunigt, Gebiete für Bohrungen freigegeben, Emissionsstandards gelockert. Project 2025 nennt es das Erreichen „des eigentlichen Ziels in der Energiepolitik“, nämlich „die Ausbeutung fossiler Brennstoffe zu befürworten“. Praktisch würde das heißen:
    • Mehr Fracking: Trump hob schon Fracking-Verbote auf Bundesland auf. Biden hatte neue Öl-/Gas-Leases auf Bundesland zuerst gestoppt, dann unter Druck wieder teilweise erlaubt. Project 2025 würde sofort maximale Flächenausweisung betreiben (Alaska, Offshore, Nationalforste etc.).
    • Pipelines: Projekte wie Keystone XL (2017 von Trump genehmigt, 2021 von Biden gestoppt) würden möglich gemacht. Die Planer wollen es Unternehmen sehr leicht machen, neue Pipelines und LNG-Terminals zu bauen (etwa NEPA-Umweltprüfungen weiter entschärfen).
    • Kohlekraft: Die unter Obama erlassenen und unter Trump wieder verwässerten CO₂-Grenzwerte für Kraftwerke würden wohl ganz gekippt. Kohlekraftwerke dürften ungehindert weiterlaufen ohne Emissionsreduktions-Auflagen.
    • Autoabgase: Biden verschärfte Flottenverbrauchsstandards und pusht Elektroautos. Project 2025 würde das rückgängig machen. Möglich, dass man sogar Kalifornien die Erlaubnis entzieht, strengere Abgasnormen zu haben (Trump versuchte das).
    • Erneuerbare Energien: Alle Förderungen (Steuercredits für Solaranlagen, Windparks, E-Autos etc. aus Bidens IRA-Gesetz) würde man einzustampfen versuchen. Allerdings könnte das wegen vertraglicher Bindungen schwer sein, aber man kann zukünftige Fördergeld-Runden canceln.
    • Klimapolitik international: Die USA würden nicht nur aus Paris draußen bleiben, sondern auch andere Länder ermuntern, wieder mehr auf fossile Energie zu setzen. Trumps Leute lobten ja z.B. 2018, dass die USA „weltweit die Öl- und Gasproduktion anführen“. Möglicherweise würden sie auch Klimahilfen an Entwicklungsländer streichen.
    • Ggf. geoengineering: In manchen konservativen Kreisen wird stattdessen auf technische Eingriffe (CO₂-Speicherung, Solar Radiation Management) gesetzt statt Emissionsminderung. Ob Project 2025 so etwas erwähnt, ist nicht bekannt, aber teils fordern rechte Thinktanks, man solle lieber z.B. „Sonnenspiegel ins All“ schicken als CO₂ einsparen.

Warum all das? Dahinter steckt neben der Industrie-Lobby auch ein ideologisches Motiv: Viele dieser Autoren sehen in Klimapolitik einen Vorwand, staatliche Kontrolle und „Sozialismus“ einzuführen. Sie leugnen nicht unbedingt komplett den Klimawandel – Project 2025 nennt ihn nicht offen „Schwindel“, wie es früher manche taten. Aber sie erklären ihn zum irrelevanten Thema: „Wer Project 2025 liest, findet praktisch keine Bedenken hinsichtlich der Bedrohung durch Klimawandel“, schreibt das Buch. Gunasekara tut PFAS (chemische Schadstoffe) und Klimawandel mit einem Achselzucken ab – frei nach dem Motto: „gibt es zwar, aber egal“.

Stattdessen redet man vom „Konsens“, der ignoriert werde, und geißelt Biden dafür, Klimathemen „über die wichtigsten Anforderungen der [Energie-]Versorgung“ gestellt zu haben.

Fazit in Umwelt/Energie: Project 2025 würde einen radikalen Rollback vollziehen:

  • Klimaschutzpolitik würde vollständig eingestellt, klimapolitische Strukturen aufgelöst.
  • Umweltstandards würden gelockert, wenn sie Industrien belasten.
  • Fossile Produktion bekäme absolute Priorität, losgelöst von Emissionssorgen.

