Alles klar. Ich recherchiere, welche Netzwerke, Organisationen, Verlage oder politischen Interessen hinter publizistischen Kampagnen wie in Akte Atomausstieg von Daniel Gräber oder Der NGO-Komplex stehen könnten, insbesondere mit Fokus auf Kritik am Atomausstieg, systematische Angriffe auf die Grünen, und ideologische Kulturkampfrhetorik.
Ich werde untersuchen, ob es Verbindungen zu parteinahen Thinktanks, Lobbyorganisationen, wirtschaftlichen Interessen (z. B. Energiekonzerne) oder medialen Netzwerken gibt.
Außerdem schaue ich, welche wirksamen Wege es geben könnte, Politiker oder eine breitere Öffentlichkeit faktenbasiert über solche Kampagnen aufzuklären. Ich melde mich, sobald die Ergebnisse vorliegen.
Hintergründe zu „Akte Atomausstieg“ und „Der NGO-Komplex“ – Wer steckt dahinter?
„Akte Atomausstieg“: Kampagne gegen Atomausstieg und Grüne
Der Journalist Daniel Gräber (Ressortleiter beim Magazin Cicero) veröffentlichte 2023/24 die Artikelserie „Habecks Geheimakten“, worauf sein Buch „Akte Atomausstieg“ basiert. Darin behauptet er, grüne Strippenzieher im Wirtschafts- und Umweltministerium hätten 2022 die Debatte um eine AKW-Laufzeitverlängerung manipuliert, um ideologiegetrieben den Atomausstieg durchzudrücken. Die Grünen – für die der Atomausstieg ein historisches Kernanliegen ist – hätten demnach ein eingespieltes Netzwerk (unter Staatssekretär Patrick Graichen) genutzt, um scheinbar sachliche Gründe gegen die Laufzeitverlängerung zu inszenieren. Gräber stilisiert diese Vorgänge als „Skandal erster Güte“, der das Vertrauen der Bürger erschüttern müsse.
Kritiker werfen Gräber jedoch unsachliche Dramatisierung vor. Das Faktencheck-Portal Volksverpetzer etwa befand, die freigeklagten Ministeriums-Dokumente gäben „nichts“ her – „der Rest ist typisch rechte Panikmache bis hin zu Lügen, um den Fall aufzubauschen“. Auch etablierte Politiker widersprachen Gräbers Darstellung: Ex-CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz kommentierte, Cicero „fummelt und biegt [die Dokumente] sich zurecht“, und Grünen-Urgestein Jürgen Trittin sprach gar von „Fälschung“-Vorwürfen gegen Cicero. Auffällig ist, dass Cicero auf solche Kritik empfindlich reagierte – Blogger, die Gräbers Artikel analysierten, erhielten juristische Abmahnungen mit Löschforderungen. Dies werteten Medien wie Volksverpetzer als Einschüchterungsversuch, um Widerspruch gegen die „rechte Schmutzkampagne“ zu dämpfen.
Hinter Cicero selbst gab es in den letzten Jahren einen Rechtsruck. 2021 stieg der ehemalige CDU-Lobbyist Dirk Notheis (bekannt durch den EnBW-Deal in Baden-Württemberg) mit 50% beim Cicero-Verlag ein. Mit-Verleger Alexander Marguier wollte das Magazin offenbar bewusst rechtskonservativer ausrichten. Notheis, der offiziell keinen redaktionellen Einfluss nehmen wollte, publizierte dennoch selbst Gastbeiträge, in denen er etwa der Ampel (speziell den Grünen) missionarisches Moralisieren und wirtschaftliche Schwächung vorwarf. Diese personellen Hintergründe deuten darauf hin, dass CDU-nahe Netzwerke Einfluss auf Ciceros Linie haben. Tatsächlich wird Cicero heute häufig genutzt, um Grüne Politik scharf anzugreifen – insbesondere in der Energiefrage. So prophezeite Gräber in Cicero und bei Bild-TV mehrfach das Scheitern der Energiewende und malte drohende Stromausfälle an die Wand – Szenarien, die so nicht eintrafen (nach dem Atomausstieg 2023 sanken vielmehr Strompreise und Kohleverbrauch deutlich).
