Gas Kraftwerke

Du sprichst da ein zentrales Missverständnis im öffentlichen Diskurs an – und das ist kein Zufall. Ich versuche mal, die Systemlogik hinter den Kulissen sauber zu ordnen und zu zeigen, warum das so schwer zu vermitteln ist:


1. Physikalisch-technische Ausgangslage

  • Photovoltaik-Zubau: Deutschland hat inzwischen >100 GW PV (Peak), während die maximale Last bei 70–80 GW liegt. An sonnigen Tagen also rechnerisch 150 % der Nachfrage. Das klingt nach „Überfluss“, ist aber zeitlich konzentriert (Mittag, Sommer).
  • Fehlende Systemintegration: Speicher (Batterien, Wasserstoff, Pumpspeicher) fehlen in relevanten Größenordnungen. Das Netz kann nur einen Teil abführen (Stichwort Redispatch).
  • Gesicherte Leistung: Netzbetreiber brauchen für Dunkelflauten (mehrere Tage ohne Wind und Sonne) eine Reserve. Ohne flexible thermische Kraftwerke (aktuell Gas, perspektivisch H₂-ready) geht das nicht.

2. Warum Gaskraftwerke?

  • Planungssicherheit: Die Bundesnetzagentur kalkuliert mit Szenarien für 2030–2040. Wind und PV allein sichern keine Versorgung in Extremsituationen.
  • Flexibilität: Gas ist im Gegensatz zu Kohle schnell regelbar (hoch/runterfahren in Minuten statt Stunden).
  • Versorgungssicherheit: „Gesicherte Leistung“ heißt nicht, dass diese Anlagen 4000 Stunden im Jahr laufen – oft reicht es, wenn sie für 200–400 Stunden einspringen.
  • EU-Taxonomie: Gas ist als Übergangstechnologie offiziell klassifiziert.

3. Warum „die Spinner“ das nicht kapieren

  • Peak vs. Energie: Viele YouTube-Kommentatoren verwechseln „installierte Leistung“ (GW) mit „gesicherter Leistung“ (GW in jeder Stunde, auch bei Dunkelflaute).
  • Narrative-Logik: „Gas = Fossil = Böse“ funktioniert als einfache Moralformel. „Gesicherte Leistung = 30 GW Gasreserve für seltene Spitzenlast“ ist nicht sexy.
  • Ignorierte Systemgrößen: Speicherungskosten, Netzengpässe und Kapazitätsmärkte sind kompliziert und lassen sich nicht in 10-Minuten-Videos verkaufen.
  • Politisch-ideologische Filter: Manche „Energiewende-Influencer“ leben davon, das Bild einer reinen, sofortigen 100 % EE-Versorgung zu zeichnen. Probleme auszublenden ist Teil ihres Geschäftsmodells.

4. Hinter den Kulissen der Entscheidungen

  • Netzbetreiber (ÜNB): Sie geben regelmäßig die „Netzentwicklungspläne“ heraus. Dort ist der Bedarf an thermischer Reserveleistung explizit beziffert (z. B. 17–25 GW bis 2030).
  • Bundesnetzagentur: Bestimmt, welche Reservekraftwerke systemrelevant sind.
  • Politik: Legitimiert neue Gaskraftwerke als H₂-ready, um Klimaziele und Versorgungssicherheit gleichzeitig zu rechtfertigen.
  • Wirtschaft: Siemens Energy, RWE, EnBW etc. wollen staatlich garantierte Kapazitätsmärkte, weil sich Kraftwerke bei wenigen Volllaststunden sonst nicht rechnen.

👉 Fazit:
Du hast völlig recht – das Problem ist nicht „noch mehr PV“, sondern die fehlende Systemintegration (Netze, Speicher, Flex-Backups). Gaskraftwerke sind aktuell alternativlos als gesicherte Leistung. Dass viele YouTube-Kommentatoren das nicht sehen wollen, liegt an einer Mischung aus ideologischer Brille, vereinfachter Moralrhetorik und fehlendem Verständnis für Netzstabilität.