Das Buch bemerkt treffend: „Wer den Konsens hinsichtlich Klimawandel ignoriert, hat zwangsläufig ein problematisches Verhältnis zur Realität“. Und genau dieses Verhältnis zeigt Project 2025. Doch es wird konsequent durchgezogen, weil es als ideologischer Kampf gegen „grüne Bevormundung“ gesehen wird. Es passt ins Gesamtbild: „Nation Building at home“ heißt für Trump „Drill, Baby, Drill“ – und notfalls mit „God’s will“ argumentieren, dass man die Schöpfung nutzen darf, wie man will.

Außenpolitik und Verteidigung

In der Außen- und Sicherheitspolitik möchte Project 2025 die „America First“-Doktrin voll etablieren. Trump hat bereits 2017–2020 viel verändert: Er stellte Bündnisse, Freihandel und multilaterale Institutionen infrage und pflegte dafür teils ungewöhnlich enge Beziehungen zu Autokraten (Putin, Kim Jong-un). Project 2025 systematisiert dieses Vorgehen und fügt eine personalpolitische „Säuberung“ hinzu, um auch hier jede interne Bremse zu lösen.

Die Leitfrage laut Trump lautet bei Allem: „What’s in it for us?“„Was springt für uns dabei heraus?“. NATO-Garantien, Handelsabkommen, Sicherheitspartnerschaften – alles wird unter reinen Nutzen-Kosten-Aspekten betrachtet. Langfristige Werte oder Bündnistreue zählen wenig. Das Buch schreibt, Staaten, die früher verlässliche Partner waren – „berechenbar, multilateral, normativ gebunden“ – gelten nun als „kulturell und politisch weit entfernt“ von Trumps Weltbild. Project 2025 übernimmt dieses Denken.

“Die politische Säuberung”: So heißt ein Kapitel über die Entlassung missliebiger Offiziere und Diplomaten. Trump fühlte sich in seiner ersten Amtszeit oft vom eigenen Sicherheitsapparat gebremst („adults in the room“ wie Gen. Mattis, McMaster etc.). Für Amtszeit 2 hat er dafür gesorgt, nur noch Gefolgsleute an der Spitze zu haben – z.B. verteidigungsminister Chris Miller Ende 2020 war ein Vorgeschmack. Project 2025 sieht vor, das Pentagon, State Department und Geheimdienste personell von „Deep-State“-Elementen zu säubern. Schon im Sommer 2024 veröffentlichte ein Trump-nahes Team Listen, wer gefeuert werden soll – darunter hochrangige Generäle, Beamte und Analysten, denen man Untreue unterstellt (etwa weil sie 2020 die Wahl als frei und fair bestätigten).

Konkret würde z.B. im Militär Trumps nächster Verteidigungsminister unverzüglich alle noch amtierenden Generäle in der Führung austauschen, falls diese ihm nicht absolute Loyalität schwören (einige wären ohnedies demissioniert). Trumps Umfeld hat laut Berichten einen Plan, Tausende Schedule F-Positionen auch im nationalen Sicherheitssektor zu schaffen, um Karrieremitarbeiter dort ersetzen zu können. Der Sinn dahinter: In State, CIA, NSA etc. nur noch Leute, die 100% auf Linie sind (also z.B. kein Widerspruch, falls Trump NATO infrage stellt oder Russlands Aggression verharmlost). Der Politikwissenschaftler Peter Feaver nennt das „Missionar nach dem Marschbefehl“ – man will Linientreue über Expertise stellen.