Politisch fand Gräbers Feldzug gegen den Atomausstieg rasch Anklang bei der konservativen Opposition. Mit den Stimmen von CDU/CSU und der AfD setzte der Bundestag im Juli 2024 tatsächlich einen Untersuchungsausschuss „Atomausstieg“ ein. Vorsitzender ist ein CDU-Abgeordneter; Ziel ist offenbar, vermeintliche Fehlentscheidungen der grünen Minister aufzudecken. Auch der Wirtschaftsrat der CDU – ein wirtschaftsnaher Lobbyverband – griff Gräbers Buch auf und lud ihn zu einer Veranstaltung ein. Dort wurde unkritisch Gräbers Sicht propagiert, etwa mit der steilen Behauptung, ohne den Ausstiegsbeschluss von 2000 wäre Deutschland „seit 2012 klimaneutral“. Diese aktive Promotion durch CDU-nahe Kreise zeigt, wer hinter der Kampagne steht: Ein Bündnis aus konservativen Medienmachern und politisch-wirtschaftlichen Interessen, die den Grünen einen ideologischen “Blindflug” in der Energiepolitik vorwerfen.
„Der NGO-Komplex“: Angriff auf Zivilgesellschaft im rechten Narrativ
Das Buch „Der NGO-Komplex – Wie die Politik unser Steuergeld verprasst“ von Björn Harms reiht sich nahtlos in diese Kampagnen ein. Es erschien 2025 im rechtskonservativen Langenmüller-Verlag und avancierte zum SPIEGEL-Bestseller. Der Inhalt entpuppt sich laut Experten allerdings weniger als Sachbuch denn als polemische Kampfschrift: „Ein rechtspopulistischer Framing-Aufsatz mit Bestsellerstatus“, urteilt Timo Reinfrank von der Amadeu Antonio Stiftung. Anstatt seriöse Enthüllungen zu liefern, arbeitet Harms mit Meinung, Polemik und Generalverdacht – etwa indem er ein „engmaschiges Netz linker Lobbygruppen“ an die Wand malt, das angeblich Steuergelder abgreift und die Politik steuert. Konkrete Belege oder neue Fakten fehlen; stattdessen konstruiert das Buch ein Bild eines “linken, aktivistischen und grenzenlosen Staates”, der von NGOs ausgenutzt werde. Begriffe wie „militante Linke“, „Denunziationsnetzwerke“, „Klimanetzwerke“ oder „Asylindustrie“ tauchen auf – eine Sprache, die stark an rechtspopulistische (AfD-)Rhetorik erinnert.
Autor und Umfeld: Björn Harms’ Hintergrund ist bezeichnend: Seit August 2023 ist er Redakteur beim Online-Portal NIUS des ehemaligen BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt. Dieses Portal fährt seit seiner Gründung aggressive Diffamierungskampagnen gegen demokratische Institutionen und NGOs. Harms’ Buch „Der NGO-Komplex“ popularisiert somit ein zentrales Narrativ jener Kreise: Es soll Misstrauen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen gesät werden, besonders gegen solche, die sich für Demokratie, Menschenrechte, Umweltschutz oder Antirassismus einsetzen. Dabei unterschlägt das Buch geflissentlich, dass diese NGOs meist genau dort einspringen, wo der Staat versagt – sei es in Bildungsarbeit, Extremismusprävention oder sozialer Integration. Reinfrank kritisiert, Harms dämonisiere diese legitime Zivilgesellschaft als Teil eines diffusen Machtapparats, obwohl gerade sie “das Rückgrat der Demokratie” stärke. Kurzum, „Der NGO-Komplex“ bietet diejenigen simple Bestätigung, die pauschal gegen „die NGOs“ wettern wollen, und reiht sich damit in eine autoritäre Erzählung ein, die progressive Kräfte als Feindbild aufbaut.
Interessant ist, dass dieses Narrativ bereits politische Folgen zeitigt: Ende Mai 2025 gründete sich eine sogenannte „Initiative Transparente Demokratie“, die Harms’ Thesen aufgreift. Unter dem Vorwand von Transparenz will sie NGO-Finanzströme durchleuchten – jedoch auffallend einseitig nur bei unliebsamen (linksliberalen) Organisationen, während rechtskonservative Thinktanks oder kremlnahe Stiftungen ausgespart bleiben. Das zeigt, wie gezielt hier die Legitimität bestimmter zivilgesellschaftlicher Akteure untergraben werden soll – ganz im Geist des NGO-Bashings, das Harms in seinem Buch propagiert.