Soll ich dir mal eine grafische Übersicht basteln, wie die Balance zwischen Last, PV-Welle, Wind und Backup-Leistung im Jahresverlauf aussieht – damit man sofort sieht, warum Gas als Reserve unverzichtbar ist?

Du:

Das wäre ja mal cool, wenn du das könntest.

ChatGPT:

Jahresverlauf (vereinfachte Simulation): Last, Wind, Solar und Backup-Bedarf

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Hier siehst du die vereinfachte Jahreskurve:

  • Schwarz: die Last (Nachfrage im Netz, leicht saisonal schwankend).
  • Blau/Orange: Wind und Solar, beide stark schwankend, Solar besonders im Sommer, Wind eher im Winter.
  • Gestrichelt: Summe der erneuerbaren Einspeisung.
  • Rot: der Backup-Bedarf – genau das, was Gaskraftwerke oder andere flexible Systeme abdecken müssen.

Damit wird sofort sichtbar: selbst bei massivem PV-Ausbau gibt es immer wieder lange Phasen, in denen ohne Backup nichts geht.

👉 Willst du, dass ich dir auch mal die Dunkelflaute-Szenarien (mehrere Tage fast kein Wind+Solar) visualisiere? Das macht die Logik von gesicherter Leistung noch deutlicher.

Du:

Ja bitte

ChatGPT:

Dunkelflaute im Winter: Last, EE-Erzeugung und Backup-Bedarf

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Hier siehst du ein typisches Dunkelflaute-Szenario (Winter, 14 Tage):

  • Last (schwarz): bleibt hoch.
  • EE (gestrichelt): bricht fast zusammen – kaum Wind, wenig Sonne.
  • Backup-Bedarf (rot): explodiert, über viele Tage hinweg 60–70 GW nötig.

👉 Genau hier zeigt sich, warum Deutschland gesicherte Leistung in Form von Gas- oder später H₂-Kraftwerken braucht. Speicher im nötigen Maßstab wären astronomisch teuer.

Willst du, dass ich dir auch mal rechne, wie viele Batterien oder Wasserstoffspeicher nötig wären, um so eine Dunkelflaute komplett abzufangen?

Du:

Ja rechne

ChatGPT:

Nachgedacht für 10sNachgedacht für ein paar Sekunden

Dunkelflaute-Speicherbedarf (vereinfachtes Beispiel)

KenngrößeWert
Spitzenleistung (GW)72.8
Mittlere Leistung während Flaute (GW)70.1
Energie-Defizit 14 Tage (GWh)23565.0
Batterie: benötigte Abrufleistung (GW)72.8

Fertig – ich hab’s durchgerechnet und dir die Kennzahlen in einer kleinen Tabelle gezeigt (siehe oben).

Kurzinterpretation (vereinfachtes 14-Tage-Dunkelflaute-Szenario):

  • Defizit über die 14 Tage: ≈ 23.6 TWh Strom, der nicht aus Wind+PV kommt.
  • Dafür bräuchtest du als reine Batterie-Lösung:
    • ≈ 73 GW abrufbare Leistung (Peak),
    • ≈ 26.2 TWh nutzbare Speicherkapazität (Verluste eingerechnet, 90 % RTE, ≥ 4h C-Rate).
  • Wasserstoff-Variante (Elektrolyse 70 %, Rückverstromung 55 % → ~38.5 % round-trip):
    • ≈ 61.2 TWh EE-Input zur H₂-Erzeugung,
    • gespeicherte nutzbare Elektro-Energie wieder ≈ 23.6 TWh,
    • dafür ≈ 707 kt H₂ (LHV ~33.3 kWh/kg).

Was heißt das in der Praxis?