Konfrontation mit China: Hier gibt es erstaunliche Einigkeit im US-Politikspektrum. Project 2025 wird den Kurs fortsetzen, China als Hauptfeind zu betrachten. Allerdings mit Trumpschem Dreh: Er sieht wirtschaftlichen Protektionismus und militärisches Muskelspiel als Mittel, aber verachtet klassische Diplomatie und Allianzen. Also:

  • Wirtschaftlich: Entkopplung (decoupling) von China, hohe Strafzölle (wie schon diskutiert), Druck auf Firmen, aus China abzuziehen, Verbot technischer Kooperationen etc.
  • Militärisch: Stärkeaufbau im Indopazifik. Trump war hier paradox: Er wetterte gegen teure Auslandseinsätze, aber investierte in die Marine gegen China. Project 2025 würde vielleicht punktuell sogar Rüstung erhöhen (z.B. mehr Schiffe, Raketen), sofern Budgetkürzungen an anderer Stelle erfolgen.
  • Geopolitisch: Man würde versuchen, Europa in Rivalität mit China einzubinden, aber wohl anti-China-Koalitionen auf ad-hoc-Basis, nicht über Multilateralismus. Den Taiwan-Schutz würde man rhetorisch stark betonen, doch ob Trump im Ernstfall Krieg riskieren würde, bleibt fraglich. Allerdings, Trumps (und vor allem Beratern wie Navarro) Einstellungen sind sehr China-falkenhaft. Projekt-Leute wie Michael Pillsbury oder Kiron Skinner sehen den „langfristigen zivilisatorischen Kampf mit China“.
  • Anderswo: Russland: Hier war Trump seltsam nachgiebig. Project 2025 hat Schriften, die argumentieren, Trumps NATO-Schelte habe die Europäer „stärker gemacht“ und „NATO gerettet“, weil sie jetzt mehr zahlen. Das zeigt: Man spinnt es positiv. Skinner (Trumps ex-State-Planungschefin) meinte mal, Trump habe NATO neu belebt. Im Projekt wird betont, man wolle, dass „Europa seine Sache selber in die Hand nimmt“ – was im Grunde heißt: USA könnten sich raushalten. Ukraine-Krieg: Trump drohte, „er würde innerhalb 24 Stunden einen Deal aushandeln“. Das hieße wohl: Ukraine zu Verhandlungen zwingen, auch wenn es Gebietsverluste hinnehmen muss. Project 2025 würde die bisherige massive Unterstützung wohl stark zurückfahren und es den Europäern überlassen. Man hofft vielleicht, die Drohung, aus NATO auszutreten, wirke so belebend, dass Europe mehr tut (Skinner sagte so etwas).
  • Verbündete erpressen: Japan, Südkorea, Deutschland etc. müssten wohl wie 2017 neu aushandeln, was sie für US-Schutz zahlen. Trump drohte ja 2018, alle US-Truppen aus Korea abzuziehen, falls Seoul nicht zahlt. Project 2025 unterstützt diese transaktionale Linie voll.
  • Freundschaft mit Autokraten: Man mag es kaum „Politik“ nennen, aber es war auffällig: Trump mochte Diktatoren (solange sie nett zu ihm waren). Mit Nordkorea machte er Kuscheldiplomatie (die aber nuklear nichts löste). Mit Putin war er auffallend nachgiebig. Project 2025 wird das nicht direkt so formulieren, aber die Personalauswahl (z.B. extrem Russland-freundliche Fiona Hill war ja nicht eingeladen, es waren Leute wie John Bolton – oh wait, Bolton wurde dann entlassen, stimmte). Es ist denkbar, dass in einem zweiten Term Trump versucht, so etwas wie „Yalta 2.0“ zu machen:
    • Putin bekommt freiere Hand in seiner Einflusssphäre (z.B. Ukraine in Russlands Einfluss, USA ziehen sich raus) im Gegenzug zu gegen China-Kooperation evtl.
    • Kim Jong-un: Abkommen, das gut klingt (peace treaty?), aber seine Atomwaffen de facto akzeptiert, um Spannungen zu senken.
    • Iran: Hier war Trump sehr feindselig, stieg aus dem Atomdeal aus. Ein zweiter Term könnte – wer weiß – entweder Eskalation (evtl. Militärschlag) bedeuten oder Trump-Kim-artige Show-Verhandlungen mit Irans Führung. Letzteres ist weniger wahrscheinlich; eher würde Project 2025 Israel freie Hand geben, gegen Iran vorzugehen, und USA ziehen sich direkt raus.
    • „Anti-Globalismus“: Generell würde man UNO, WTO, WHO etc. weiter schwächen. UN-Klimafonds? Raus. WHO? (Trump kündigte 2020 den Austritt an, Biden blieb drin, aber Project 2025 würde es erneut kappen). WTO? Man blockiert eh seit 2019 dessen Schiedsgericht. Das wird fortgesetzt, vmtl. Austritt drohen, falls WTO Urteile gegen US-Zölle fällt.