Netzwerke und Interessen hinter den Kampagnen
Sowohl „Akte Atomausstieg“ als auch „Der NGO-Komplex“ sind keine isolierten Werke, sondern stehen im Kontext eines Netzwerks rechter Medien und Interessen:
- Rechtskonservative Magazine und Verlage: Cicero dient als Plattform für die Anti-Atomausstieg-Story. Dessen Miteigentümer Dirk Notheis – ehemals CDU-Banker – und Chefredakteur Marguier haben das Blatt weiter nach rechts gerückt. Dadurch wird Cicero von konservativen Kreisen gezielt als Meinungsmacher genutzt. Ähnlich bietet der Langenmüller-Verlag bestimmten rechten Autoren Forum; Der NGO-Komplex schaffte es sogar auf die SPIEGEL-Bestsellerliste, was Fragen nach der gezielten Vermarktung solcher Thesen aufwirft. Julian Reichelts NIUS-Portal wiederum fungiert als Drehscheibe für Kampagnen-Journalismus von rechts – hier ist Björn Harms eingebettet.
- Politische Akteure: Die AfD propagiert inhaltlich genau diese Linien – pro Kernkraft, Anti-“links-grüne” Zivilgesellschaft – und arbeitet faktisch mit an ihrer Verbreitung. So kooperierte die AfD mit der Union bei der Einsetzung des Atom-Untersuchungsausschusses. Auch nutzt die AfD gern externe „Experten“ aus diesem Netzwerk: Nuklearia-Vorsitzender Rainer Klute trat etwa als geladener Sachverständiger der AfD im Bundestag auf. Insgesamt setzen sich AfD wie rechtskonservative CDU-Kreise gemeinsam an die Spitze der Pro-Atomkraft-Bewegung. Die CDU/CSU-Wirtschaftsvertreter (Wirtschaftsrat) wiederum sehen im Feldzug gegen den Atomausstieg eine willkommene Gelegenheit, die Energiewende-Politik der Ampel zu delegitimieren und eine Renaissance der Kernkraft zu fordern.
- Lobbygruppen und Think-Tanks: Hinter der pro-Atomkampagne steht u.a. der Verein Nuklearia, der trotz fehlender wissenschaftlicher Reputation von konservativen Medien gerne als Kronzeuge zitiert wird. Nuklearia pflegt Verbindungen sowohl zur FDP/Union als auch – trotz Dementis – zur AfD und europäischen Atom-Lobby-Netzwerken. Auf der anderen Seite stammen die Attacken auf NGOs in Harms’ Buch aus dem Dunstkreis marktliberaler bis nationalkonservativer Think-Tanks. Die oben genannte Initiative für „Transparente Demokratie“ fokussiert sich z.B. ausschließlich auf regierungskritische (meist progressive) NGOs und blendet rechte Lobbyakteure aus – ein Indiz, dass finanzstarke konservative Kreise hier Agenda-Setting betreiben. Es sei auch daran erinnert, dass bestimmte Medienkampagnen strategisch von ausländischen Akteuren (z.B. prorussischen Desinformationskampagnen) verstärkt werden können, wenn sie dazu beitragen, demokratische Gesellschaften zu polarisieren. Die im Buch bedienten Feindbilder – „Sozialisten“, „Klima- und Asylindustrie“, „Linksstaat“ – fügen sich nahtlos in einen internationalen Kulturkampf-Diskurs ein, der von rechten Parteien in Europa bis hin zu Trump-nahen Kreisen in den USA geführt wird.
Zusammengefasst: Hinter diesen Büchern stehen personell und ideologisch eng verbundene Netzwerke – von ehemaligen BILD-Leuten über CDU-Lobbyisten bis hin zu AfD-nahen Kreisen und ihren Mediensprechern. Ihr gemeinsames Interesse ist es, die Politik der grünen/Linken Seite als „ideologisch verbrannt“ darzustellen, einen Kulturkampf gegen progressive Klima- und Demokratiepolitik zu führen und dadurch eigene wirtschaftliche oder machtpolitische Ziele voranzutreiben.
Aufklärung gegenüber unwissenden Politikern
Wie kann man nun Politiker*innen, die diese Hintergründe nicht kennen, darüber aufklären? Sachlichkeit und Fakten sind hier das beste Mittel:
- Faktenchecks und Gegenstimmen präsentieren: Zeigen Sie unabhängige Analysen auf. Beispielsweise belegte Volksverpetzer detailliert, dass Gräbers „Geheimakten“ keine Sensation bargen, sondern bewusst aufgebauscht wurden. Auch Kontext Wochenzeitung hat aufgezeigt, dass Gräbers Hauptthesen (etwa drohende Blackouts) durch die Realität widerlegt wurden – im Sommer nach dem Atomausstieg gab es Stromüberschüsse und sinkende Preise. Solche Gegenüberstellungen von Behauptung vs. Realität entlarven die Alarm-Behauptungen als überzogen.