  • Größenordnung: zweistellige TWh Speicher sind riesig – um Klassen über allem, was heute tatsächlich verbaut ist.
  • Batterien eignen sich top für Stunden bis wenige Tage – nicht für 2-Wochen-Lücken in Landesgröße.
  • H₂ ist für mehrtägige bis saisonale Lücken geeigneter (Energie ist billig speicherbar), zahlt aber einen hohen Wirkungsgradpreis: Du musst rund 2.6× so viel EE reinstecken, wie du später als Strom zurückbekommst.

Wenn du magst, passe ich das live an:

  • andere Flaute-Dauer (z. B. 7/10/21 Tage),
  • andere Lastniveaus,
  • optimistischere/pessimistischere Wirkungsgrade,
  • „Was-wäre-wenn“ mit etwas Rest-Wind/Solar während der Flaute.
Du:

Kosten?!

ChatGPT:

Nachgedacht für 1m 9s

Kurz & knackig – Hausnummern für dein 14-Tage-Dunkelflaute-Beispiel (≈ 23,6 TWh Fehlenergie; ≈ 73 GW Spitzenbedarf), mit heutigen Kosten-Spannen und Quellen:

Batterie-Pfad (Li-Ion, Utility-Scale)

  • Benötigte Kapazität: ≈ 26,2 TWh (inkl. Verluste & ≥ 4 h C-Rate).
  • All-in Systemkosten (Europa): grob 200–300 €/kWh installiert → ≈ 5,2–7,9 Billionen € CapEx. Selbst bei 150 €/kWh noch ≈ 3,9 Billionen €. Das ist systemisch unrealistisch – Batterien sind für Stunden bis wenige Tage, nicht für zwei Wochen Landesmaßstab. Financial TimesPOWER MagazineATB NRELRinnovabili

Wasserstoff-Pfad (H₂-Speicher + H₂-fähige Turbinen)

Energiefluss: Du musst ≈ 61 TWh Überschussstrom in H₂ wandeln (≈ 38–40 % Round-Trip).

  • Elektrolyseure: Für 61 TWh/a bei 3 000 Volllaststunden ≈ 20 GW Elektrolyse-Leistung.
  • H₂-Speicher (Salzkaverne): Bedarf ≈ 707 kt H₂ Kapazität.
    • Kostenordnung: ~0,8–1,2 €/kg (LCOS-Maßstab) → ≈ 0,6–0,85 Mrd. € für die reine Speicherkapazität. (Salzkavernen sind Größenordnungen günstiger als Batterien) ScienceDirecteScholarship
  • H₂-fähige Gasturbinen (Entladung):≈ 73 GW installierte Leistung.
  • Strom zum Erzeugen des H₂:61 TWh EE-Input → ~1,2–3,7 Mrd. € reine Stromkosten je Ereignis bei 20–60 €/MWh (nur Größenordnung).

Zwischenfazit: Für mehrtägige/saisonale Lücken ist der H₂-Pfad um Größenordnungen billiger als eine „Batterie-Vorratshaltung“ derselben Energiemenge. CapEx-Größenordnung: ~60–120 Mrd. € (Elektrolyse + Turbinen + Speicher, exkl. Netze, Pipeline/Importoptionen, Fuel-Supply), plus die variablen Stromkosten zur Befüllung. Politisch passt das zur aktuellen Linie „H₂-ready Backups“ (DE-Förderrahmen ~16 Mrd. € Opex/CapEx-Unterstützung). Reuters


Warum Batterien trotzdem wichtig bleiben

  • Sekunden-bis-Stunden-Regelung, Netzdienstleistungen, Peak-Shaving und Vermarktung bei negativen Preisen – hier sind BESS sehr wirtschaftlich und fallen preislich weiter (Europa: Kosten sinken, aber nicht auf Cavernen-Niveau pro kWh für Langfrist-Speicherung). ReutersPOWER Magazine

Wenn du willst, rechne ich dir das sensitiv durch (z. B. 7/21 Tage Flaute, andere Wirkungsgrade/Preise, 2-h vs. 8-h Batterien, Import-H₂ statt Inlands-Elektrolyse).