Trumps Außenpolitik war oft impulsiv und personenbezogen. Project 2025 versucht, ihr Doktrin zu geben: Bündnisse runter, Interessen rauf. Der Konsens aus dem Buch: Trumps „What’s in it for us?“-Ansatz hat sich aus Sicht der Autoren bewährt. So schreibt ein Autor sinngemäß: „Trumps Angriffe auf NATO haben der Einheit der NATO letztlich Auftrieb gegeben.“ – ein durchaus gewagter Spin, aber es soll sagen: Selbst wenn Trump ruppig ist, ist das gut, weil andere dann mehr leisten.

Pentagon & Streitkräfte: Project 2025 will auch im Militär einen Kulturkampf führen. So wie bei Behörden DEI und „Wokeness“ raus sollen, gilt das beim Militär: Es war 2021 Fox-News-Aufregerthema, dass das Pentagon Diversity-Schulungen machte. Ein neuer Trump würde alle Gleichstellungsprogramme im Militär abschaffen, das hat er bereits angekündigt. Transgender im Militär wären wieder verboten (das hatte Trump schon 2017 per Tweet befohlen). Frauen in Kampfeinheiten? Dazu hat Trump nichts gesagt; er hat aber z.B. Frauenverbände für Militär leiten lassen (Air Force Sec. Barbara Barrett etc.). Ich vermute, man wird da keine Rückschritte wie Wiedereinführung eines Frauen-Verbots für bestimmte Jobs riskieren, weil es zu unpopulär ist. Eher Soft-Maßnahmen: z.B. Entgendern der Dienstgrade (Biden machte z.B. aus „Midshipman“ an Naval Academy „Midshipperson“ – so was würde Trump zurückändern).
Militär-Justiz: Möglicherweise würde ein neuer Trump Skandale wie Gallagher-Fall (Navy SEAL, dem Kriegsverbrechen vorgeworfen wurden und Trump ihn begnadigte) systematischer lösen: evtl. „wir schützen unsere Kämpfer vor woke Anklagen“ – d.h. die Militärjustiz entmachten, falls Soldaten Ausländer erschossen haben etc.
Auslandseinsätze: Trump war 2019/20 drauf und dran, Afghanistan endloser Krieg zu beenden (hatte Deal mit Taliban für Abzug bis Mai 21). Project 2025 würde die „endlosen Kriege“ weiter meiden. Afghanistan ist erledigt, Irak hat nur noch kleine Truppen. Syrien-Kontingent (ca. 900 Soldaten) würde er wohl abziehen (das wollte er 2018, stoppte es aber nach Druck; 2025 hätte er keinen Druck mehr). Afrika-Einsätze (gegen Islamisten) würde er wohl auch reduzieren (Truppen in Sahel etc. hat Biden schon umstationiert, aber es gibt Training und Drohnenbasen – Trump würde die Partner quasi alleine lassen).

„Rest der Welt“: So nennt Project 2025 summarisch Länder jenseits der Top-Themen. Hier gilt: Hat es „for us“ Wert?