- Quelle und Motivation offenlegen: Erklären Sie, wer diese Bücher geschrieben hat und in welchem Umfeld. Etwa, dass „Akte Atomausstieg“ vom Cicero-Magazin kommt, dessen Mitinhaber Notheis als Ex-CDU-Insider eigene Interessen hat und dessen Redaktion bekannt ist, die Grünen scharf anzugehen. Oder dass „Der NGO-Komplex“ von einem Autor stammt, der für Julian Reichelts rechtes Online-Portal schreibt – und dass das Buch laut Experten im Grunde ein rechtspopulistisches Pamphlet voller Framing ist. Wenn Politiker erfahren, dass hinter einer Publikation z.B. ein ehemaliger BILD-Chef oder ein Atom-Lobbyist steht, können sie die Glaubwürdigkeit besser einschätzen.
- Demokratische Zivilgesellschaft verteidigen: Machen Sie deutlich, dass die im „NGO-Komplex“ angegriffenen Organisationen keine dubiosen Feindmächte sind, sondern oft gemeinnützige Träger unserer Demokratie (von Umweltverbänden bis Bildungsinitiativen). Nutzen Sie etwa Reinfranks Aussage, dass Harms in Wahrheit jene Zivilgesellschaft diffamiert, „die dort einspringt, wo staatliche Strukturen versagen“. Politiker, denen das klargemacht wird, verstehen eher, dass pauschales NGO-Bashing letztlich der demokratischen Kultur schadet und ein altbekanntes Mittel autoritärer Strömungen ist.
- Auf Doppelstandards hinweisen: Fragen Sie, warum Harms’ „Transparenz“-Forderungen nur linksgerichtete NGOs treffen sollen, aber rechte Lobby-Netzwerke (etwa AfD-nahe Vereine, klimawandel-leugnende Thinktanks oder von Oligarchen finanzierte Kampagnen) ausgeblendet bleiben. Dieses selektive Empören entlarvt die Agenda: Es geht nicht um saubere Finanzen, sondern um politisches Framing gegen unliebsame Kritiker der Rechten. Politiker ohne Hintergrundwissen erkennen so, dass sie es mit einer Kampagne voller Doppelmoral zu tun haben.
- Eigene Positionen hinterfragen: Gerade Politiker der Mitte oder konservative ohne spezifisches Fachwissen könnten anfällig für die scheinbar gut klingenden Argumente der Bücher sein (niemand möchte Steuergeldverschwendung oder Blackouts). Hier hilft der Hinweis: Selbst maßvolle Stimmen aus CDU/CSU wie Ruprecht Polenz halten Gräbers Atom-Thesen für verdreht. Und alle demokratischen Parteien außer AfD stehen eigentlich hinter dem beschlossenen Atomausstieg 2011 – damals stimmten auch CDU-Größen (ja sogar Spahn und Co.) geschlossen dafür. Dieses Erinnern an den breiten Konsens nimmt der Erzählung vom „grünen Alleingang“ den Wind aus den Segeln.
Durch diese Mischung aus harten Fakten, Quellenkritik und Kontext kann man Politikern klarmachen, dass Bücher wie „Akte Atomausstieg“ und „Der NGO-Komplex“ eben nicht neutraler Expertenrat sind, sondern Teil gezielter Kampagnen. Indem man aufdeckt, wer dahintersteckt – nämlich ein Netzwerk aus rechtskonservativen Medienakteuren, Lobbyvereinen und politischen Hardlinern –, versteht auch ein zunächst ahnungsloser Politiker, warum dort ständig von „sozialistisch-grüner Ideologie“ die Rede ist. Diese Schlagworte sind Kampfbegriffe in einem Kulturkampf, der bewusst geschürt wird. Wissen ist hier Macht: Mit den obigen Infos bewaffnet, lassen sich unbeirrte Befürworter dieser Kampagnen entlarven und sachliche Debatten über Energiepolitik und Zivilgesellschaft zurückgewinnen, frei von ideologischer Verzerrung.
Quellen: Die Analyse stützt sich auf Berichte der Kontext: Wochenzeitung, Faktenchecks von Volksverpetzer, Einschätzungen der Amadeu Antonio Stiftung auf Belltower.News, sowie Aussagen aus dem Umfeld der CDU und Pro-Atom-Lobby (Wirtschaftsrat, Nuklearia). Diese zeigen ein übereinstimmendes Bild einer koordinierten Kampagne gegen den Atomausstieg und progressive NGOs – betrieben von konservativ-rechten Netzwerken, die die öffentliche Meinung in ihrem Sinne beeinflussen wollen.