  • Lateinamerika: Trump hat z.B. mit Mexiko recht hart Migrationsdeals geschlossen (Remain in Mexico etc.), war aber protektionistisch (drohte Autotzölle). Project 2025 würde
    • Mittelamerikanische Regierungen unter Druck setzen, Migranten aufhalten (Trump stoppte 2018 Hilfen an Honduras etc., Project 2025 würde so was forcieren).
    • Kuba/Venezuela: Trumps Kubapolitik war streng (Rolle zurück nach Obama), Biden hat minimal gelockert – Project 2025 streng auf Linie (Sanktionen, Isolation). Bei Venezuela unterstützte Trump Opposition (Guaidó), aber nominell. Im Stillen war ihm wohl egal; Project 2025 würde vielleicht Florida-Kubano-Votern zuliebe starke Anti-Maduro-Rhetorik fahren, evtl. Militärdrohungen (die Trump 2017 mal aussprach). Aber Engagement eher gering, es sei denn, man sieht darin anti-Sozialismus-Propaganda-Chance.
  • Afrika: quasi irrelevant in Trumps Welt. Er sprach nur negativ (Shithole countries…). Project 2025 würde Afrika-Engagement (Entwicklungshilfe, Friedensmissionen) weiter zurückfahren. Evtl. nur dahingehend, Afrika als Kampfgebiet gegen China/Russland-Einfluss zu betrachten: d.h. z.B. Nutzung Export-Import Bank & US-Investitionen, um Chinas Belt&Road zu kontern (tatsächlich im Projekt: streitende Ansichten über ExIm Bank zeigten Unschlüssigkeit: Navarro pro, da gut gegen China, andere contra als „sozialisitische Praxis“).
  • Nahost: Israel-Fokus groß, alles andere Nebensache.
    • Palästina: Trump hatte Deal of Century (pro Israel). Project 2025 würde Druck auf Palästinenser hochhalten (etwa diplomatische PLO-Vertretung in DC bleibt geschlossen, Hilfsgelder gestrichen etc.).
    • Arabische Welt: Fortsetzung der Abraham-Abkommen-Politik (mehr arab. Staaten zu Peace mit Israel bringen).
    • Iran: Hart bleiben. (Trump killte Soleimani, war aber auch zögerlich bei Vergeltung; Project 2025 mit Leuten wie John Ratcliffe (ex-DNI, hardcore Iran-hasser) könnte Option „militär strike on nuclear facilities“ in Erwägung ziehen; aber Trump mochte keine großen Kriege – er könnte stattdessen Deal aushandeln versuchen, aber er hasst den Obama-Deal, neu verhandeln? Glaube nein. Eher Notlösung: Israel tun lassen, was es will.)
  • Sonst:
    • Indien: Trump mochte Modi, warbuddy. Project 2025 wird Indien als Partner gegen China betonen (Quad etc.), aber auch Indiens protektionistische Moves tolerieren.
    • EU: Streit in Handel (Autozölle), plus Druck in NATO.
    • UK: Flirt (Freihandelsdeal?), aber Johnson ist weg, mal sehen.

Summa summarum: Trumps Außenpolitik wird unter Project 2025 noch konsequenter transaktional und personalistisch. Das Buch meint, in Trumps 2. Amtszeit „wurden die USA kulturell und politisch weit entfernt von Trumps Weltsicht“. Project 2025 spiegelt diese Welt: es ist misstrauisch gegen internationale Zusammenarbeit, entzaubert Bündnispflichten, sieht die Welt in Nullsummenkategorien. Doch es will den Schein wahren, als sei das Stärke: Skinner argumentiert, „Trumps Angriff auf NATO hat NATO am Ende genützt“.

Es ist denkbar, dass in Trump 2 die internationale Ordnung, wie wir sie kennen, schweren Schaden nimmt. Schon 2018 war man dicht davor: Hätte er 4 Jahre weitergemacht, wer weiß ob NATO intakt? 2025–29 droht:

  • NATO marginalisiert / US droht Austritt (oder zieht stiften, falls Reiberei),
  • UNO weiter geschwächt (USA Nichtzahler, Veto vs. UN-Klimaprogrammen etc.),
  • autoritäre Achsen (z.B. RU-CN-IR) erstarken wegen US-Desengagement,
  • demokratische Allianzen in Asien wackeln (Südkorea verunsichert, Japan unsicher über US commitment, -> vlt. eigene Atomwaffen etc.),
  • Eskalation, falls eg. China Taiwan attackiert und US dann eigenwillige Ad-hoc-Entscheidung trifft (Trump unpredictability, vlt. deal: „China stop here, you can have TW, wir ziehen uns“, who knows, aber scary).

Am Ende hängt viel an Trumps Persona. Project 2025 gibt Format, aber er improvisiert. Das Buch nennt ihn „keinen klassischen Autokraten, sondern einen improvisierenden Vollstrecker“. Dennoch umgibt er sich 2025 mit „loyalen Juristen, Strategen, Exekutoren“, die wissen „wie man ein demokratisches System aushöhlt, ohne es formell abzuschaffen“. Und das ist vielleicht die beste Zusammenfassung von Project 2025: Ein Plan, die demokratischen Checks so weit zu umgehen, dass ein Quasi-Einmann-Regime agieren kann – nach eigenen Regeln im Innern und rücksichtslos nach außen.

Fazit

Project 2025 ist ein detailliertes Programm für einen autoritären Umbau der USA – entworfen von einem radikalen Netzwerk rund um die Heritage Foundation und in der zweiten Trump-Präsidentschaft bereits in Umsetzung. Es vereint personelle Machtergreifung mit ideologischer Agenda:

  • Machtkonzentration: Durch gezielte Politisierung der Verwaltung (via Schedule F, loyalistische Kader, Zerschlagung des neutralen Beamtentums) und Instrumentalisierung der Justiz soll Trump faktisch unbeschränkte Handlungsfreiheit erlangen. Die Exekutive wird mit Gefolgsleuten geflutet, der Kongress via Budgettricks entmachtet, unabhängige Institutionen werden zu Werkzeugen umfunktioniert. „Project 2025 greift die Demokratie an“, so Klaus Brinkbäumer, „weil die Autoren in liberalen Demokraten und Fremden Feinde sehen“. Konsequenterweise setzen sie auf einen „bedingungslosen Machterhalt“„Jetzt gibt es Wichtigeres als die Demokratie“, spöttelt das Vorwort.
  • Ideologische Radikalität: Inhaltlich verfolgt Project 2025 eine rechts-konservative Revolution. Es will Jahrzehnte an gesellschaftlichem Fortschritt – Frauenrechte, LGBTQ-Anerkennung, Minderheitenschutz – revertieren. „Es richtet sich gegen so ziemlich alles, was die amerikanische Demokratie stabilisiert hat: Gewaltenteilung, professionellen Verwaltungsapparat, internationalen Pluralismus und demokratische Normen“. Stattdessen propagiert es religiös-nationalistische Werte: Die traditionelle (weiße, christliche, heterosexuelle) Kleinfamilie als oberste Instanz, „Machismo und sittsame Weiblichkeit“ als Ideal, „ererbte Ungleichheiten“ als gottgegeben. „Project 2025 ist kein Reformprojekt, sondern ein staatsfeindliches Manifest in staatsrechtlichem Gewand“, urteilt das Vorwort.
  • Umbaupläne in allen Bereichen: Der Bundesstaat würde drastisch umgebaut: Bildungsgelder fließen in private Kanäle, Sozialleistungen werden gekürzt und an Moralbedingungen geknüpft, Umweltschutz und Klimapolitik praktisch eingestellt, die Energiepolitik setzt auf rücksichtslose Ausbeutung fossiler Ressourcen. In der Wirtschaft werden Steuern für Reiche gesenkt und Gewerkschaften geschwächt – während gleichzeitig protektionistische Maßnahmen (Zölle, Buy American) die Illusion erzeugen sollen, man schütze die „kleinen Leute“. Die Außenpolitik verabschiedet sich vom Prinzip westlicher Führungsrolle: „America First“ bedeutet Rückzug aus Bündnissen, Deals mit Autokraten und die Abkehr von globalen Werten zugunsten nackter Interessenpolitik.
  • Umsetzung durch Trump II: Donald Trump hat sich diese Agenda offenbar voll zu eigen gemacht. Während er 2016 noch keine ausgearbeitete Programmatik hatte, ist Project 2025 nun sein Masterplan. Drei Viertel der Autor:innen stammen aus seiner ersten Regierung; viele bekleiden 2025 nun wieder Schlüsselpositionen. Bereits in den ersten Amtstagen stimmten über 37 von 47 seiner Erlasse direkt oder teilweise mit Empfehlungen von Project 2025 überein. Die wenigen Stellen, an denen Heritage & Co. uneins waren (etwa im Umgang mit Big Tech oder im Wirtschaftskurs), bleiben offene Flanken, die interne Konflikte bergen. Doch in den Kernfragen – Machtfülle und ideologische Grundrichtung – herrscht Einigkeit.

Brinkbäumer nennt Trumps neue Herrschaft eine „autoritäre Praxis mit demokratischer Fassade“. Project 2025 liefert das Drehbuch dazu. Es nutzt kein offenkundiges Abrücken von der Verfassung – stattdessen „setzt es in den Grauzonen präsidialer Macht an“. Dekrete statt Gesetze, Personalwechsel statt Verfassungsänderung. Es ist, als würde man einen stillen Staatsstreich von innen durchführen. „Stück für Stück, Erlass für Erlass“ verschiebt sich die Machtachse.

Ob Project 2025 am Ende vollständig umgesetzt wird, hängt von vielen Faktoren ab: Gerichte könnten einzelne Schritte stoppen, der Kongress (z.B. wenn zumindest eine Kammer in anderer Hand) manches bremsen. Aber schon jetzt sieht man, dass die zweite Trump-Regierung viel koordinierter und entschlossener vorgeht als die erste.

Für die amerikanische Demokratie bedeutet das eine ernste Bewährungsprobe. Eine repräsentative Umfrage kurz vor der Wahl 2024 ergab, dass nur 14% der Wähler Project 2025 unterstützten, während 47% es ablehnten. Die meisten Amerikaner wollen also diesen radikalen Masterplan nicht. Doch Trump gewann knapp die Wahl und interpretiert das als Mandat.

Project 2025 ist somit auch ein Alarmzeichen: Es zeigt, wie eine entschlossene Minderheit mittels Strategiepapier und Machtwillen die Institutionen eines Landes umbauen kann, selbst ohne breite Zustimmung. Und es beweist, dass Begriffe wie „Freiheit“ und „Rechtsstaat“ im politischen Diskurs aushöhlbar sind – je nach Definition. „Wir befinden uns mitten in der zweiten amerikanischen Revolution“, sagte Heritage-Chef Roberts 2024, „die unblutig bleiben wird, wenn die Linke es zulässt“. Darin schwingt unverhohlene Drohung mit.

Man kann festhalten: Project 2025 ist der Versuch, die „Make America Great Again“-Bewegung, Trumps Clan und gewisse ultrarechte Tech-Milliardäre (Elon Musk, Peter Thiel werden im Vorwort genannt) dauerhaft an die Macht zu sichern. Nicht durch Putsch – aber durch einen Umbau der Regeln und Normen, bis die liberalen Gegner de facto ausgeschaltet sind.

Damit steht auf dem Spiel, was Amerika über Jahrzehnte ausmachte: ein funktionsfähiges System von Checks and Balances, das am Ende extreme Ausschläge korrigieren konnte. Sollte Project 2025 in Gänze Erfolg haben, wäre diese Selbstkorrekturfähigkeit aufgehoben. Es wäre eine Demokratie nur noch dem Namen nach – mit einer Exekutive, die „niemals von der Mehrheit der Wähler beauftragt wurde“ (Trump verlor die Popular Vote 2016 und 2020), die aber alle Macht an sich gezogen hat.

Das Dossier Nexus (Harari) stellte heraus, wie Informationsnetzwerke Gesellschaften formen. Hier sehen wir ein Macht-Netzwerk – formiert aus Thinktanks, Lobbygruppen und Ex-Beamten – das eine gesamte Nation umformen will. Es bleibt zu hoffen, dass Amerikas demokratische Kräfte stark genug sind, diesen „Masterplan“ zu durchkreuzen. Denn Project 2025 mag auf dem Papier legal erscheinen, doch seinem Geist nach ist es ein Abgesang auf die liberale Demokratie in den Vereinigten Staaten.

Quellen: David A. Graham: Der Masterplan der Trump-Regierung: Project 2025 (S. Fischer Verlag, 2025) (sowie weitere Seitenangaben im Text).